- von Klaus Lauer
Berlin (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft geht mit viel Rückenwind ins neue Jahr. Ökonomen sagen 2018 eine weiter anziehende Konjunktur und das neunte Wachstumsjahr in Folge voraus.
Allerdings laufen an den Finanzmärkten schon Wetten, wann der Aufschwung abebbt. So setzt der Hedgefonds Bridgewater Milliarden auf Kursverluste bei europäischen Großkonzernen. "Ich sorge mich darum, wie der nächste Abschwung aussehen wird, auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass er bald kommen wird", schrieb Bridgewater-Gründer Ray Dalio zuletzt im Internet.
Noch läuft es rund und die deutsche Wirtschaft boomt. Ende 2017 verlor sie zwar leicht an Fahrt - allerdings auf hohem Niveau. Dank kräftig anziehender Exporte stieg das Bruttoinlandsprodukt von Oktober bis Dezember um 0,6 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Im Sommer waren es noch 0,7 Prozent. Das geringere Wachstum sei "nicht der Rede wert", sagte der Chefökonom vom Bankhaus Lampe, Alexander Krüger. "Der deutsche Wachstumsturbo ist und bleibt eingeschaltet." Im Gesamtjahr 2017 legte Europas größte Volkswirtschaft um 2,2 Prozent zu - das ist das kräftigste Plus seit 2011. Für dieses Jahr erwartet das Ifo-Institut sogar 2,6 Prozent.
Impulse kamen im Schlussquartal überwiegend vom Export. Während der Staat seine Konsumausgaben erhöhte, lag der private Verbrauch in etwa auf dem Niveau des Vorquartals. Unternehmen investierten in Maschinen und Anlagen etwas mehr als zuletzt - in Bauten hingegen etwas weniger.
DEUTSCHLAND UND EURO-ZONE GLEICHAUF - ITALIEN HINTENDRAN
Auch die gesamte Euro-Zone legte im Gleichschritt mit Deutschland Ende 2017 um 0,6 Prozent zu. Damit ist der Währungsraum beim Wachstum auch auf Augenhöhe mit den USA. Unterdurchschnittlich entwickelt sich wie schon in den vergangenen Jahren Italien. Die nach Deutschland und Frankreich drittgrößte Volkswirtschaft im Euro-Raum legte nur um 0,3 Prozent zu. "Es läuft zwar besser, aber sie steigen nicht gerade wie Phönix aus der Asche", sagte BayernLB-Expertin Verena Strobel. Italien wählt am 4. März ein neues Parlament. Es wird aber wohl keiner der drei großen Blöcke eine ausreichende Mehrheit zum Regieren bekommen. Fachleute rechnen deshalb mit schwierigen Koalitionsgesprächen.
An den Finanzmärkten wächst zudem die Einsicht, dass der Aufschwung in Europa nicht ewig halten wird. Bridgewater hat seit Ende Januar sogenannte Leerverkaufspositionen bei zahlreichen Dax-Konzernen aufgebaut, darunter Deutsche Bank (DE:DBKGn), Allianz (DE:ALVG), BASF (DE:BASFN) und Siemens (DE:SIEGn), wie aus Veröffentlichungen im Bundesanzeiger hervorgeht. Die Wetten auf Kursverluste bei insgesamt 13 Dax-Konzernen beliefen sich zuletzt auf fast sechs Milliarden Euro. Auch in Frankreich, Italien, den Niederlanden und Spanien hat der mit einem verwalteten Vermögen von 160 Milliarden Dollar weltgrößte Hedgefonds hohe Summen im Feuer. Womöglich positioniert sich Bridgewater damit für einen Wirtschaftsabschwung in Europa.
Bisher signalisieren aber noch viele Daten, dass die globale Konjunktur brummt: Das Weltwirtschaftsklima ist laut einer Ifo-Umfrage so gut wie seit Herbst 2007 nicht mehr. "Der weltweite Aufschwung verfestigt sich", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Dies bekommt auch die deutsche IT- und Telekommunikationsbranche zu spüren - mitsamt der negativen Folgen. Die Zahl der Mitarbeiter werde 2018 Jahr zwar um 3,8 Prozent oder 42.000 auf 1,134 Millionen steigen, teilte der Verband Bitkom mit. Die Firmen litten aber unter Fachkräftemangel. So sind Bitkom zufolge derzeit 55.000 Stellen für IT-Spezialisten unbesetzt.