WOLFSBURG/STUTTGART (dpa-AFX) - Der angepeilte Börsengang von Porsche (DE:PSHG_p) könnte laut dem Fahrplan der Konzernmutter Volkswagen (DE:VOWG) bis zum Ende dieses Jahres stehen. Die Notierung eines Teils der Vorzugsaktien an der gewinnstarken Marke sei eventuell bereits im vierten Quartal 2022 möglich, sagte VW -Finanzvorstand Arno Antlitz am Freitag. Im Spätsommer solle ein Zwischenfazit gezogen werden - in Abhängigkeit vom Ergebnis der gestarteten Prüfungen werde man dann weitersehen.
Die Führung in Wolfsburg hatte am Donnerstagabend den Weg für einen teilweisen Gang der Stuttgarter Tochter auf das Börsenparkett im Grundsatz frei gemacht. Es geht um die Porsche AG, die das operative Geschäft des Sport- und Geländewagenbauers umfasst. Das Unternehmen ist ein zentraler Ertragsbringer für die Volkswagen-Gruppe.
Porsches Grundkapital will man laut derzeitigem Stand zur Hälfte in Stamm- und in Vorzugsaktien aufspalten. Bis zu ein Viertel der Vorzugspapiere könnten öffentlich gehandelt werden - bezogen auf die Gesamtmenge aller Anteile wären das also maximal 12,5 Prozent.
Die Dachgesellschaft Porsche SE (PSE) wiederum würde 25 Prozent plus eine Aktie der stimmberechtigten Stammpapiere bekommen - dafür würde sie je Aktie eine Prämie von 7,5 Prozent auf den Platzierungspreis der Porsche-Vorzüge zahlen. Die PSE-Holding ist das Machtzentrum im Wolfsburg-Stuttgarter Geflecht. Sie hält gut 53 Prozent der Stimmrechte am Volkswagen-Konzern und wird von den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch kontrolliert. VW selbst soll in der diskutierten Konstruktion Hauptaktionär von Porsche bleiben.
Antlitz erklärte, das Durchspielen des möglichen Porsche-Börsengangs sei "ein wichtiger Meilenstein zur Umsetzung unserer neuen Strategie. Wir glauben, dass eine Notierung von Porsche ein logischer, nächster Schritt ist." Es gehe dabei darum, Profil und Wert dieser Marke im Konzern zu stärken. Vorstandschef Herbert Diess ergänzte: "Wir sind überzeugt, dass eine gesondert gelistete Porsche AG in der Lage sein wird, ihr volles Potenzial zu entfalten." Die Tochter könne so agiler werden und ihre "unternehmerische Freiheit" besser ausspielen.
Am Dienstag hatten VW und PSE nach langen Spekulationen erstmals offiziell angedeutet, dass Aktien der Porsche AG bald am Finanzmarkt freigegeben werden könnten. Zum einen soll durch die Emission die Finanzierung weiterer Investitionen vor allem in Elektromobilität, Software und Vernetzungstechnologien erleichtert werden. Andererseits verfolgt VW-Chef Herbert Diess eine prinzipielle Wertsteigerung des Konzerns. Porsche als Renditeperle und gesonderte Anlagemöglichkeit könnte dieses Ziel auch aus Sicht mancher Großinvestoren fördern.
"Porsche bekommt mehr Flexibilität", meinte Antlitz. "Gleichzeitig haben wir die Möglichkeit, weiter Synergien in der Gruppe zu heben." Vorerst gebe es keine Pläne, dass die PSE möglicherweise noch mehr als die 25 Prozent plus einer Aktie an den Stämmen übernehmen werde. Ohne die Porsches und Piëchs dürfte wohl aber auch so nichts gehen.
Wie sich das finanzielle Manöver auf die Gesamtbalance im Konzern auswirken würde, wird sich erst noch zeigen. Sollte sich auch bei den PSE-Anteilen an Volkswagen etwas verschieben, könnte sich der Anteil Niedersachsens - des zweitgrößten Aktionärs - ebenfalls verändern. Das Heimatbundesland hat über das VW-Gesetz weitreichende Sonderrechte und gab sich zu den Plänen zunächst betont reserviert.
Am Donnerstagabend ließ Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der mit im Kontrollgremium sitzt, dann erklären: "Der vorgesehene Börsengang von Porsche bietet erhebliche Möglichkeiten für die Weiterentwicklung des VW-Konzerns insgesamt und vor allem seiner niedersächsischen Standorte." Auch der dritte Großaktionär Katar und der mächtige Betriebsrat stehen nach Unternehmensangaben hinter dem Plan.
"Selbstverständlich werden wir den weiteren Prozess eng begleiten", sagte die Chefin der Belegschaftsvertretung, Daniela Cavallo. Falls der Börsengang kommt, sollen Beschäftigte der VW AG und der Standorte in Sachsen eine "Mitarbeiterbeteiligung" von 2000 Euro je volle Stelle erhalten. Das Management erklärte zum generellen Plan: "Abschließende Entscheidungen sind noch nicht getroffen."
Wenn alles klappt wie nun vorgesehen, sollen die VW-Aktionäre eine Sonderdividende bekommen - und zwar mit 49 Prozent fast die Hälfte der Bruttogesamterlöse aus Börsengang und Verkauf der Stammaktien. Zu den Aktionären gehören freilich auch - mit fast einem Drittel der Kapitalanteile - die Eigentümerfamilien über ihre Holding. Der Sonderausschüttung müsste die Hauptversammlung zustimmen. Die PSE hat schon angekündigt, das mit ihrem Stimmgewicht zu tun.
VW spielt weiter auch mit dem Gedanken eines Börsengangs für sein E-Auto-Batteriegeschäft. Die Sparte wird in den kommenden Jahren mit Milliardeninvestitionen ausgebaut. Auf die Frage, ob Anteile an ihr später einmal am Finanzmarkt notiert sein könnten, meinte Antlitz: "Ja, das könnte eine Möglichkeit sein." Man konzentriere sich jetzt aber zunächst auf die weiteren Prüfungen für die Porsche AG. "Über alles andere wird nicht diskutiert", sagte er mit Blick auf weitere Volkswagen-Konzernmarken oder die neue Softwaretochter Cariad.