Frankfurt (Reuters) - Widersprüchliche Signale zur Geldpolitik haben die Devisenmärkte am Mittwoch in Aufregung versetzt.
Der Euro stieg zunächst auf 1,1390 Dollar und erreichte damit wieder das Niveau vor dem Brexit-Referendum für einen britischen EU-Austritt vor rund einem Jahr. Aussagen von EZB-Insidern nahmen den anfänglichen Spekulationen auf eine straffere Geldpolitik allerdings den Wind aus den Segeln. Daraufhin fiel die Gemeinschaftswährung binnen Minuten um rund einen halben US-Cent und kostete am Abend 1,1356 Dollar. Beim Pfund Sterling wetteten Investoren dagegen auf eine baldige Zinserhöhung und trieben die Währung etwa einen US-Cent in die Höhe auf 1,2925 Dollar.
Unterdessen notierten Dax und EuroStoxx50 jeweils knapp im Minus bei 12.647,27 und 3537,55 Punkten. An der Wall Street legten Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 dagegen bis zu 0,8 Prozent zu.
Anleger hätten die jüngsten Aussagen Mario Draghis überinterpretiert, sagten mit den Überlegungen des EZB-Chefs vertraute Personen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank habe lediglich darauf hingewiesen, eine schwache Inflation für eine Weile tolerieren zu wollen. Es sei kein Signal für eine baldige Straffung der Geldpolitik. Die EZB wollte sich zu diesem Thema nicht äußern.
"Da ist wohl was schiefgelaufen bei der EZB-Kommunikation", sagte ein Börsianer. "Mehr Verwirrung als Nutzen." Investoren hatten Draghis optimistische Aussagen zur Konjunktur als Fingerzeig gedeutet, dass die Notenbank im September eine Drosselung ihrer Anleihekäufe ankündigen könnte. Aktuell pumpt die Notenbank monatlich 60 Milliarden Euro in die Finanzmärkte.
Überrascht reagierten Investoren auch auf Aussagen von Mark Carney. Der Chef der Bank von England (BoE) sagte, eine Zinserhöhung würde "in den kommenden Monaten" diskutiert. In der vergangenen Woche hatte er einem baldigen Schritt noch eine Absage erteilt.
YELLEN-REDE UND TRUMP-SCHLAPPE SETZEN DOLLAR ZU
Parallel dazu notierte der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, mit 95,967 Punkten zeitweise so niedrig wie zuletzt vor knapp acht Monaten. US-Notenbankchefin Janet Yellen hatte am Dienstag bekräftigt, dass der Leitzins behutsam angehoben werden soll. "Der Markt fühlt sich entsprechend in seiner Erwartung, dass bis Ende 2018 kaum noch Zinserhöhungen seitens der Fed kommen, bestätigt", sagte Commerzbank-Analystin Antje Praefcke.
Verstärkt werde diese Einschätzung durch den erneuten Rückschlag für die geplante Abschaffung der US-Gesundheitsreform Obamacare, fügte sie hinzu. Der Senat verschob eine Abstimmung darüber. Da es US-Präsident Donald Trump offenbar schwer falle, seine Ideen in den eigenen Reihen durchzusetzen, schwänden die Hoffnung auf eine baldige Umsetzung seiner Steuersenkungs- und Investitionspläne.
FLUGGESELLSCHAFTEN GEFRAGT
Zu den Gewinnern am europäischen Aktienmarkt zählten die Fluggesellschaften. Einen konkreten Auslöser für die Rally konnten Börsianer nicht nennen. "Der niedrige Ölpreis hilft sicher", sagte einer von ihnen. Schließlich entfielen rund ein Drittel aller Kosten auf Kerosin. Lufthansa (DE:LHAG) stiegen in der Spitze auf ein Dreieinhalb-Jahres-Hoch von 20,06 Euro. Air France-KLM waren mit 12,42 Euro zeitweise so teuer wie zuletzt vor sechseinhalb Jahren und die British Airways-Mutter IAG markierte mit 632,5 Pence ein Rekordhoch.
An der Wall Street steuerten Spectranetics mit einem Kursplus von gut 26 Prozent auf den größten Tagesgewinn seit fast 15 Jahren zu. Der niederländische Rivale Philips (DE:PHI1) will die Medizintechnik-Firma für 1,9 Milliarden Euro kaufen.