Cyber-Monday-Deal: Bis zu 60% Rabatt auf InvestingProJETZT ZUGREIFEN

ROUNDUP: Wirtschaftsforscher wollen Reiche in der Krise zur Kasse bitten

Veröffentlicht am 11.07.2012, 17:14
Aktualisiert 11.07.2012, 17:16
BERLIN (dpa-AFX) - Berliner Wirtschaftsforscher wollen in der Eurokrise die Reichen zur Kasse bitten. Gut betuchte Bürger könnten aus Sicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) mit Zwangsanleihen und Vermögensabgaben die hohen Staatsschulden finanzieren. Andere Wirtschaftsforscher kritisierten die Vorschläge für eine Reichenabgabe als populistisch. Auch die Bundesregierung sieht in Zwangsanleihen kein Modell für Deutschland - eher für andere Staaten. Rückenwind gibt es dagegen für Anhänger einer Vermögenssteuer.

Hintergrund des DIW-Vorschlags: In den Euro-Krisenländern wie auch in Deutschland horteten die Bürger viel mehr Vermögen, als ihr Staat Schulden hat - sollen die Regierungen doch zugreifen, meint das DIW. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus, sagte, Deutschland habe 'keinerlei Probleme' mit dem Steueraufkommen. Die Frage stelle sich eher für Staaten, in denen Steueraufkommen und Privatvermögen in einem Missverhältnis stünden.

Steuerpflichtig wären dem DIW-Rechenbeispiel zufolge die reichsten acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland mit mehr als 250 000 Euro Privatvermögen, bei Ehepaaren 500 000 Euro. 'Wenn die Bürger zehn Prozent des übersteigenden Wertes abliefern, könnte das ein Aufkommen von neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts erbringen, also rund 230 Milliarden Euro', erklärte DIW-Fachmann Stefan Bach.

Besonders Länder wie Griechenland, Spanien oder Italien könnten auf diese Weise viele Schulden tilgen. Eine konkrete Schätzung des Aufkommens sei mangels Daten zwar nur schwer möglich, heißt es beim DIW. Statistiken zeigten aber, dass auch dort beträchtliche Privatvermögen vorhanden seien, die die Staatsschulden deutlich überstiegen.

'Der Staat kann das Vermögen entweder durch eine einmalige Abgabe, die dann sukzessive abgezahlt wird, belasten', sagte Bach. 'Man könnte das aber auch mit einer Zwangsanleihe kombinieren, indem die betroffenen Abgabepflichtigen Schulden übernehmen müssen.'

Je nachdem, wie weit der Staat mit dem Schuldenabbau komme, könne er die Anleihen zurückzahlen und verzinsen. Andernfalls gehe die Anleihe in eine Vermögensabgabe über - sprich: Der Bürger sieht sein Geld nicht wieder.

Allein in Deutschland stehen Bund, Länder und Kommunen mit mehr als zwei Billionen Euro in der Kreide. Jahrzehntelang habe es zu hohe Ausgaben oder zu niedrige Steuern gegeben, hob das DIW hervor. Auch deshalb seien Vermögensabgaben gerecht: Sie träfen vor allem die Älteren; und die hätten ja von der Schuldenpolitik profitiert.

Die Bürger sind jedoch skeptisch. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Wochenzeitung 'Die Zeit' sieht nur ein gutes Drittel der Deutschen in einer europaweiten einmaligen Vermögensabgabe eine Lösung für die Euro-Krise.

Vom 'Beitrag zur nachhaltigen Lösung der Krise' bis zum Griff 'tief in die rote Mottenkiste' reichten am Mittwoch die politischen Reaktionen auf den DIW-Vorschlag. Außerdem wurden Forderungen laut, die Vermögenssteuer wieder einzuführen. 'Es kann nicht sein, dass sich große Vermögen kaum noch an der Finanzierung des Staates beteiligen', sagte der Berliner SPD-Chef Jan Stöß der Nachrichtenagentur dpa.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft kritisierte speziell den Anleihen-Vorschlag. 'Vergessen wird dabei, dass private Vermögen hierzulande dazu verwendet werden, die Wirtschaft am Laufen zu halten.' Zudem erreichten die Steuereinnahmen immer neue Höchststände. Ein Liquiditätsproblem sieht auch der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, nicht. Dem DIW warf er in der 'Saarbrücker Zeitung' (Donnerstag) Populismus vor./bf/DP/hbr

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.