Frankfurt (Reuters) - Europas Anleger haben sich zum Wochenschluss zurückgehalten.
Der Dax lag am Freitagvormittag 0,2 Prozent tiefer bei 13.020 Punkten. Der EuroStoxx50 trat bei 3254 Zählern auf der Stelle. An den Nerven zehrte das Hin und Her in den USA um neue Konjunkturhilfen zur Bewältigung der Corona-Krise. “Die Stimmungsschwankungen des US-Präsidenten halten die Investoren weiter auf Trab”, sagte Axi-Analyst Milan Cutkovic. Nur zwei Tage nachdem Donald Trump einen Verhandlungsstopp verkündete, berichtete er von einer Wiederaufnahme. Es sei zwar weiterhin unwahrscheinlich, dass es noch vor dem 3. November zu einem Deal zwischen Republikanern und Demokraten kommen werde, meinte Cutkovic. “Anleger reagieren aber positiv auf Signale, dass die Politiker in Washington die Situation ernst nehmen und den Druck, etwas tun zu müssen, spüren.” Über den Umfang und mögliche Teillösungen für die strauchelnden Fluggesellschaften herrscht aber Uneinigkeit.
Unterdessen steigen die Corona-Infektionen weltweit weiter an. “Insgesamt besteht die Gefahr, dass sich die Marktstimmung angesichts der Ungewissheit im Zusammenhang mit den US-Wahlen und Brexit sowie der steigenden Covid-19-Fälle und der Furcht vor weiteren Lockdowns kurzfristig verschlechtert”, schrieben die Analysten von Unicredit (MI:CRDI) in einer Notiz.
CHINA ERHOLT SICH - TÜRKISCHE LIRA IM ABWÄRTSTAUMEL
Zuversicht verbreitete der wieder in Schwung kommende Inlandstourismus in China. “Das Land ist bisher vergleichsweise glimpflich durch die Coronakrise gekommen und hat es als eines der wenigen Länder bisher geschafft, eine zweite Welle zu verhindern”, fassten die Marktstrategen vom Bankhaus Marcard, Stein & Co zusammen. Das führe dazu, dass Chinas Wirtschaft in vielen Bereichen wieder auf dem Vorkrisenniveau angelangt ist oder sogar darüber liegt.
Am Devisenmarkt taumelt die türkische Lira von Rekordtief zu Rekordtief. Der Dollar stieg im Gegenzug um 0,2 Prozent auf einen Höchststand von 7,955 Lira.
HENKEL UND ZALANDO ÜBERZEUGEN MIT PROGNOSEN
Für Gesprächsstoff sorgte eine Übernahme im europäischen Börsensektor: die britische Börse LSE (LON:LSE) verkauft ihre Tochter Borsa Italiana an die Mehrländerbörse Euronext für 4,325 Milliarden Euro. Damit sticht die Euronext die Deutsche Börse und die Schweizer Börse SIX aus, die ebenfalls ihren Hut in den Ring geworfen hatten. Die Euronext will die Übernahme mit einer Kapitalerhöhung und Fremdkapital finanzieren. Die Aktien gaben um drei Prozent nach.
Europäische Chipwerte profitierten von gut aufgenommenen Zahlen des US-Mitbewerbers NXP Semixonductors. Auch ein Medienbericht über ein Interesse von AMD (NASDAQ:AMD) am Rivalen Xilinx brachte Schwung in den Sektor. Infineon (DE:IFXGn) legten 1,5 Prozent zu. Aktien von AMS, STMicroelectronics, ASM und Dialog stiegen um bis zu 1,2 Prozent.
Ein Bestellboom im Internet in Corona-Zeiten bescherte den Online-Händlern Zalando (DE:ZALG) und Global Fashion Group gute Geschäfte. Beide Firmen hoben ihre Prognosen für das laufende Jahr an. Zalando schossen um 5,7 Prozent auf ein Rekordhoch von 87,74 Euro. Nach einem starken dritten Quartal werde sich der Betriebsgewinn im Gesamtjahr mindestens mehr als verdoppeln, teilten der Berliner mit. Die große Überraschung sei die Ebit-Marge von mehr als sechs Prozent, hieß es bei den Analysten der Credit Suisse (SIX:CSGN).
Anleger griffen ebenfalls bei Henkel (DE:HNKG_p) zu. De überraschend vorgelegten vorläufigen Quartalszahlen und der Ausblick seien besser gewesen als befürchtet, sagte ein Händler. Die Aktien gewannen zwei Prozent und waren größter Dax-Gewinner.