Frankfurt (Reuters) - Europas Anleger lassen sich von der Hängepartie im Rennen um das Weiße Haus nicht verunsichern.
Dax und EuroStoxx50 legten am Donnerstag jeweils 1,2 Prozent zu auf 12.465 beziehungsweise 3197 Punkte und erreichten damit den höchsten Stand seit rund zwei Wochen. Bis jetzt gingen die Börsen erstaunlich entspannt mit der unklaren Situation um, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung QC Partners. “Möglicherweise gibt es eine gewisse Erleichterung darüber, dass es bis jetzt zu keinen größeren Unruhen auf den Straßen gekommen ist.”
Bislang liegt immer noch kein Ergebnis der Präsidentschaftswahl vor. Allerdings fehlen Joe Biden weniger Wahlmännerstimmen zum Sieg als Präsident Donald Trump, und ein Machtwechsel rückt in Reichweite. Der Senat könnte dagegen in republikanischer Hand bleiben. “Letztlich sollten die Märkte zufrieden sein, wenn sich das Szenario ‘Biden plus gespaltener Kongress’ verwirklicht”, sagte Esty Dwek, Chefstrategin beim Vermögensverwalter Natixis Investment Managers. “Wir würden nicht das größtmögliche Hilfspaket bekommen, aber wir würden auch nicht die Steuererhöhungen und die Regulierung bekommen, um die sich die Märkte Sorgen machen.”
Viele Börsianer wagten sich entsprechend wieder aus ihren sicheren Häfen, in denen sie am Mittwoch noch Zuflucht gesucht hatten. Der Dollar gab nach und sank zu einem Währungskorb auf den niedrigsten Stand seit neun Tagen. Der Euro wertete im Gegenzug 0,6 Prozent auf auf 1,1802 Dollar. Vor allem die Aussicht auf einen Präsidenten Biden spielte dabei eine Rolle: “Der Euro ist in den vergangenen paar Tagen wild durch die Gegend geflogen, aber letztlich sieht es so aus, als ob er bei einem Wahlsieg Bidens stärker wird”, sagte John Vail, Chefstratege bei Nikko Asset Management.
Das Pfund gab dagegen zum Euro etwas nach. Dabei spielte die Zinsentscheidung der Bank von England eine Rolle, die ihr Anleihe-Kaufprogramm ausweitete. “Die britischen Notenbanker haben heute bereits den Schritt getan, welchen die EZB aller Wahrscheinlichkeit nach für Dezember plant”, sagte LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert.
MÜNCHNER RÜCK IM MINUS - ANLEGER FEIERN PROSIEBEN-ZAHLEN
Für Gesprächsstoff sorgten auch die Zahlen der Münchner Rück: Der weltgrößte Rückversicherer wagt weiterhin keine Gewinnprognose für das Gesamtjahr und begründet das mit der Unsicherheit in Zusammenhang mit der Corona-Krise. Die neuerlichen Restriktionen könnten auch im Herbst zu Schäden für die Münchener Rück führen, etwa durch den Ausfall von Großveranstaltungen. In vielen Ländern stünden noch Urteile aus, ob die Versicherer für die erzwungene Schließung von Fabriken und Restaurants zahlen müssen, sagte Finanzvorstand Christoph Jurecka. Die Aktien gaben bis zu 4,1 Prozent nach und waren damit Schlusslicht im Dax.
Kräftig aufwärts ging es dagegen für die Aktien der Senderkette ProSieben (DE:PSMGn) Sat.1, die bis zu 11,7 Prozent nach oben schnellten und damit auf den größten Tagesgewinn seit Mitte Mai zusteuerten. Das Unternehmen profitierte von einem deutlich besseren TV-Werbegeschäft im Zuge der Konjunkturerholung.
In Paris schnellten die Aktien der drittgrößten französischen Bank Societe Generale (PA:SOGN) nach einem unerwartet starken Abschneiden im dritten Quartal um bis zu 6,5 Prozent nach oben und waren damit Spitzenreiter im französischen Cac40. Die Experten von Jefferies verwiesen darauf, dass der Gewinn mehr als doppelt so hoch ausfiel wie erwartet. “Das Kapital ist viel stärker, die Kosten sind besser ... die Umsätze im Handelsgeschäft erholen sich stärker als vorhergesagt, die Dividendenerhöhung ist eine positive Überraschung - all das sollte den Aktienkurs nach oben treiben.”