von Peter Nurse
Investing.com - An den europäischen Börsen kam es am Dienstag zu Verlusten. Wachstumsstarke Technologiewerte gerieten durch steigende Anleiherenditen unter Druck, während sich die Anleger weiterhin mit dem unklaren Ausgang der Bundestagswahl in Deutschland sowie der anhaltenden Schuldenkrise des chinesischen Immobilienkonzerns Evergrande befassten.
Gegen 10:25 MEZ stand der DAX 40 um 1% tiefer, der französische CAC 40 fiel um 1,5% und der britische FTSE 100 sank um 0,6%.
Steigende Renditen für US-Staatsanleihen im Anschluss an die Sitzung der Federal Reserve in der vergangenen Woche führten auch zu höheren Renditen in Europa, wo die 10-jährige deutsche Anleiherendite am Dienstag um 3 Basispunkte anstieg.
Der Technologiesektor reagierte darauf mit Kursverlusten. Die Aktien von Logitech (NASDAQ:LOGI) verloren 7,7%. Da half es auch nicht, dass Morgan Stanley (NYSE:MS) den Schweizer Hersteller von Computerzubehör von "equal weight" auf "underweight" herabstufte. Die Aktien von ASM International (OTC:ASMIY) gaben ebenfalls um 3,6% nach, obwohl der niederländische Chiphersteller seine Prognose für den Auftragseingang im dritten Quartal angehoben hat.
Auf der Gewinnerseite standen dagegen Finanzwerte, die von steigenden Zinsen gestützt wurden, darunter SEB (ST:SEBa), Aegon (NYSE:AEG), ABN (AS:ABNd), Raiffeisen (VIE:RBIV) und Virgin Money (LON:VM), die alle 52-Wochen-Höchststände erreichten. Eni (MI:ENI) und BP (NYSE:BP) markierten dank weiter steigender Öl- und Gaspreise ebenfalls 52-Wochen-Höchststände. Am auffälligsten war das 13-Jahres-Hoch der Gazprom-Aktie (MCX:GAZP), dem wohl einzigen Unternehmen, das eine relativ schnelle Lösung für die Gasknappheit in Europa herbeiführen könnte.
Darüber hinaus fiel die Aktie von easyJet (LON:EZJ) um 3,6%, nachdem die Fluggesellschaft mitgeteilt hatte, dass Investoren 93% der neuen Aktien gezeichnet haben, die sie im Rahmen einer 1,2 Milliarden Pfund (1,64 Milliarden US-Dollar) schweren Kapitalerhöhung verkaufen will.
Die Anleger beobachten auch weiterhin die Auswirkungen der Bundestagswahl vom Sonntag, bei der die Sozialdemokraten einen knappen Sieg erzielt hatten. Nun werden wahrscheinlich längere Verhandlungen zur Bildung einer Koalition folgen, die Europas größte Volkswirtschaft regieren soll. Die Märkte sind jedoch erleichtert über das schwache Abschneiden der radikalen Linken, die damit aller Voraussicht nach als potenzieller Koalitionspartner ausscheidet.
Sorgen bereitet den Anlegern nach wie vor die Zukunft der China Evergrande Group (HK:3333) und die Gefahr einer globalen Ansteckung, nachdem der Immobilienentwickler am Freitag mit einer Zinszahlung an Offshore-Anleihegläubiger in Verzug geraten war. Chinas Wirtschaft krankt auch an zunehmenden Stromausfällen, weil das Stromversorgungssystem die Nachfrage von Haushalten und Industrie nicht decken kann.
Zurück in Europa wird die Europäische Zentralbank ihr jährliches Research-Meeting abhalten, wobei die Rede von EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf Anzeichen dafür untersucht werden dürfte, dass steigende Energiepreise die Ansichten der Bank über die Inflation ändern. Die europäischen Gas- und Strompreise sind am Dienstag im frühen Handel auf neue Rekordhochs gestiegen.
Zuvor zeigte der viel beachteten deutsche GfK-Konsumklimaindex für Oktober eine überraschende Verbesserung des Verbrauchervertrauens auf +0,3 von revidiert -1,1 im Vormonat.
Die Rohölpreise legten am Dienstag den sechsten Handelstag in Folge zu. Grund dafür war die Befürchtung einer weltweiten Verknappung, gerade als die Nachfrage durch die Lockerung der Beschränkungen für die Pandemie Covid 19 wieder anzieht.
Die US-Rohölbestandsdaten des American Petroleum Institute werden heute im Laufe des Tages veröffentlicht, ebenso wie der neueste World Oil Outlook der OPEC. Gegen 10:25 Uhr MEZ notierten die US-Rohöl-Futures um 1% höher und erreichten mit 76,22 Dollar pro Barrel ein Zweimonatshoch. Brent stieg um 0,8 % auf 79,32 Dollar und markierte damit den höchsten Stand seit Oktober 2018.
Darüber hinaus fielen US-Gold-Futures um 0,7% auf 1.740,25 Dollar die Feinunze, während der EUR/USD um 0,1% auf 1,1679 nachgab.