Frankfurt (Reuters) - Aus Furcht vor Verzögerungen bei der Erholung der Weltwirtschaft scheuen Anleger Engagements an den europäischen Aktienmärkten.
“Angesichts der negativen Schlagzeilen und steigenden Corona-Zahlen bleibt es für die Aktienmärkte schwierig, für eine Fortsetzung der Erholungsrally den nötigen Schwung zu gewinnen”, sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader.
Dax und EuroStoxx50 fielen am Mittwoch um jeweils etwa ein halbes Prozent auf 12.585 Stellen und 3306 Punkte ab. Gleichzeitig blieb Gold gefragt. Die “Antikrisen-Währung” übersprang erstmals seit knapp neun Jahren die wichtige Marke von 1800 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) und stieg um 0,3 Prozent auf 1800,18 Dollar.
“Die Fed ist besorgt, dass das Virus den US-Konsum belastet”, sagte Rohstoff-Experte Alexander Zumpfe vom Edelmetallhändler Heraeus. “Damit ist die Wahrscheinlichkeit für weitere Stützungsmaßnahmen von Regierungen und Notenbanken gestiegen. Hierzu zählen auch Zinssenkungen.” Hiervon profitiert das auch als Inflationsschutz dienende Gold üblicherweise. In den vergangenen drei Monaten sind die Edelmetall-Bestände börsennotierter Goldfonds (ETFs) um knapp 30 Prozent auf aktuell mehr als 2400 Tonnen gestiegen. Das ist die stärkste Rally seit zehn Jahren.
STREIT USA/CHINA UM HONGKONG GEHT WEITER
Als weiteren Grund für die Attraktivität von “sicheren Häfen” nannte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade, die wachsenden Spannungen zwischen den USA und China. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge denkt die Regierung in Washington darüber nach, wegen des Streits um das Sicherheitsgesetz für Hongkong den dortigen Instituten den Zugang zur US-Währung zu beschneiden.
In London schickte diese Nachricht das britisch-chinesische Geldhaus HSBC auf Talfahrt. Die Aktien des vor gut 150 Jahren in Hongkong gegründeten Instituts fielen um bis zu 4,2 Prozent. Die Titel der ebenfalls stark in Asien engagierten Bank Standard Chartered (LON:STAN) verloren gut zwei Prozent.
FÜHRUNGSWECHSEL BEI LKW-BAUER TRATON
Bei den deutschen Unternehmen stand Traton im Rampenlicht, nachdem sich der Lkw-Bauer von Firmenchef Andreas Renschler getrennt hatte. “Die Ablösung kommt überraschend”, kommentierte NordLB-Analyst Frank Schwope. “Weitere Personal-Veränderungen im Volkswagen-Management sind nicht auszuschließen.” Traton-Titel gaben knapp zwei Prozent nach, die Aktien des Mutterkonzerns Volkswagen (DE:VOWG) büßten ein halbes Prozent ein. An der Wall Street brachen die Aktien von Navistar vorbörslich um mehr als elf Prozent ein. Anleger befürchteten, dass die geplante Fusion mit Traton platzt, sagte ein Börsianer.
Die Papiere der Deutschen Post (DE:DPWGn) legten dagegen zwei Prozent auf 34,39 Euro zu und übernahmen die Spitze im Dax. Das operative Ergebnis des Brief- und Paketzustellers habe die Markterwartung um 30 Prozent übertroffen, lobt Analyst David Kerstens von der Investmentbank Jefferies. Er bekräftige daher seine Kaufempfehlung und hob das Kursziel auf 38 von 36 Euro an.
In Stockholm stiegen die Titel der “AEG”-Mutter Electrolux zeitweise sogar um mehr als sieben Prozent und waren mit 177,25 Kronen so teuer wie zuletzt vor viereinhalb Monaten. Der operative Quartalsverlust des Haushaltsgeräte-Herstellers von umgerechnet 9,6 Millionen Euro sei deutlich geringer ausgefallen als befürchtet und deute auf eine strenge Kostenkontrolle hin, lobten die Analysten der Bank JPMorgan (NYSE:JPM).