Deutliche Kritik hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) an den neuen Vorschlägen der EU-Kommission geübt, das geplante Verbot von Roaming-Gebühren auf 90 Tage im Jahr zu beschränken. "Das versprochene Ende der Roaming-Gebühren für Verbraucher wird mit dem jetzigen Vorschlag der Kommission nicht erfüllt", monierte vzbv-Chef Klaus Müller.
Die Einschränkung entspreche weder der Realität noch dem Alltag eines Verbrauchers mit Blick auf Urlaub und berufsbedingte Aufenthalte im EU-Ausland, erklärte Müller. Das gelte auch für die vorgesehene Regel, dass der Wegfall der Gebühren nur dann gewährleistet sein soll, wenn sich Verbraucher spätestens nach 30 Tagen wieder in ihr Heimatnetz einloggen.
Die EU-Kommission rechtfertigte ihre Pläne am Dienstag vor allem damit, dass sie Missbrauch verhindern wolle. "Wenn jemand eine SIM-Karte in einem EU-Mitgliedsstaat kauft und damit die ganze Zeit in seinem Heimatland telefoniert, dann ist das Missbrauch", erläuterte eine Sprecherin in Brüssel.
Die Idee, die Roaming-Gebühren abzuschaffen, sei besonders für Reisende in der EU gedacht, und die überwältigende Mehrheit der Europäer reise weniger als 90 Tage im Jahr, ergänzte die Sprecherin. Mobilfunkanbietern stehe es überdies frei, ihren Kunden auch längere Zeiträume anzubieten, in denen sie fürs Telefonieren und Surfen im Internet im europäischen Ausland keine Zusatzgebühren berechnen.
Roaming-Gebühren sollen nach den Plänen der EU ab Mitte Juni 2017 ganz entfallen - von zeitlichen Einschränkungen war bislang nicht die Rede. Die 90-Tage-Regelung war am Montag bekannt geworden, als die EU-Kommission den Entwurf für die Umsetzung vorgestellt hatte. Ihre Pläne muss die Kommission noch mit den Mitgliedstaaten abstimmen.
Harsche Kritik äußerte auch Michel Reimon, netzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament: "Ein gemeinsames Europa darf nicht bei der Telefonrechnung enden", erklärte er. 90 Tage Roaming im Jahr seien "eine Farce" und eine vergebene Chance, ein gemeinsames Europa weiter voranzutreiben. "Einen gemeinsamen digitalen Binnenmarkt im Interesse der Bürger wird es so nicht geben."