Berlin, 22. Mrz (Reuters) - Die Tourismusbranche fürchtet um ihr künftiges Geschäft und den Verlust von Zehntausenden Jobs, sollten Bund und Länder eine verpflichtende Quarantäne für Urlaubs-Rückkehrer beschließen. Für Unruhe sorgt vor allem die Debatte, dass eine solche Quarantäne womöglich nicht nur für Risikoländer gelten könnte, sondern für alle Ferienziele, wie aus einem Brief der Lobbyverbände DRV und BDL an die Bundesregierung hervorgeht, der Reuters am Montag vorlag. "Ein solcher Beschluss wäre nach Auffassung der Reise- und Luftverkehrswirtschaft unverhältnismäßig, nicht zielführend und würde zudem die Gesundheitsbehörden überfordern, die die Einhaltung der Quarantäne überwachen müssen."
Sollte die Politik dies dennoch umsetzen, gehen DRV und BDL davon aus, "dass in diesem Fall die bisher gewährten Unterstützungen (Kredite des WSF, Überbrückungshilfen) nicht ausreichen, um die Strukturen der Reisewirtschaft mit 2300 Reiseveranstaltern und 10.000 Reisebüros sowie die Luftverkehrswirtschaft zu sichern". Dann wären Entschädigungen notwendig, da das Geschäft seit März 2020 durch politische Entscheidungen fast vollständig zum Erliegen gekommen sei. Die bisherigen Staatshilfen ersetzten nur einen Teil der Kosten. "Der angedachte Beschluss würde Zehntausende Arbeitsplätze gefährden und die angeschlagenen Unternehmen in ihrer Existenz bedrohen", erklärten der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) und der Deutsche Reiseverband (DRV) in einem Brief an Kanzleramtschef Helge Braun.
Vor dem Bund-Länder-Gipfel zur Corona-Lage am Nachmittag zeichnet sich eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 18. April ab. Im Gespräch ist auch die Einführung einer Quarantäne für Rückkehrer von Auslands-Reisen "unabhängig von den lokalen Inzidenzwerten", wie aus einem Reuters vorliegenden Entwurf des Kanzleramts hervorgeht. Die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Thüringen forderten, die Risiko-Einschätzung zum Ferienziel Mallorca zu korrigieren. Die Nachfrage nach Flügen rund um Ostern auf die bei den Deutschen so beliebte spanische Insel war massiv gestiegen, kurz nachdem das Robert-Koch-Institut (RKI) Mallorca wegen gesunkener Inzidenzen jüngst nicht mehr als Risikogebiet einstufte.
Der nun debattierte Beschluss einer faktischen Pflichtquarantäne "zielt offenkundig unter anderem darauf ab, Osterreisen nach Mallorca zu verhindern", kritisierten DRV und BDL. Die Lobbyverbände betonten, dass die Inzidenz auf Mallorca sehr gering und die Auflagen dort etwa mit einer nächtlichen Ausgangssperre sehr streng seien. "Bei der Rückreise nach Deutschland besteht insofern auch kein erhöhtes, sondern ein sogar stark vermindertes Eintragungsrisiko."