WOLFSBURG/STUTTGART (dpa-AFX) - Volkswagens Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn steht nach übereinstimmenden Medienberichten auch vor dem Rückzug von seinen übrigen Ämtern bei dem Autokonzern. Der 68-Jährige hatte die Unternehmensspitze im Strudel des Abgasskandals verlassen, ist aber bisher nicht von weiteren Chef-Funktionen abgerückt. Dazu zählen der Vorstandsvorsitz beim Volkswagen (XETRA:VOW3)-Ankeraktionär Porsche (DE:PSHG_p) SE (ETR:PAH3) sowie die Chefposten in den Aufsichtsräten der VW (XETRA:VOW3)-Konzerntochter Audi (XETRA:NSUG) und bei der jungen Nutzfahrzeugholding mit den Marken Scania (SSE:SCV) (FSE:SNAB) und MAN (XETRA:MANG).
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Montag dringen sowohl das Land Niedersachsen als VW-Großaktionär als auch die Vertreter auf der mächtigen Arbeitnehmerseite auf eine endgültige Trennung. Winterkorn selber hatte Ende September lediglich erklärt, er habe den Aufsichtsrat gebeten, "eine Vereinbarung zur Beendigung meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen-Konzerns zu treffen". Der Vertrag lief ursprünglich bis Ende 2016. Seine übrigen Posten fanden in der Erklärung des Konzerns keine Erwähnung.
Anders lief das beim Rückzug des VW-Patriarchen Ferdinand Piëch. Als der 78-Jährige nach dem Machtkampf mit Winterkorn diesen Frühling abtrat, hieß es in der Erklärung, Piëch verzichte nicht nur auf den Vorsitz und die Mitgliedschaft im VW-Aufsichtsrat, sondern auch auf "alle anderen Aufsichtsratsmandate im Volkswagen Konzern". Jedoch behielt Piëch als einzige Ausnahme bis heute sein Aufsichtsratsmandat in der Porsche SE, wo er selber als Mitglied des Porsche/Piëch-Clans einer der Großaktionäre ist. Zur jüngsten Hauptversammlung der Holding im vergangenen Frühjahr erschien er allerdings nicht.
Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", "NDR" und "WDR" will Winterkorn nun einlenken und unter anderem seinen Chefsessel bei der Porsche SE räumen. Ein Sprecher der Holding sagte am Montag: "Uns liegen keinerlei Erkenntnisse vor, dass eine Entscheidung gefallen ist." Der nächste Termin für eine Aufsitzratssitzung sei erst für den Dezember anberaumt. Eine Tagung des Gremiums wäre jedoch auch nicht nötig, falls Winterkorn selber seinen Rücktritt erklärt.
VW hatte eingeräumt, die Abgas-Manipulations-Software in weltweit elf Millionen Fahrzeugen mit dem Dieselmotor EA 189 eingebaut zu haben. Unklar ist aber noch, in wie vielen Autos die Software tatsächlich zum Einsatz kam.
Winterkorn hatte erklärt, er sei sich "keines Fehlverhaltens bewusst" und "fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen Konzern möglich waren". Wie viele Mitarbeiter und Manager von den Manipulationen wussten, ist unklar und wird noch untersucht.
Sollten Winterkorn Verfehlungen nachgewiesen werden, könnte ihn der Aufsichtsrat laut Aktiengesetz entlassen. Andernfalls müsste er sich freiwillig zurückziehen. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, für den Komplettrückzug "müssten noch einige Formalien geklärt werden".