Immer mehr Privatpersonen entscheiden sich für eine nachhaltige Geldanlage. Laut dem Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2022 des FNG hat sich das Anlagevolumen privater Anlegerinnen und Anleger von 2021 auf 131,2 Mrd. Euro verdreifacht. Das entspricht einem Wachstum von 230 %, womit sich der Trend, dass Privatanlegerinnen und -anleger wahre Wachstumstreiber nachhaltiger Geldanlagen sind, nicht nur fortgesetzt, sondern noch deutlich verstärkt hat.
Leider ist es nach wie vor schwer, sich im Nachhaltigkeitsdschungel des Finanzmarktes zurechtzufinden, denn viele Unternehmen wie auch Vermögensverwalter werben inzwischen damit, „Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen“. Oft sind das nur leere Worte, denn dabei bleibt offen, wie und in welchem Umfang solche Kriterien einfließen. Spricht das nicht dafür, die nachhaltige Geldanlage selbst in die Hand zu nehmen? Wenn du dir ein eigenes Portfolio aus nachhaltigen Aktien aufbauen willst, gibt es ein Hilfsmittel, das dir die Aktienauswahl erleichtern kann …
Kostenlos verfügbare ESG-Ratings
Wie kannst du nun herausfinden, wie nachhaltig ein Unternehmen ist? Für Privatpersonen ist es in der Regel nicht machbar, das Unternehmen selbst im Detail auf seine Nachhaltigkeit hin zu analysieren, denn eine solche Analyse ist sehr zeitaufwendig. Daher greift man am besten auf ESG-Ratings zurück („ESG“ steht für Environment, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung).Es gibt inzwischen sehr viele Anbieter von ESG-Ratings, die Unternehmen analysieren und nach ihrer Nachhaltigkeit bewerten. Zu den bekanntesten Anbietern gehören MSCI, Sustainalytics (Morningstar), ISS, S&P Global oder auch Refinitiv. Dabei haben die Ratinganbieter ihre eigenen Methoden und Ansätze entwickelt, auf deren Grundlage sie ihre ESG-Ratings erstellen. Sie unterscheiden sich etwa darin, welche Kriterien für die Bewertung ausgewählt und wie diese gewichtet werden. Die meisten ESG-Ratings sind kostenpflichtig. Nur einige wenige Bewertungen (oder Auszüge davon) sind frei verfügbar. Hier ein Überblick:
– MSCI: ESG Ratings & Climate Search Tool
– Sustainalytics (Morningstar): Company ESG Risk Ratings
– S&P Global: ESG Scores
– Refinitiv: ESG Company Scores
ESG-Ratings als Entscheidungshilfe
Wenn man also überprüfen möchte, wie nachhaltig ein Unternehmen aufgestellt ist, kann es sich durchaus lohnen, sich das ESG-Rating des potenziellen Portfoliokandidaten mal auf allen vier Plattformen anzusehen. Gehen wir das mal am Beispiel der Microsoft (NASDAQ:MSFT)-Aktie (WKN: 870747) durch.Anbieter | MSCI | Sustainalytics (Morningstar) | S&P Global | Refinitiv |
ESG-Rating/ ESG-Score | AAA | 15,0 (Low Risk) | 56 | 93/100 |
Auf den ersten Blick etwas verwirrend, oder? Allerdings. Die Interpretation der Ratings ist schwierig, wenn man die verwendeten Methoden der Anbieter noch nicht gut kennt.
Bei MSCI geht das ESG-Rating von AAA bis CCC (WA:CCCP), sodass Microsoft hier ganz vorne dabei ist. Bei Sustainalytics wird das Rating auf einer Skala von 0 bis 100 angegeben. Hierbei handelt es sich um eine ESG-Risikobewertung, wobei jeder Wert unter 10 hervorragend ist. Von 10 bis 20 ist das ESG-Risiko niedrig, von 20 bis 30 mittel und von 30 bis 40 hoch. Alles darüber ist unter ESG-Gesichtspunkten sehr riskant. Microsoft schneidet mit 15,0 also ziemlich gut ab (niedriges Risiko). Bei S&P Global erreicht der Tech-Gigant einen Score von 56. Hier steht 0 für eine niedrige und 100 für eine sehr hohe ESG-Bewertung innerhalb der Branche. Auch bei Refinitiv dient der Score zum brancheninternen Vergleich, wobei jeder Wert über 75 als exzellente ESG-Bewertung gilt. Microsoft liegt mit 93/100 deutlich darüber.
Microsoft ist bei Anlegerinnen und Anlegern wahrscheinlich weniger für sein nachhaltiges Geschäftsmodell bekannt. Tatsächlich ist der Tech-Riese aber seit dem Jahr 2012 CO2-neutral und will bis 2030 sogar CO2-negativ werden – also mehr CO2 aus der Atmosphäre binden, als er mit den Geschäftsaktivitäten verursacht. Daneben legt Microsoft auch großen Wert auf Recycling und Wiederverwertbarkeit der eigenen Produktverpackungen sowie den verantwortungsvollen Umgang mit Wasser.
Hilfreich, aber mit Vorsicht zu genießen
Am Beispiel Microsoft hat sich jedenfalls gezeigt, dass die ESG-Ratings verschiedener Anbieter zwar ähnlich, aber alles andere als deckungsgleich sind. Diese mangelnde Vergleichbarkeit stellt gleichzeitig eine Schwäche der ESG-Ratings dar. Sie ist – wie bereits oben angedeutet – darauf zurückzuführen, dass die Anbieter unterschiedliche Daten und eigene Bewertungsmethoden mit unterschiedlichen Gewichtungen nutzen. Wenn man die Ratings öfter nutzen möchte, sollte man sich also in jedem Fall genauer mit den Bewertungsmethoden der einzelnen Anbieter befassen. Dann versteht man besser, wie die Bewertungen zustande kommen, und kann sie besser interpretieren.Letztendlich ist „Nachhaltigkeit“ nun mal kein klar definiertes Konzept und immer auch vom eigenen subjektiven Verständnis des Begriffs abhängig. Trotzdem können ESG-Ratings als Entscheidungshilfe herangezogen werden. Wenn beispielsweise die Ratings aller vorgestellten Anbieter ein hohes ESG-Risiko erkennen lassen, sollte man vielleicht doch lieber die Finger von dem Titel lassen und nach Alternativen suchen. Umgekehrt ist ein Unternehmen, das bei ESG-Aspekten durchweg positiv abschneidet, wahrscheinlich eine solide Wahl für ein nachhaltig ausgerichtetes Portfolio.
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Franziska besitzt keine der genannten Aktien. Aktienwelt360 empfiehlt Aktien von Microsoft.
Aktienwelt360 2023