Chisinau, 29. Okt (Reuters) - In Moldawien ist die proeuropäische Regierungskoalition im Zuge eines milliardenschweren Unterschlagungsskandals vorerst zerbrochen. Die bislang mitregierende Demokratische Partei schloss sich am Donnerstag den oppositionellen Sozialisten und prorussischen Kommunisten an, so dass ein Misstrauensantrag im Parlament erfolgreich war. Der Chef der Demokratischen Partei, Marian Lupu, sagte, der Protest richte sich ausschließlich gegen den seit Ende Juli amtierenden Ministerpräsidenten Valeriu Strelet, nicht aber gegen den Kurs der Regierung. Man sei bereit, über die Bildung einer neuen Koalition zu sprechen. Der proeuropäische Kurs müsse fortgesetzt werden.
Im moldawischen Finanzsystem sind eine Milliarde Dollar versickert. Das entspricht einem Achtel der Wirtschaftskraft des Landes mit rund 3,5 Millionen Einwohnern. Der schon vor Monaten aufgedeckte Vorgang hat die Landeswährung Leu belastet, die Inflation angeheizt und den ohnehin niedrigen Lebensstandard gedrückt. Der Skandal wirft auch ein Schlaglicht auf die Korruption und den Einfluss von Oligarchen. Sie haben die wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes, das zwischen dem EU-Mitglied Rumänien und der Ukraine liegt, unter sich aufgeteilt. Die EU hat weitreichende Assoziierungsverträge mit Moldawien geschlossen. Der östliche Landesteil Transnistrien hat sich schon vor Jahren mit russischer Hilfe vom Kernland losgesagt.
Die aus drei Parteien bestehende Regierung in Chisinau bleibt zunächst im Amt, bis die Nachfolge geklärt ist. Der Verfassung zufolge berät der Präsident nun mit allen Fraktionen und schlägt dann einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vor. Sollte dieser von der Mehrheit im Parlament unterstützt werden, hat er 45 Tage Zeit zur Bildung einer neuen Regierung. Diese muss dann die Mehrheit im Parlament hinter sich vereinen.