Tokio (Reuters) - Der ehemalige Renault- und Nissan-Chef Carlos Ghosn kommt nach mehr als drei Monaten aus der Untersuchungshaft frei.
Ein Gericht in Tokio verwarf am Dienstag den Einspruch der Staatsanwaltschaft, den 64 Jahre alten Automanager gegen eine Kaution von einer Milliarde Yen (umgerechnet 7,9 Millionen Euro) vorerst auf freien Fuß zu setzen. Sobald er die Summe hinterlegt hat, könnte Ghosn seine 4,8 Quadratmeter große Zelle verlassen, wird aber weiter streng überwacht. Vor dem Gefängnis drängelte sich am Dienstag ein großes Medienaufgebot. Es war bereits der dritte Antrag Ghosns, der am Samstag seinen 65. Geburtstag feiert. Die ersten zwei waren wegen Fluchtgefahr abgeschmettert worden.
Die Haftentlassung gilt als großer Erfolg der neu eingesetzten Verteidiger des Managers. Im Februar hatte Ghosn den als besonders streitbar geltenden Strafverteidiger Junichiro Hironaka angeheuert. Ghosn sitzt seit November in Tokio in Haft. Ihm wird finanzielles Fehlverhalten beim Renault-Partner Nissan (T:7201) vorgeworfen. Auch soll er sein Einkommen nicht vorschriftsgemäß und vollständig angegeben haben. Dem einst hoch angesehenen Top-Manager der französisch-japanischen Auto-Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi (T:7211) droht in Japan eine mehrjährige Gefängnisstrafe. Hironaka hatte argumentiert, die Vorwürfe gegen Ghosn seien eine unternehmensinterne Angelegenheit.
Ghosn bestreitet die Vorwürfe. In einem Interview mit der Zeitung "Nikkei" im Januar warf er Nissan "Komplott und Verrat" vor. Die Entlassung aus der Untersuchungshaft gibt ihm nun die Möglichkeit, zusammen mit seinen Anwälten eine Verteidigungsstrategie aufzubauen. Experten zufolge könnte die öffentliche Meinung in und außerhalb Japans eine Rolle bei der Freilassung gespielt zu haben. Dort hatte es zunehmend Unmut an der Dauer der Haft gegeben. Ghosns Anwälte in Frankreich haben nach eigenen Angaben die Vereinten Nationen angerufen, weil die Rechte ihres Mandanten in der Haft verletzt worden seien. Das japanische Rechtssystem erlaubt, Verdächtige lange festzuhalten und ohne ihre Anwälte zu befragen - bis zu acht Stunden am Tag.