Frankfurt (Reuters) - Für die deutsche Finanzbranche dürfte sich Frankfurt als großer Gewinner im Kampf um Banken-Arbeitsplätze nach dem Brexit entpuppen. Nach einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Center for Financial Studies (CFS) an der Universität Frankfurt erwarten 86 Prozent der Unternehmen, dass die deutsche Finanzmetropole als Standort am meisten vom Austritt Großbritanniens aus der EU profitieren wird. Vier der fünf größten US-Investmentbanken haben sich nach eigenen Angaben oder Informationen aus Finanzkreisen bereits dafür entschieden, wichtige Teile ihres Geschäfts in die Großstadt am Main zu verlagern.
Erst am Donnerstag hatte die Citigroup (NYSE:C) mitgeteilt, sie werde den Handel und andere Teile des Investmentbankings in Europa künftig von Frankfurt aus betreiben. "Citi war der größte Wackelkandidat", sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Das gewöhnliche Bankgeschäft betreiben die Amerikaner dagegen aus Dublin, wo sie bereits eine Banklizenz besitzen. Die britische Lizenz, mit der die meisten Institute bisher in der ganzen Europäischen Union agieren, verliert mit dem Brexit voraussichtlich ihre Gültigkeit als "EU-Pass".
Rivale Morgan Stanley (NYSE:MS) nutzt Insidern zufolge seine deutsche Banklizenz, um den EU-Sitz nach Frankfurt zu verlegen. Dort könnten 200 neue Jobs entstehen, sagten mehrere Insider. Auch die US-Institute JPMorgan (NYSE:JPM) und Goldman Sachs (NYSE:GS) verlagern wichtige Teile des Investmentbankings nach Frankfurt, ebenso wie die Deutsche Bank (DE:DBKGn). Die Bank werde ihre Londoner Infrastruktur in Frankfurt kopieren und an der Doppelstruktur zumindest in einer Übergangsphase festhalten, um flexibel reagieren zu können, sagte Vorstandschef John Cryan. Die Rede ist von bis zu 4000 Stellen, die nach Frankfurt wandern könnten.
45 Prozent der Teilnehmer der CFS-Umfrage erwarten, dass am Finanzplatz Frankfurt insgesamt 5000 bis 10.000 zusätzliche Jobs durch den Brexit entstehen könnten. Gut jeder Fünfte erwartet sogar mehr als 10.000. "Ich warne jedoch vor zu viel Euphorie", sagte CFS-Geschäftsführer Volker Brühl. "Denn der Wettbewerb insbesondere mit Paris ist sehr intensiv." Der französische Bankenverband erklärte am Freitag, dass allein die heimischen Banken 1000 zusätzliche Arbeitsplätze von London nach Paris verlagern werden. Der Geschäftsführer des Standort-Vermarkters Frankfurt Main Finance, Hubertus Väth, mahnte dazu, sich nicht zurückzulehnen. Von 100 Banken in London, die eine neue Bleibe in der EU suchten, hätten sich erst 20 entschieden. "Es gibt noch viel zu tun."