Eschborn, 03. Feb (Reuters) - Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat sich gegen eine deutliche Anhebung des Inflationsziels der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. "Der Zugewinn an Handlungsfähigkeit könnte kleiner sein als erhofft", sagte er am Montag beim Neujahrsempfang der Deutsche Börse DB1Gn.DE in Eschborn laut Redetext. Bei einer kräftigen Zielanhebung könnten zudem die Inflationserwartungen aus dem Ruder laufen, warnte er. Auch habe eine höhere Inflation Kosten für die Menschen. "Und: Inflation trifft die Schwächsten in der Gesellschaft besonders hart", sagte das EZB-Ratsmitglied. "Meines Erachtens sollten wir unser geldpolitisches Ziel so formulieren, dass es verständlich, vorwärtsgerichtet und realistisch ist."
EZB-Präsidentin Christine Lagarde gab vor kurzem den Startschuss für eine umfassende Überprüfung der Strategie der Notenbank. Im Zentrum steht das Inflationsziel der Euro-Wächter von knapp unter zwei Prozent, dass sie bereits seit Jahren verfehlen. Letztmalig hatte die EZB im Jahr 2003 ihr zentrales Ziel überarbeitet.
Einige Währungshüter sind bereits mit Ideen vorgeprescht. Der Notenbank-Chef der Niederlande, Klaas Knot, und Estlands Notenbank-Gouverneur Madis Müller hatten sich für mehr Flexibilität beim Inflationsziel ausgesprochen. Aus Sicht des im Dezember aus dem Amt geschiedenen Notenbank-Direktors Benoit Coeure sollte die EZB mittelfristig zwei Prozent Teuerung anstreben und dies mit einem Toleranzband versehen.
"KÖNNEN INFLATION NICHT AUF NACHKOMMASTELLE GENAU STEUERN"
Weidmann forderte, dass die Zieldefinition begreifbar und ihre Sinnhaftigkeit nachvollziehbar sein müsse. "'Vorwärtsgerichtet' heißt, dass wir Preisstabilität in der mittleren Frist, also mit Blick nach vorn, gewährleisten sollten." Und realistisch besage, dass die Formulierung bei den Menschen keine Illusionen wecken sollte. "Wir sollten dem Eindruck und dem Anspruch entgegenwirken, dass wir die Inflation auf die Nachkommastelle genau feinsteuern könnten. Denn das können wir nicht." Ähnlich hatte bereits Coeure argumentiert.
Aus Sicht von Weidmann gilt das auch für den Zeithorizont "Wir sollten nicht aufs Quartal genau vorab festlegen, bis wann wir unser Ziel erreichen wollen." Es sei wichtig, flexibel zu bleiben. "Eine realistische und vorwärtsgerichtete Zieldefinition erlaubt der Geldpolitik zu warten, wenn es gute Gründe dafür gibt, und nicht hektisch auf jede Änderung im Datenkranz zu reagieren."