Börsen-Zeitung: Auf Kilometerstand null, Kommentar zur
Verschuldungssituation Spaniens, von Angelika Engler.
Frankfurt (ots) - Spanien bläst derzeit der härteste Wind seit
November 2011 entgegen. Die Zweifel am krisengeschüttelten Land
ließen am Montag die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen auf
6,16% steigen. Dies ist ein Niveau, das als untragbar gilt und eine
'Rettung' oder gar einen Ausstieg aus dem Euro nahelegt.
Die einzig gute Nachricht vor der heutigen Auktion kurzfristiger
Staatstitel: Das Schatzamt hat bereits 50% der 2012 fälligen
Verbindlichkeiten abgedeckt und damit zeitlichen Spielraum gewonnen.
Doch ansonsten verbünden sich alle Übel um den Euro und die
Wachstumskrise in Europa derzeit gegen das Land.
Dabei fuhr die konservative Regierung von Mariano Rajoy bisher
einen mutigeren Reform- und Sparkurs als die im vergangenen November
abgewählten Sozialisten. Doch Investoren sehen Spanien mit seiner
Austeritätspolitik in einer Todesspirale, die das Wachstum auf kurze
Sicht im Keim erstickt. Auch gefiel nicht, dass Rajoy mit dem Etat
für das laufende Jahr aus innenpolitischen Gründen lange gewartet
hatte und dann noch Maßnahmen hinterherschob.
Doch offenbar rückt auch die gewisse Aussichtslosigkeit der
Wirtschaft immer stärker ins Bewusstsein: Der zu Zeiten des
Immobilienbooms angehäufte private Schuldenberg von knapp 1,8 Bill.
Euro wird mit dem Rückfall in die Rezession und der weiter steigenden
Arbeitslosigkeit auf Jahre hinaus nicht schrumpfen. Spaniens Banken,
mit Altlasten gespickt, sind längst Großkunden bei der Europäischen
Zentralbank. Obendrein lastet die kostspielige Struktur der 17
autonomen Regionen auf den Staatsfinanzen und sät weitere Zweifel.
Spanien hat 2012 nicht nur das neue Defizitziel von 5,3% zu
erfüllen. Ein ganzes Land muss umgekrempelt werden. Nicht umsonst
sagte Rajoy gestern: 'Mit den Reformen befinden wir uns erst auf
Kilometerstand null.' Politisch gesehen hat er mit seiner absoluten
Mehrheit freie Fahrt für die notwendigen schmerzhaften Korrekturen.
Er sollte aber nicht versäumen, den Spaniern seine Politik der
Einschnitte gut zu erklären. Der Euro und die Geldschwemme brachten
dem traditionell schwachen EU-Land zwar ungeahnten Wohlstand; sie
führten aber auch zur aktuellen, verzwickten Schieflage.
Ein Austritt aus dem Euro als Ausweg aus der Krise kommt für
Spaniens Politik aber nicht in Frage. Und für eine 'Rettung' gilt das
Land als zu groß. Doch irgendeine Stütze wird Spanien brauchen, um am
ungeduldigen Markt bestehen zu können.
(Börsen-Zeitung, 17.4.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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Frankfurt (ots) - Spanien bläst derzeit der härteste Wind seit
November 2011 entgegen. Die Zweifel am krisengeschüttelten Land
ließen am Montag die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen auf
6,16% steigen. Dies ist ein Niveau, das als untragbar gilt und eine
'Rettung' oder gar einen Ausstieg aus dem Euro nahelegt.
Die einzig gute Nachricht vor der heutigen Auktion kurzfristiger
Staatstitel: Das Schatzamt hat bereits 50% der 2012 fälligen
Verbindlichkeiten abgedeckt und damit zeitlichen Spielraum gewonnen.
Doch ansonsten verbünden sich alle Übel um den Euro und die
Wachstumskrise in Europa derzeit gegen das Land.
Dabei fuhr die konservative Regierung von Mariano Rajoy bisher
einen mutigeren Reform- und Sparkurs als die im vergangenen November
abgewählten Sozialisten. Doch Investoren sehen Spanien mit seiner
Austeritätspolitik in einer Todesspirale, die das Wachstum auf kurze
Sicht im Keim erstickt. Auch gefiel nicht, dass Rajoy mit dem Etat
für das laufende Jahr aus innenpolitischen Gründen lange gewartet
hatte und dann noch Maßnahmen hinterherschob.
Doch offenbar rückt auch die gewisse Aussichtslosigkeit der
Wirtschaft immer stärker ins Bewusstsein: Der zu Zeiten des
Immobilienbooms angehäufte private Schuldenberg von knapp 1,8 Bill.
Euro wird mit dem Rückfall in die Rezession und der weiter steigenden
Arbeitslosigkeit auf Jahre hinaus nicht schrumpfen. Spaniens Banken,
mit Altlasten gespickt, sind längst Großkunden bei der Europäischen
Zentralbank. Obendrein lastet die kostspielige Struktur der 17
autonomen Regionen auf den Staatsfinanzen und sät weitere Zweifel.
Spanien hat 2012 nicht nur das neue Defizitziel von 5,3% zu
erfüllen. Ein ganzes Land muss umgekrempelt werden. Nicht umsonst
sagte Rajoy gestern: 'Mit den Reformen befinden wir uns erst auf
Kilometerstand null.' Politisch gesehen hat er mit seiner absoluten
Mehrheit freie Fahrt für die notwendigen schmerzhaften Korrekturen.
Er sollte aber nicht versäumen, den Spaniern seine Politik der
Einschnitte gut zu erklären. Der Euro und die Geldschwemme brachten
dem traditionell schwachen EU-Land zwar ungeahnten Wohlstand; sie
führten aber auch zur aktuellen, verzwickten Schieflage.
Ein Austritt aus dem Euro als Ausweg aus der Krise kommt für
Spaniens Politik aber nicht in Frage. Und für eine 'Rettung' gilt das
Land als zu groß. Doch irgendeine Stütze wird Spanien brauchen, um am
ungeduldigen Markt bestehen zu können.
(Börsen-Zeitung, 17.4.2012)
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