Istanbul/Berlin (Reuters) - Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu will sich von seinem Wahlkampfauftritt in Deutschland nicht abbringen lassen.
Niemand werde verhindern können, dass er am Nachmittag nach Hamburg fliegen werde, sagte er am Dienstag vor ausländischen Diplomaten in Istanbul. Die Türkei werde die nötigen Antworten geben, wenn man sich ihr gegenüber feindlich verhalte. Cavusoglu reagierte empört auf die von den Hamburger Behörden verfügte Schließung einer Halle, in der er auftreten und für das umstrittene Verfassungsreferendum in der Türkei werben wollte. Der Veranstaltungsort Plaza Event Center wurde wegen einer fehlenden Brandmeldeanlage gesperrt.
Inzwischen ist nach Angaben des Außenministeriums geplant, dass Cavusoglu am Abend (19.00 Uhr) in der Residenz des türkischen Generalkonsuls auftritt. Da sich diese im Besitz des türkischen Staates befindet, handelt es sich um ein exterritoriales Gelände, für das das kommunale Versammlungsrecht nicht gilt. Ein Sprecher der Innenbehörde sagte, die Polizei müsse wegen erwarteter Proteste dennoch prüfen, ob die Sicherheit gewährleistet werden könne. Ressortchef Andy Grote (SPD) hatte sich am Montag gegen einen Auftritt des Außenministers ausgesprochen.
Cavusoglu wiederholte am Dienstag in der Tageszeitung "Hürriyet" den umstrittenen Nazi-Vergleich von Präsident Recep Tayyip Erdogan. "Sie versuchen, alle unsere Programme zu verhindern, indem sie einen bisher ungekannten Druck ausüben. Das ist ein komplett repressives System. Alle diese Praktiken erinnern an die Nazi-Zeit." Betreiber privater Veranstaltungshallen würden unter Druck gesetzt. Die deutschen Behörden wollten damit einen Erfolg der Verfassungsreform verhindern, die die Macht bei Erdogan konzentrieren soll. "Ich werde gehen. Niemand kann mich aufhalten", sagte Cavusoglu. Er kritisierte nach dem generellen Auftrittsverbot in den Niederlanden und Österreich, dass Europa "in der Hand von rassistischen Parteien" sei und in eine Zeit wie vor dem Zweiten Weltkrieg zurückfalle.
CAVUSOGLU WILL "FREUND" GABRIEL TREFFEN
Die Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder vor Vertretern der rund drei Millionen Deutsch-Türken sorgen seit Wochen für Diskussionen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel sprachen sich am Montag gegen ein generelles Auftrittsverbot aus. Die Entscheidung liegt bei den Kommunen. Merkel hatte zugleich den Nazi-Vergleich Erdogans verurteilt. Ähnlich äußerte sich nun Finanzminister Wolfgang Schäuble. "Es wäre klug, wenn Präsident Erdogan einen Weg findet, dies aus der Welt zu schaffen." Man wolle keine Eskalation. "Wir können aber nicht akzeptieren, dass in einer solchen Weise über Deutschland geredet wird."
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warf Erdogan vor, die Eskalation aus Schwäche zu suchen. Erdogan habe die Türkei wirtschaftlich fast ruiniert. "Sie wollen Feindbilder schaffen, um von den eigenen schweren Versäumnissen abzulenken."
Trotz des Streits will sich Cavusoglu am Mittwoch nach eigenen Worten mit seinem "Freund" Gabriel treffen. Er wolle zu keinem Land schlechte Beziehungen haben, auch nicht zur Bundesrepublik. Justizminister Bekir Bozdag sagte in der vergangenen Woche ein Treffen mit seinem deutschen Kollegen Heiko Maas ab, nachdem ein Wahlkampfauftritt in Gaggenau von der Kommune abgesagt worden war.