- von Kathrin Jones und Alexander Hübner
Frankfurt (Reuters) - Die Niedrigzinsen werden auch im kommenden Jahr Spuren in den Lebensversicherungen vieler deutscher Sparer hinterlassen.
Marktführer Allianz (DE:ALVG) Leben gab am Dienstag die Richtung vor und senkte die Gesamtverzinsung auf klassische Policen mit lebenslangen Zinsgarantien auf 3,4 (2016: 3,7) Prozent. Diese Verträge machen immer noch den größten Teil des Bestandes aus. Die neue Produktgeneration "Perspektive", bei der die Allianz keine feste Verzinsung mehr über die ganze Laufzeit verspricht und die im Neugeschäft inzwischen dominiert, bringt 2017 noch 3,7 (4,0) Prozent. Vorstandschef Markus Faulhaber zeigte sich trotzdem zufrieden: "Während Sparbücher und Festgeld aktuell für den Kunden keinen Zins abwerfen, bietet die Lebensversicherung weiterhin eine substanzielle Verzinsung."
Jedes Jahr um diese Zeit wird in der Branche mit Spannung erwartet, wie sich Allianz Leben positioniert - viele andere Anbieter orientieren sich daran. Unter Druck sind die Renditen auf Lebensversicherungen, in Deutschland seit Jahrzehnten der Klassiker unter den Sparplänen, schon länger: Die Versicherer leiden darunter, dass sichere Kapitalanlagen wie Staatsanleihen, in denen sie den Großteil der Gelder ihrer Kunden anlegen, kaum noch Zinsen abwerfen. Nach Schätzungen der Ratingagentur Assekurata sind die Allianz-Kunden aber mit ihren klassischen Produkten noch gut bedient. Das gelte insbesondere für die laufende Verzinsung (Überschussbeteiligung) von 2,8 (3,1) Prozent, sagte der geschäftsführende Gesellschafter Reiner Will der Nachrichtenagentur Reuters. Im Branchendurchschnitt erwartet er hier dieses Mal eher 2,6 Prozent.
Allianz-Leben-Produktvorstand Alf Neumann verwies darauf, dass sein Haus mit Kundengeldern von rund 245 Milliarden Euro mehr Spielraum habe als kleinere Anbieter: "Als großer Versicherer haben wir strukturelle Vorteile in der Kapitalanlage und können zum Beispiel mehr Geld in Infrastrukturprojekte stecken, die noch ordentliche Renditen abwerfen."
IMMER WEITER NACH UNTEN
Mit der Überschussbeteiligung gibt der Versicherer an die Kunden einen Teil jener Gewinne weiter, die er durch die Anlage der eingezahlten Beiträge erwirtschaftet. Sie wird jährlich neu festgelegt. Die wenigen Rivalen, die ihre Überschussbeteiligung für 2017 schon deklariert haben, haben sie stark gekürzt. Deshalb schmilzt das Gesamtergebnis spürbar, viele Anbieter kommen ohnehin von einem niedrigeren Niveau: So weist die Nürnberger Leben eine Gesamtverzinsung von 3,06 (3,33) Prozent aus. Bei der Stuttgarter Leben sind es 3,0 (3,51) Prozent und bei der Alten Leipziger 3,15 (3,7) Prozent. Die Ergo Lebensversicherung senkt die Gesamtverzinsung um 0,45 Prozentpunkte und liegt damit nur noch bei 2,6 Prozent, wie sie ebenfalls am Dienstag mitteilte. Vorstandschef Michael Fauser erklärte, Ergo verfüge ebenfalls über starke Kapitalanlagen. "Wir müssen jedoch heute sicherstellen, dass diese Stabilität unseren Kunden auch zukünftig zugutekommt." Besser schlägt sich die Axa (PA:AXAF) Lebensversicherung mit einer Gesamtverzinsung von 3,4 (3,6) Prozent.
Zur Gesamtverzinsung gehören weitere Komponenten, etwa Bewertungsreserven und der Schlussüberschuss, der am Ende der Laufzeit auf das Guthaben angerechnet wird. Am wichtigsten ist aber der gesetzlich gedeckelte Garantiezins, der für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest zugesagt wird. Viele Versicherte, die ihre Verträge vor zehn Jahren und mehr abgeschlossen haben, können mit einer höheren Verzinsung rechnen: Denn von 1994 bis 2000 lag der Garantiezins noch bei vier Prozent, bis 2003 bei 3,25 und bis 2006 bei 2,75 Prozent. Daran muss sich der Versicherer halten. Ab Anfang 2017 schreibt der Gesetzgeber den Garantiezins auf maximal 0,9 Prozent fest.