FRANKFURT (dpa-AFX) - Die jüngste Erholung am deutschen Aktienmarkt hat sich am Freitag als Strohfeuer erwiesen. Weitere Hiobsbotschaften zum Handelskrieg der USA vergraulten vor dem Wochenende die Anleger. Der Dax (DAX) rutschte im frühen Handel auf den tiefsten Stand seit Anfang April ab, zuletzt betrug das Minus 1,44 Prozent auf 11 730,22 Punkte. Damit steuert der deutsche Leitindex am letzten Handelstag im Mai geradewegs auf den ersten Börsenmonat mit Verlusten in diesem Jahr zu.
Auslöser des aktuellen Rücksetzers waren Nachrichten, wonach China als Vergeltung auf bereits verhängte Strafzölle Washingtons ab Mitternacht Zölle auf US-Waren im Wert von 60 Milliarden Dollar anheben will. Zudem ist Kreisen zufolge der Plan fertig, die USA von Seltenen Erden abzuschneiden, die vor allem für Produkte der Hightech-Industrie wie etwa Smartphones und Computer gebraucht werden. Dass US-Präsident Donald Trump nun auch dem Nachbarland Mexiko als Vergeltung für illegale Migration Strafzölle ankündigte, drückte ebenfalls auf die Laune der Anleger.
Die schlechtere Stimmung ergriff auch den breiteren deutschen Markt: Der MDax (MDAX) der mittelschweren Unternehmen (MDAX) verlor 1,51 Prozent auf 24 544,50 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) gab ebenfalls mehr als ein Prozent nach.
Schwache Vorgaben für die hiesigen Börsen waren zuvor aus Asien gekommen, dort lasteten auch schwache chinesische Konjunkturdaten auf den Kursen. "Der chinesische Einkaufsmanagerindex zeigt eindrucksvoll, wie sehr der anhaltende Handelskonflikt mit den USA die chinesische Wirtschaft bereits belastet", kommentierte Analyst Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.
Europaweit gerieten vor allem die Autobauer in den Sog der schlechten Nachrichten. Börsianer verwiesen auf den seit Monaten schrumpfenden Autoabsatz in China, zudem ist Mexiko ein wichtiger Produktionsstandort für einige Hersteller. Volkswagen (4:VOWG_p), die etwa im mexikanischen Puebla produzieren, verloren als einer der schlechtesten Dax-Werte fast drei Prozent. Auch die übrigen Branchenvertreter gaben deutlich nach, BMW (4:BMWG) rutschten auf den tiefsten Stand seit Herbst 2012.
Das Schlusslicht im Index bildete die Wirecard (4:WDIG)-Aktie mit einem Kursabschlag von zuletzt knapp neun Prozent. Für den Zahlungsabwickler setzt sich die Serie negativer Presseberichte fort: Laut "Handelsblatt" drohen dem Unternehmen Klagen, da der Zahlungsabwickler Dienstleister für betrügerische Trading-Seiten gewesen sein soll. Im Frühjahr war das Papier nach Berichten wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten eingebrochen, Wirecard sah sich später aber nach Ermittlungen durch eine beauftragte Kanzlei entlastet.
Bayer (4:BAYGN)-Aktien rutschten mit mehr als zwei Prozent Kursminus auf den tiefsten Stand seit Sommer 2012. Zum juristischen Gezerre um mögliche Krebsrisiken von Unkrautvernichtern mit dem Wirkstoff Glyphosat gesellt sich nun ein weiteres Problem hinzu. Die US-Tochter Monsanto (NYSE:MON) sieht sich in Kalifornien mit einer Klage wegen angeblich vor Jahrzehnten entstandener Umweltschäden konfrontiert. Der Landkreis Los Angeles will den Konzern an den Kosten für die Säuberung verunreinigter Gewässer beteiligen. Bayer prüft die Klage, geht aber nach eigenen Angaben davon aus, dass die Vorwürfe haltlos seien.
In den hinteren Börsenreihen stachen die Papiere von Dialog Semiconductor (4:DLGS) mit Kursverlusten von mehr als drei Prozent am MDax-Ende hervor. Der Chipentwickler wurde laut einem Händler von einer Verkaufsempfehlung der Bank of America (NYSE:BAC) belastet.