Frankfurt (Reuters) - Der eskalierende Handelsstreit mit den USA sowie die Regierungskrisen in Italien und Spanien haben Europas Anleger am Donnerstag in die Flucht geschlagen.
Für Aufregung sorgte ein Kursabsturz von Deutsche Bank nach einem Tadel der amerikanischen Notenbank. Der Dax ging an Fronleichnam 1,4 Prozent tiefer bei 12.604 Punkten aus dem Handel, der EuroStoxx50 verlor ein Prozent auf 3406 Zähler.
Auch an der Wall Street gingen die Anleger in Deckung, denn die USA und die Europäische Union steuern auf einen Handelskrieg zu. US-Handelsminister Wilbur Ross kündigte am Donnerstag an, ab Freitag würden die neuen Zölle auf Stahl- und Aluminium-Lieferungen auch für die EU gelten. Die Bundesregierung stellte Gegenmaßnahmen in Aussicht. Bei Handelskriegen könnten alle Seiten nur verlieren, warnte Ökonom Carsten Hesse von der Berenberg Bank. "Kurzfristig hat das Einfluss auf das Vertrauen und damit auf das Wirtschaftswachstum."
Vor allem Aktien von Autoherstellern gerieten wegen drohender Handelshemmnisse unter Druck: der europäische Branchenindex verlor ein Prozent.
LETZTER ANLAUF IN ITALIEN - AUCH SPANIENS REGIERUNG WACKELT
In Rom haben die Chefs der Partei Lega und der 5-Sterne-Bewegung einen möglicherweise letzten Anlauf für eine Regierungsbildung gestartet. Lega-Chef Matteo Salvini traf sich am Donnerstagnachmittag mit seinem 5-Sterne-Kollegen Luigi Di Maio, um zu entscheiden, ob seine Partei doch noch mit dem Wahlsieger eine Regierung bildet. Einigen sich beide nicht, könnte es schon bald Neuwahlen geben.
Anleger fürchten, ein erneuter Urnengang in Italien könne de facto zu einer Abstimmung über den Verbleib Italiens in der Euro-Zone werden. Umfragen zufolge favorisiert diesen aber eine deutliche Mehrheit der Italiener. Der Euro kletterte um 0,3 Prozent und pendelte um die Marke von 1,17 Dollar. Die Börse in Mailand schloss 0,1 Prozent schwächer.
Angespannt ist die Lage auch in Madrid: der spanische Leitindex fiel um ein Prozent. Ministerpräsident Mariano Rajoy steht vor dem Verlust seines Amtes. Die Partei der baskischen Nationalisten PNV will das Misstrauensvotum der sozialdemokratischen PSOE gegen den konservativen Regierungschef unterstützen.
DEUTSCHE BANK STEUERT AUF REKORDTIEF ZU
Bei Deutsche Bank sorgte ein Bericht des "Wall Street Journal" für einen Ausverkauf. Wie die Zeitung unter Berufung auf Insider berichtete, stufte die US-Notenbank Fed das amerikanische Geschäft der Deutschen Bank bereits vor einem Jahr als "in schwierigem Zustand" ein. Ein solcher Tadel sei selten und führe zu einer kurzen Leine der Aufseher. Die Aktien von Deutschlands größtem Geldhaus rauschten 7,1 Prozent in den Keller und markierten mit 9,157 Euro den niedrigsten Schlussstand aller Zeiten. Damit rückt auch das Rekordtief von Ende September 2016 von 8,8340 Euro wieder in Sichtweite. Das zog auch andere Kreditinstitute nach unten, der europäische Branchenindex fiel um 1,1 Prozent.
Ein Banksprecher betonte, die Deutsche Bank AG (DE:DBKGn) sei "sehr gut kapitalisiert" und verfüge über erhebliche Liquiditätsreserven. "Das ist alles nicht sehr vertrauenserweckend", betonte ein Händler. Auch an den Kreditmärkten schlug sich die Verunsicherung der Anleger nieder: Die Absicherung eines zehn Millionen Euro schweren Pakets von Anleihen des Geldhauses gegen Zahlungsausfall verteuert sich um 22.000 auf 183.000 Euro. Damit liegt sie so hoch wie seit Dezember 2016 nicht mehr.
Seit Jahresbeginn haben die Papiere bislang rund 38 Prozent verloren und sind damit schwächster Wert im Dax.