Berlin, 21. Dez (Reuters) - Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat die US-Sanktionen gegen Firmen kritisiert, die am Bau der Nordstream-2-Pipeline beteiligt sind. "Solche Sanktionen sind ein schwerer Eingriff in die inneren Angelegenheiten Deutschlands und Europas und der eigenen Souveränität. Das lehnen wir entschieden ab," sagte Scholz in einem Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Es sei sehr unverständlich und gehöre sich nicht unter Freunden, die gemeinsam in der Nato miteinander verbunden seien. Vor dem Hintergrund der jüngsten Verständigung zwischen Russland und der Ukraine über den Gastransit durch die Ukraine käme dies zudem zu einem falschen Zeitpunkt, so Scholz. "Die Europäische Union und Deutschland haben sehr dabei mitgeholfen, dass diese Vereinbarung jetzt noch vor dem Jahresende zustande kommt. Deshalb ist das nicht nur falsch, sondern auch politisch unklug."
Gegenmaßnahmen lehnt die Bundesregierung ab. "Es ist jetzt erstmal Sache des Unternehmens und der Unternehmen, die an dem Bau der Pipeline beteiligt sind, die nächsten Entscheidungen zu treffen. Für uns ist klar, dass wir das nicht akzeptieren werden, dass eine solche Sanktion verhängt wird, und der amerikanischen Regierung das auch bei allen Gesprächen und bei allen Gelegenheiten deutlich machen werden." Dass die jetzt verhängten Sanktionen den Ausbau der Ostsee-Pipeline nachhaltig verhindern werden, hält Vizekanzler Scholz dennoch für sehr unwahrscheinlich.
Das Nord-Stream-2-Konsortium will die Ostsee-Gaspipeline trotz Sanktionen so bald wie möglich weiterbauen. US-Präsident Donald Trump hatte das Gesetz zur Verteidigungspolitik am Freitag unterzeichnet, nachdem es in den vergangenen Tagen vom Kongress verabschiedet worden war. Nord Stream 2 ist die zweite Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland. Die Trump-Regierung lehnt wie vor ihr die Regierung von Barack Obama das Projekt ab. Sie begründet dies mit der Furcht, dass die Europäer sich von russischen Lieferungen abhängig machen würden. Zugleich wollen die USA eigenes Erdgas nach Europa verkaufen.
Hinter dem Pipeline-Projekt steht der russische Staatskonzern Gazprom GAZP.MM , der die Hälfte der geplanten Gesamtkosten von 9,5 Milliarden Euro stemmen soll. Die andere Hälfte finanzieren fünf europäische Energieunternehmen, wie Wintershall Dea WINT.UL , OMV (DE:OMVV) OMVV.VI sowie Uniper UN01.DE , Royal Dutch Shell RDSa.L und Engie ENGIE.PA .