Investing.com – Frank Thelen gilt als einer der bekanntesten Investoren Deutschlands. Dieser Ruf beruht offensichtlich weniger auf seiner guten Performance, als vielmehr auf den Auftritten in der Höhle der Löwen.
Er selbst sieht sich als die deutsche Koryphäe für Investitionen in Digitalisierung und Start-ups. Aber auch vor traditionellen Geschäftsfeldern schreckt er nicht zurück. Mit der Gründung der privaten Krankenkasse Ottonova hatte er nichts weniger vor, als den Versicherungsmarkt in diesem Segment zu revolutionieren.
Ähnliche Ambitionen hat er auch mit seinem neuesten Produkt. Er behauptet sogar, die Finanzbranche sei davon überhaupt nicht begeistert. Womit er zum Ausdruck bringen will, wie revolutionär doch sein Ansatz ist.
Eine Reportage von STRG_F kratzt nun jedoch erheblich am Image des Überfliegers. Der Verdacht, Privatanleger um ihr Kapital gebracht zu haben, steht im Raum. Börsenfachleute in Frankfurt und New York sprechen von illusorischen Versprechungen und sogar der Begriff Scam (Betrug) fällt.
Was ist passiert?
Frank Thelen stößt in Deutschland zwar auf regen Zuspruch, aber auch international würde er gerne deutlicher wahrgenommen werden. Eines seiner Vorbilder dürfte Cathie Woods sein. Die US-amerikanische Starinvestorin, die schon unzählige Fonds aufgelegt hat und weltweit als Expertin für den Finanzmarkt gilt, insbesondere im Bereich disruptive Technologie.
Und so lag es auf der Hand, ein Produkt zu entwickeln, welches die breite Masse anspricht – ein Fonds.
Sein Versprechen ist, dass nur Unternehmen in den Fonds kommen, welche mindestens das Potenzial haben ihren Wert zu verdreifachen, optimal wäre hingegen eine Verzehnfachung. Im Kern der Sache geht es um Technologien, welche sich noch nicht etabliert haben, aber das Potenzial bergen, die Welt zu verändern.
Also ein Produkt, das hochspekulativ ist und neben hohen Renditen auch das Risiko erheblicher Verluste birgt. Insbesondere in Zeiten einer strafferen Geldpolitik der Zentralbanken, was mit höheren Finanzierungskosten und einem steigenden Ausfallrisiko schlecht kapitalisierter Unternehmen einhergeht.
Der Fonds suggeriert wohl seinen Anlegern, dass der Wert von aktuell 11 Dollar bis 2025 auf 60 Dollar steigen soll. Daran scheint aber keiner so recht zu glauben, außer eben der Betreiber des Fonds und die Zielgruppe der Privatanleger.
An der Frankfurter Börse ist zu hören, dass der Kurs bereits jetzt bei 58 Dollar stehen würde, wenn es einen rationalen Grund für dieses Wachstum gäbe. Denn Aktienkurse spiegeln nie den Ist-Zustand wieder, sondern sind Erwartungen an die Zukunft. „Es ist nur eine Fantasiegeschichte“ und „wer schnell reich werden will, wird nie reich“ wird geäußert.
Arthur Brunner, Prokurist bei der Frankfurter Börse, mit 30 Jahren Börsenerfahrung sagte:
„Diese Versprechen halte ich absolut für hanebüchen. Es gibt natürlich Unternehmen, wo sich das bewahrheitet hat. Ich nenne hier BioNTech (NASDAQ:BNTX), die den Impfstoff erfunden haben, aber das sind natürlich Ausnahmen. Solche Versprechen sind meiner Meinung nach unseriös.“
Wer in den 10x DNA Fonds investiert hat, verlor seit September etwas mehr als 42 Prozent. Im Vergleich dazu waren die Kursabschläge beim technologielastigen Nasdaq 100 mit knapp 19 Prozent erträglich.
Da Börsenprofis aus Erfahrung lieber einen großen Bogen um solche Produkte machen, richtet sich der Fonds an Börseneinsteiger. Während der Pandemie ist die Zahl der unter 30-jährigen die erstmals in Aktien investieren um 70 Prozent gestiegen.
Das war vermutlich auch eines der Motive, diesen Fonds überhaupt aufzulegen. Ein wachsender Markt von Menschen die blauäugig vom Zauber des Aktienmarktes profitieren wollen.
Menschen, die keinerlei Investment-Erfahrung besitzen und einfach dem Vertrauen, was ihnen eine bekannte Persönlichkeit erzählt, die man aus verschiedenen Medien eben kennt.
Denn das, was gesagt wird, scheint mit der Realität in keiner Weise im Einklang zu stehen. Thelen selbst sagte auf die Frage, ob das Ganze etwas spekulativ ist:
„Nein, wir machen gar keine Spekulation… In drei bis fünf Jahren sollten wir bei 95 Prozent unserer Aussagen und unserer Unternehmen recht behalten.“
Eine Aussage die Neulinge vollends überzeugt und bei erfahrenen Investoren nur ein Kopfschütteln hervorruft. Dass Spekulation das Brot- und Buttergeschäft der Börse ist, interessiert den "Starinvestor" scheinbar herzlich wenig.
Privatanleger als Rettungsboot?
Bei Geschäften mit Privatanlegern kennt sich Thelen bereits aus. In der Vergangenheit soll es schon mehr als nur einmal vorgekommen sein, dass er einen Fehlgriff in der Höhle der Löwen versuchte in einen erfolgreichen Deal umzuwandeln, indem er Kleinanleger ins Boot holte. So geschehen mit der Modemarke VON FLOERKE.
Thelen veröffentlichte ein Werbevideo, um Privatanleger vom Einstieg in das Unternehmen zu überzeugen. In diesem sprach er davon, dass er ein „sehr glücklicher Investor“ ist.
Bei den dargestellten Zahlen scheint aber etwas schiefgelaufen zu sein. Eine Betriebswirtschaftliche Auswertung, die der Redaktion von STRG_F vorliegt, soll dies beweisen. Noch brisanter ist, dass zu diesem Zeitpunkt bei einem Notar bereits ein Vertrag vorgelegen haben soll, in dem es um den Ausstieg von Thelen ging.
Anfänglich dementierte er dies. Letztlich wurde die Situation so dargestellt, dass wenn es diesen Vertrag gegeben hätte, es ein gutes Signal gewesen wäre, wenn er als Investor aussteigt. Eine Logik, die wohl nur er versteht. Ein anderer Startup-Investor dementierte Thelens aufgestellte Thesen in dem Video prompt.
Wie dem auch sei: nur kurze Zeit später meldete das Unternehmen Konkurs an und die Kleinanleger erlitten einen Totalverlust.
Frank Thelen hat mehrfach erfolgreich Unternehmen gegründet, aber zumindest in einigen Teilen scheinen seine Geschäftspraktiken fragwürdig zu sein. Aber machen Sie sich selbst ein Bild. Die komplette Recherche zu Thelens teils fragwürdigen Praktiken und vollmundigen Versprechungen können Sie sich im unten stehenden Video anschauen: