HAMBURG (dpa-AFX) - Insgesamt 147 Millionen Euro soll der ehemalige Geschäftsführer von Wölbern Invest, Heinrich Maria Schulte, aus dem Vermögen zahlreicher Fonds der Gesellschaft abgeschöpft oder zweckentfremdet haben. Wegen des Vorwurfs der gewerbsmäßigen Untreue in 360 Fällen muss sich der 61 Jahre alte Arzt und Unternehmer vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Am Montag will das Gericht nach elfmonatigem Prozess sein Urteil verkünden. Der Medizinprofessor hat die Vorwürfe zurückgewiesen. "Ich habe mich weder privat bereichern noch Anleger vorsätzlich schädigen wollen", erklärte er vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hat eine Haftstrafe von zwölf Jahren gefordert, die Verteidigung plädierte auf Freispruch.
Von den 147 Millionen Euro soll Schulte nach Darstellung der Staatsanwaltschaft 50 Millionen privat vereinnahmt haben. Den Rest habe er in Gesellschaften umgeleitet, an denen er selbst beteiligt oder deren Geschäftsführer er gewesen sei. Verschwunden sind den Angaben zufolge 115 Millionen Euro. Betroffen sind rund 35 000 Anleger, die etwa 1,1 Milliarden Euro investiert haben. Das Kapital steckt vor allem in geschlossenen Immobilienfonds, in Bürohäusern in den Niederlanden, Deutschland, Österreich und Frankreich.
Für insgesamt 23 Immobilien-Fonds hatte zu Beginn vergangenen Jahres die Hamburger Paribus-Gruppe das Management übernommen, für die übrigen Wölbern-Fonds treuhänderisch die Aufsicht. Bei der Stabilisierung der Fondsgesellschaften sei man in den ersten zwölf Monaten vorangekommen, meldete Paribus im Januar. Einige der Fonds seien aber nicht mehr zu retten gewesen. Wie groß der Schaden bei den Anlegern am Ende ausfallen könnte, ist noch nicht klar.
Schulte hatte das private Bankhaus Wölbern in Hamburg 2006 übernommen und den Investmentbereich abgespalten. Im September 2013 hatten Polizei und Staatsanwaltschaft seine Geschäfts- und Privaträume durchsucht und den Mediziner verhaftet. Er sitzt seitdem in U-Haft. In Gang gebracht worden waren die Ermittlungen durch eine anonyme Anzeige, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte.
Schultes Verteidiger warfen dem Gericht vor, nicht über ausreichenden wirtschaftswissenschaftlichen Sachverstand zu verfügen. Die Richter hätten auch keine vollständige Einsicht in die Prozessunterlagen genommen, bemängelte Rechtsanwalt Wolf Römmig. Ein anderer von Schultes Verteidigern ließ in einer Stellungnahme für das "Manager Magazin" erkennen, dass Schulte mit einer Verurteilung rechnet. Sein Mandant mache sich keine Illusionen über ein Wunder, erklärte Anwalt Arne Timmermann. Er werde dann aber den Bundesgerichtshof anrufen. "Ob sich unsere Rechtsauffassung am Ende durchsetzt, wird voraussichtlich erst der BGH entscheiden.