- von Kate Holton
London (Reuters) - Um Europas größten TV-Konzern Sky entbrennt eine Übernahmeschlacht.
Mitten in die Bemühungen des Medienmoguls Rupert Murdoch und des Unterhaltungsriesen Walt Disney (NYSE:DIS) um die Bezahlfernsehkette platzt der größte US-Kabelnetzbetreiber Comcast mit einem umgerechnet 25 Milliarden Euro schweren Gegengebot. Der Eigner des Senders NBC und des Filmstudios Universal Pictures legte am Dienstag überraschend 12,50 Pfund je Sky-Aktie auf den Tisch. Murdochs Medienkonzern Twenty-First Century Fox, der bereits 39 Prozent an Sky hält, hat den übrigen Aktionären lediglich 10,75 Pfund je Anteilsschein angeboten. Murdoch will eigentlich nach einem Kauf Sky und weitere Teile von Fox an Disney weiterreichen und sich im Gegenzug an dem weltgrößten Unterhaltungsanbieter beteiligen.
Die Aussicht auf ein Übergreifen des Fusionsfiebers im US-Medienmarkt auf Europa beflügelte an den europäischen Börsen die Aktien der gesamten Branche. "Das könnte ein Vorzeichen dessen sein, was aus den USA herüberkommt", sagte der Marktexperte Jasper Lawler vom Handelshaus London Capital Group. Die Sky-Titel legten in London um 21 Prozent zu und erreichten den höchsten Stand seit mehr als 17 Jahren. Anleger handelten sie für bis zu 13,35 Pfund und machten damit deutlich, dass sie mit einem noch höheren Gebot rechnen, als Comcast unterbreitet hat. Der Hedgefonds-Manager Crispin Odey lobte die Comcast-Offerte als "fantastisch" und rechnet nach eigenen Angaben damit, das Murdoch sein Angebot aufstockt. Die Titel des britischen Sky-Konkurrenten ITV kletterten um 3,7 Prozent, in Italien stiegen Mediaset um drei Prozent und in Deutschland ProSiebenSat.1 um zwei Prozent. Der europäische Branchenindex legte um 1,8 Prozent zu.
ZU GROSSE MARKTMACHT MURDOCHS BEFÜRCHTET
"Wir wollen alles an Sky besitzen und streben danach, mehr als 50 Prozent der Sky-Aktien zu kaufen", erklärte Comcast-Chef Brian L. Roberts. "Sky und Comcast passen perfekt zusammen." Während Comcast zu den führenden Medienkonzernen in den USA zähle, sei Sky stark in Europa. "Durch einen Zusammenschluss beider Unternehmen schaffen wir signifikante Wachstumschancen", sagte Roberts. Zu der Pay-TV-Kette gehören Sender in Großbritannien, Irland, Deutschland, Österreich und Italien. Chancen auf eine Übernahme rechnet sich Roberts nicht nur wegen seines höheren Angebots aus. Er verwies auch darauf, dass der US-Konzerns wegen seiner bisher geringen Präsenz in Großbritannien keine wettbewerbsrechtlichen Probleme befürchte.
Mit dieser Bemerkung traf Roberts seinen Rivalen Murdoch an einer empfindlichen Stelle. Der heute 86-jährige Australier und sein 45 Jahre alter Sohn James - der Verwaltungsratschef von Sky - ringen seit Jahren darum, den Bezahlsender komplett zu übernehmen. Dabei steht ihnen jedoch auch ihr eigener Erfolg im Weg: Weil Sky einen der drei einflussreichsten Nachrichtensender Großbritanniens betreibt und Murdoch der größte Zeitungsverleger des Landes ist, haben Wettbwerbshüter Alarm geschlagen. Marktuntersuchungen zufolge erreicht Murdoch mit seinen Publikationen und Sendern bereits ein Drittel der britischen Bevölkerung. In der Politik schlägt dem Australier zudem besonderer Argwohn entgegen, seit Mitarbeiter einer seiner Zeitungen illegal Telefone abgehört und damit einen Skandal ausgelöst hatten. Wegen der Bedenken, die Murdoch bisher nicht ausräumen konnte, kam das Vorhaben nicht voran.
Unter dem Eindruck der aufstrebenden Online-Videodienste von Netflix und Amazon (NASDAQ:AMZN) jagt in der US-Medienbranche ein Übernahmeversuch den nächsten. Beide Anbieter mischen den Markt auf, indem sie den etablierten TV-Sendern und Kabelnetzbetreibern Kunden abspenstig machen. Diese versuchen, durch Zusammenschlüsse Wettbewerbsvorteile zu erlangen. "Es geht darum: Fressen oder gefressen werden", fasste es ein Branchenexperte vor wenigen Wochen zusammen. So hatten Disney und Murdoch im Dezember eine Vereinigung großer Teile ihrer Geschäfte angekündigt. Der Telekommunikationsriese AT&T bemüht sich um den Medienkonzern Time Warner (NYSE:TWX). Die Medienriesen Viacom und CBS loten ebenfalls eine Fusion aus. In Europa mit seiner Vielzahl an Staaten und Sprachen mit unterschiedlichen Regulierungs- und Senderechtevorgaben war diese Welle bisher kaum zu spüren.