(neu: mehr Details und Hintergrund)
WOLFSBURG (dpa-AFX) - Der krisengeschüttelte Autobauer VW (XETRA:VOW3) holt im Kampf gegen den Abgas-Skandal weitere externe Hilfe ins Top-Management. Der als Sanierungsmann bekannte frühere Opel-Interimschef Thomas Sedran wird neuer Chefstratege im Volkswagen (XETRA:VOW3)-Konzern, wie die Wolfsburger am Montag mitteilten. Der 51-Jährige wird von November an als "Leiter Konzernstrategie" eine neu geschaffene Position übernehmen, in der er direkt an VW-Konzernchef Matthias Müller berichtet.
Europas Branchenprimus treibt seinen Konzernumbau schon seit Monaten voran. Doch der Skandal um millionenfach manipulierte Abgaswerte und der Rücktritt von Müller-Vorgänger Martin Winterkorn fordern noch mehr Tempo. Sedrans Berufung ist ein weiteres Puzzleteil dabei. Wie aus dem Konzern verlautet, soll er zum Beispiel die Abstimmung der neuen Markenfamilien koordinieren sowie neue Produkte und Dienstleistungen vorantreiben.
Mitte Oktober hatte sich Volkswagen bereits mit einer anderen Personalie die Aufmerksamkeit der Branche gesichert: Daimlers Vorstandsfrau Christine Hohmann-Dennhardt wechselt im Januar zu Volkswagen. Wie schon zuvor bei den Schwaben wird die ehemalige Bundesverfassungsrichterin das neu geschaffene Ressort "Integrität und Recht" (Compliance) leiten.
Mit Sedran bindet der VW-Konzern nun eine weitere Top-Führungskraft von außen an sich. Im Autogeschäft kennt sich Sedran bestens aus: Gut 20 Jahre arbeitete er als Berater für die Autoindustrie. 2012 wurde er Interimschef beim kriselnden Autohersteller Opel und entwarf jene Strategie, mit der Opel wieder Gewinne schreiben soll. Mitte 2013 übernahm Sedran bei der Opel-Mutter General Motors (NYSE:GM) (GM) Verantwortung für die Marken Chevrolet und Cadillac in Europa. In diesem Jahr trennten sich dann die Wege und Sedran heuerte im Herbst bei der Beratung Accenture an - ein kurzes Gastspiel.
Bei Volkswagen warten große Aufgaben auf den 51-Jährigen. Der Konzern mit den zwölf Fahrzeugbauern unter seinem Dach soll dezentraler arbeiten und seinen Marken und Regionen mehr Macht einräumen, ohne dabei von einer gemeinsamen Arbeitsweise für die zentrale Fragen abzurücken - dazu zählen etwa die verzahnte Forschung und Entwicklung für mehr gleiche Bauteile oder die Forschung zur Elektromobilität.
Ende September, schon im Strudel der Abgas-Affäre, hatte der Konzern eine grundlegende Neuausrichtung seiner Markenfamilien verkündet. Dabei bilden künftig die Volumen-Marken VW-Pkw, Seat und ?koda eine neue Gruppe. Porsche (DE:PSHG_p) arbeitet stärker mit Bentley und Bugatti zusammen, und Audis Gruppe mit Lamborghini und Ducati bleibt ebenso bestehen wie die junge Nutzfahrzeug-Holding für MAN (XETRA:MANG) und Scania (SSE:SCV) (FSE:SNAB).
Die Änderungen waren schon länger geplant, stehen unter dem Druck des Abgas-Skandals und milliardenschwerer Folgen inzwischen aber vor neuen Erwartungen. So soll allein die Kernmarke um Golf und Passat eine Milliarde Euro mehr pro Jahr einsparen als im ursprünglichen Sparprogramm beschlossen.
In der Abgasaffäre hatte VW eingeräumt, millionenfach Dieselwagen mit einer Software ausgestattet zu haben, die den Schadstoffausstoß auf Prüfständen der Behörden manipuliert. Die 8,5 Millionen Diesel, die nun in Europa zur Werkstatt müssen, sind laut Experten für den Kontinent der größte Rückruf überhaupt - und für VW sowieso. Neben VW-Pkw sind Audi (XETRA:NSUG), Seat, Skoda und die VW-Nutzfahrzeuge betroffen.