FRANKFURT (dpa-AFX) - Verunsichernde Konjunkturnachrichten aus China haben den Dax (DAX) am Dienstag in Schach gehalten. Der deutsche Leitindex pendelte bis zum Mittag dicht um seinen Vortagesschluss. Zuletzt stand das Börsenbarometer um 0,05 tiefer bei 11 587,18 Punkten. Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen rutschte im Handelsverlauf um 0,40 Prozent auf 24 629,06 Zähler ab. Ähnlich zäh verlief der Handel in Europa, der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) kam zuletzt auf ein kleines Plus von 0,13 Prozent auf 3321,50 Punkte.
Bereits am Vortag hatte der Dax nach seinem jüngsten Kursanstieg Ermüdungserscheinungen gezeigt. Selbst Berichte über "substanzielle Fortschritte" im US-chinesischen Handelsstreit hatten am Rosenmontag den Dax nicht mehr treiben können. Viele Beobachter befürchten, dass die Frühjahrsrally am deutschen Aktienmarkt bald vorbei sein könnte. "Die Verkaufsbereitschaft am Markt beginnt bereits zu steigen, obwohl der Deutsche Aktienindex bis zum nächsten Kursziel noch etwas Luft hat", schrieben die Experten von Index-Radar.
Am Dienstag verunsicherten erneut Nachrichten aus China: Angesichts des Handelskrieges mit den USA und der hohen Verschuldung gab Regierungschef Li Keqiang zum Auftakt der Jahrestagung des Volkskongresses das niedrigste Wachstumsziel seit fast drei Jahrzehnten vor. Der stotternde chinesische Wirtschaftsmotor ist immer wieder Anlass für Sorge bei den Investoren.
"Vorerst keine weiteren Fakten zu den Handelsgesprächen zwischen den USA und China, dafür aber Nachrichten aus dem Reich der Mitte, die den Konjunktursorgen wieder neue Nahrung geben" - die Anleger blieben vor diesem Hintergrund lieber an der Seitenlinie, schrieb Marktanalyst Milan Cutkovic von Axitrader. Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners erklärte, aus technischer Sicht seien die Märkte in Europa "überkauft". Zudem zeige das niedrige Wachstumsziel der chinesischen Regierung eindrucksvoll, "wie kritisch es aktuell um die Weltwirtschaft bestellt ist".
Die Sorge um Chinas Wirtschaft belastete an der Börse vor allem die Autobauer und -zulieferer, für die der dortige Markt immens wichtig. Unter den Branchenvertretern im Dax erwischte es die Aktien des Reifenherstellers Continental (4:CONG) mit mehr als einem Prozent Kursabschlag am deutlichsten. Die zuletzt schwankungsanfälligen Aktien des Zahlungsabwicklers Wirecard (4:WDIG) landeten mit zwei Prozent Abschlag auf dem letzten Index-Platz.
An der Dax-Spitze erholten sich dagegen die Papiere des Dialyseanbieters Fresenius Medical Care (FMC (4:FMEG)) von ihren Verlusten vom Vortag. Die Papiere zogen um mehr als ein Prozent an.
Noch größere Kursbewegungen gab es vor allem in den hinteren Börsenreihen. Nach kräftigen Zuwächsen am Vortag radierten die Papiere von Wacker Chemie (4:WCHG) das Plus komplett wieder aus - sie verloren fast zehn Prozent. Der Konzern rechnet überraschend wegen niedrigerer Polysilizium-Preise mit einem deutlichen Rückgang beim operativen Ergebnis in diesem Jahr. Analysten hatten hingegen mit einem Gewinn gerechnet. Noch am Vortag war der Kurs in der Hoffnung auf eine Erholung der Preise kräftig angezogen. Papiere des Spezialchemiekonzerns Evonik (4:EVKn) zogen zeitweise auf den höchsten Kurs seit Mitte November, zuletzt betrug das Plus noch knapp vier Prozent. Der Konzern erfreute mit einem unverhofft hohen Verkaufspreis für das an den Finanzinvestor Advent gehende Methacrylat-Geschäft. Zusammen mit starken Kennziffern für 2018 überstrahlte dies den vorsichtigen Ausblick auf das neue Geschäftsjahr. Die Ziele waren aber ohnehin bereits in etwa so von Analysten erwartet worden.
Eine unerwartet hohe Dividende versöhnte unterdessen die Anleger von Siltronic (4:WAFGn) mit dem bestätigten pessimistischen Ausblick. Der Hersteller von Wafern für die Halbleiterindustrie will die Dividende für 2018 auf fünf Euro verdoppeln, Analysten hatten mit etwas weniger gerechnet. Die Aktien standen zuletzt noch mit knapp einem Prozent im Plus, zeitweise war es um mehr als vier Prozent nach oben gegangen.