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OMV – die Krisensicherheit und langfristigen Aussichten auf dem Prüfstand

Veröffentlicht am 05.10.2019, 08:00
Aktualisiert 05.10.2019, 08:06
© Reuters.
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Heute möchte ich mich mit einem Thema beschäftigen, dass ich schwieriger finde als zu bewerten, ob eine Aktie kaufenswert ist: die Bewertung einer bestehenden Aktienposition. Ich halte die Aktie des österreichischen Öl- und Gasunternehmens OMV (DE:OMVV) (WKN: 874341) schon eine ganze Weile und habe aktuell ohne Berücksichtigung der Dividende eine Rendite von ca. 66 % (Stand: 27.09.2019) erzielt.

Sollte ich jetzt lieber aus der Aktie aussteigen, nachdem sich die Aussichten der globalen Wirtschaft eher verschlechtern und das Unternehmen schließlich in einer zyklischen Branche tätig ist? Wie hat sich das Unternehmen, unabhängig vom Aktienkurs, operativ entwickelt und wie schauen die Zukunftsaussichten der OMV-Aktie aus? Ist sie vielleicht jetzt sogar ein Kauf?

Geschäftsmodell von OMV und Zukunftsaussichten der Branche OMV ist ein integriertes Unternehmen, was bedeutet, dass man in den Bereichen Upstream und Downstream tätig ist. Unter Upstream versteht man die Suche und Förderung von Öl und Gas. Als Downstream wird die Veredelung von Rohöl in Raffinieren, der Transport von Gas zum Verbraucher und der Vertrieb der Produkte an den Endverbraucher verstanden. Durch die Integration der beiden Bereiche können Schwankungen der Rohstoffpreise besser ausgeglichen werden, weil sie gegenteilig von steigenden bzw. fallenden Rohstoffpreisen profitieren.

Die IEA (Internationale Energieagentur) verwendet zur Prognose des gesamten primären Energieverbrauchs zwei Szenarien. Beim ersten Szenario werden die von der Politik angekündigten Maßnahmen und Ziele berücksichtigt. Beim zweiten Szenario wird ein noch schnelleres Erreichen der Klimaziele durch beschleunigte Maßnahmen und bessere Technologien unterstellt. Persönlich denke ich, dass sogar das erste Szenario eher optimistisch für die Weltbevölkerung ist. Trotzdem benutze ich für die Marktbewertung den Mittelwert aus beiden Szenarien.

Primärverbrauch Erdöl in Megatonnen Öläquivalent

2017 2025 2030 2035 2040
Szenario 1 4.453 4.754 4.830 4.842 4.894
Szenario 2 4.453 4.339 3.985 3.514 3.155
Mittelwert 4.453 4.547 4.408 4.178 4.025
Marktgröße im Vergleich zum Ausgangsjahr 102 % 99 % 94 % 90 %
Primärverbrauch Erdgas in Megatonnen Öläquivalent

2017 2025 2030 2035 2040
Szenario 1 3.107 3.539 3.820 4.132 4.435
Szenario 2 3.107 3.454 3.553 3.535 3.437
Mittelwert 3.107 3.497 3.687 3.834 3.936
Marktgröße im Vergleich zum Ausgangsjahr 113 % 119 % 123 % 127 %
Eigene Berechnung, Quelle: IEA

Als Erkenntnis nehme ich für mich mit, dass auch bei diesem Markt Totgesagte wohl mal wieder länger leben als gedacht. Der Markt für Erdgas wird in den nächsten zehn Jahren um ca. 20 % wachsen. Auch danach wird er noch langsam weiterwachsen. Der Markt für Erdöl wird im Mittel der beiden Szenarien in den nächsten zehn Jahren eher seitwärts laufen und danach langsam schrumpfen. Hier wird es für OMV darauf ankommen, sich richtig zu positionieren, um diesen Trends Rechnung zu tragen.

Historische Entwicklung und Ursachenforschung OMV ist aufgrund seiner Tätigkeit grundsätzlich abhängig vom Ölpreis. Daher habe ich in der folgenden Grafik das historische EBIT (Earnings before Interest and Taxes = Gewinn vor Zinsen und Steuern) dem durchschnittlichen Ölpreis in den jeweiligen Jahren gegenübergestellt.

Eigene Darstellung; Quelle EBIT: Traderfox, Ölpreis: Statista

Mit Ausnahme der Finanzkrise hat sich der Ölpreis bis 2011 sehr dynamisch entwickelt. OMV war nicht in der Lage, von diesem Anstieg vollständig zu profitieren, und entwickelte sich viel langsamer. Ab 2011 entwickelte sich der Ölpreis eher seitwärts und stürzte 2015 um fast 50 % ab. Das Unternehmen hat diese Entwicklung überproportional stark zu spüren bekommen und erzielte in der Spitze in 2015 ein negatives operatives Ergebnis von ca. 2,0 Mrd. Euro. Seitdem hat sich der Ölpreis wieder etwas erholt und steht dieses Jahr bei durchschnittlich 64 US-Dollar je Barrel, die Unternehmensentwicklung übertrifft diese Vorgabe aber deutlich. Für 2019 wird ein EBIT von ca. 3,8 Mrd. Euro prognostiziert. Wie ist diese starke Entwicklung zu erklären?

Rainer Seele ist seit 2015 Vorstandsvorsitzender von OMV und hat durch eine kurz nach Amtsantritt veröffentlichte Strategie das Unternehmen bis 2017 restrukturiert. Durch die 2018 veröffentlichte Folgestrategie soll bis 2025 ein um Sondereffekte bereinigtes operatives Ergebnis von 5,0 Mrd. Euro angestrebt werden. Die dabei bislang erreichten Eckdaten lesen sich wie folgt:

  • Die tägliche Fördermenge von Öl und Gas stieg von 303 Kilobarrel Öläquivalent 2015 auf 482 Kilobarrel im ersten Halbjahr 2019.
  • Die Produktionskosten sanken dabei von 13,2 US-Dollar je Barrel Öläquivalent 2015 auf aktuell nur noch 6,9 US-Dollar.
  • Die sicheren Reserven stiegen von 1.028 Mio. Barrel Öläquivalent 2015 auf 1.270 2018.
  • Das operative Ergebnis konnte von 10.000 Euro je Tankstelle 2012 auf 180.000 Euro je Tankstelle 2018 gesteigert werden.
  • Im Bereich Downstream konnten das Gaskraftwerk Samsun und das Tankstellennetz Petrol Ofisi verkauft werden. Durch Abschreibungen wurde dabei das operative Ergebnis des Segments in den letzten Jahren negativ beeinflusst.
Prognose EBIT für Bewertung Zur Bewertung des zukünftigen operativen Ergebnisses verwende ich eine Regressionsanalyse über den Zusammenhang zwischen dem EBIT von OMV und dem Ölpreis von 1999 bis 2019. Daraus ergibt sich, dass sich ca. 40 % des EBITs durch den Ölpreis erklären lassen.

Um die Zukunft abschätzen zu können, verwende ich zunächst die Forwardkurve (Stand: 27.09.2019) für den Brent-Ölpreis, wonach dieser 2020 um ca. 6 US-Dollar fällt und danach eher seitwärts verläuft. Durch Verwendung der Gleichung der Regressionsgerade stellt das erwartete EBIT die Abhängigkeit vom Ölpreis dar.

Für das EBIT für 2020 ziehe ich das erwartete EBIT für 2019 vom tatsächlichen EBIT ab. Damit erhalte ich den Anteil, den ich auf die operativen Anpassungen der letzten Jahre zurückführe. Anschließend multipliziere ich ein jährliches Wachstum von 5 %, das ich dem Unternehmen aufgrund seiner Performance der letzten Jahre und seiner Wachstumsstrategie bis 2025 zugestehe. Abschließend addiere ich das erwartete Ergebnis aufgrund der Entwicklung des Ölpreises für 2020 und übertrage das Vorgehen analog auf die Folgejahre.

Jahr 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025
EBIT in Mio. Euro 3.719 3.623 3.659 3.741 3.849 3.969 4.109
Ölpreis in US-Dollar 65 59 57 57 57 58 59
Erwartetes EBIT in Mio. Euro 2.102 1.926 1.876 1.869 1.884 1.905 1.942
Eigene Berechnung, Quelle Forward Ölpreis: CME Group

Anwendung des Discounted-Cashflow-Verfahrens Abschließend wende ich für das Unternehmen das Discounted-Cashflow-Verfahren an, um ein Gefühl dafür zu erhalten, ob die aktuelle Bewertung eher günstig oder teuer ist. Für die ersten Jahre verwende ich die ermittelten EBIT-Werte und für die nachfolgenden Jahre lasse ich das EBIT um 25 Mio. Euro jährlich steigen. Das jährliche EBIT mindere ich mit einer Steuerquote von 40 %. Diese ist so hoch, weil OMV im Upstream-Bereich in Ländern mit hohen Steuersätzen wie beispielsweise Libyen und Norwegen tätig ist. Außerdem verringert sich der freie Cashflow in meinem Modell, weil ich für Reinvestitionen jährlich 700 Mio. Euro ansetze. Auf diese Zahl komme ich, weil OMV bis 2025 jährlich bis zu 2,5 Mrd. Euro investieren will und ich hiervon die Abschreibung von 1,8 Mrd. Euro im Jahr 2018 abziehe.

Die errechneten freien Cashflows zinse ich mit meiner Erwartung an die Eigenkapitalrendite von 8 % ab. Nach Abzug der Schulden erhalte ich einen Unternehmenswert von ca. 31 Mrd. Euro. Geteilt durch die Anzahl der 326,73 Mio. ausstehenden Aktien ergibt sich ein fairer Wert je Aktie von 75,00 Euro. Das bedeutet, dass das Unternehmen nach meiner Berechnung am 27.09.2019 um ca. 33 % unterbewertet ist.

Die OMV-Aktie ist für mich weiterhin spannend Ich werde an meiner Beteiligung an OMV festhalten. Die Maßnahmen der Geschäftsführung haben in den letzten Jahren sehr gut funktioniert und es gibt einen klaren Plan für die weitere Entwicklung bis 2025. In meinen Augen ist das Unternehmen außerdem weiterhin interessant bewertet und daher auch für neue Interessenten eine Überlegung wert. Der Markt wird entgegen der aktuellen öffentlichen Diskussion auf Sicht der nächsten zehn Jahre wahrscheinlich eher stabil bleiben oder sogar weiterhin wachsen, und OMV davon profitieren.

Florian Hainzl besitzt Aktien von OMV.

The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.

Motley Fool Deutschland 2019

Dieser Artikel erschien zuerst auf The Motley Fool

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