Baku/Eriwan (Reuters) - In der zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Kaukasus-Region Bergkarabach spitzt sich einen Tag nach dem Inkrafttreten einer Waffenruhe die Lage wieder zu.
Aserbaidschan erklärte am Sonntag, Luftangriffe auf ein Regiment aus der Enklave geflogen zu haben, die zu große Verlusten geführt hätten. Ein Sprecher der Führung in Bergkarabach widersprach dieser Darstellung. Aserbaidschan warf Armenien zudem vor, seine zweitgrößte Gandscha in den frühen Morgenstunden mit Granaten beschossen zu haben. Dabei seien neun Menschen getötet und 34 verletzt worden.
Ein Sprecher des armenischen Verteidigungsministerium wies den Vorwurf als “absolute Lüge” zurück. Er warf seinerseits Aserbaidschan vor, Wohngebiete in Bergkarabach unter Beschuss zu nehmen. Betroffen sei auch die größte Stadt Stepanakert. Der Anführer der Kämpfer in Bergkarabach, beschrieb die Lage am Morgen als angespannt, aber noch relativ ruhig. Er warf den aserbaidschanischen Streitkräften vor, sie versuchten, die Kontrolle über die Stadt Hadrut zu bekommen - allerdings ohne Erfolg.
Unter Vermittlung Russlands hatten sich die Außenminister Armeniens und Aserbaidschans in Moskau in der Nacht zu Samstag auf die Waffenruhe verständigt. Danach sollen auch Gefangene ausgetauscht und die Leichen von bei den Kämpfen getöteten Menschen übergeben werden. Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu forderte seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow am Sonntag nach Angaben seines Ministeriums in einem Telefonat auf, die Armenier zum Einhalten der Waffenruhe aufzufordern. In den am 27. September ausgebrochenen Kämpfen zwischen der aserbaidschanischen Armee und armenischen Kämpfern in Bergkarabach sollen Hunderte Menschen ums Leben gekommen sein.
In Bergkarabach im Südkaukasus leben überwiegend christliche Armenier, die dortige Führung wird von der armenischen Regierung in Eriwan unterstützt. Völkerrechtlich gehört das Gebiet zum mehrheitlich islamischen Aserbaidschan, von dem es sich jedoch 1991 losgesagt hatte. Da Armenien mit Russland verbündet ist und Aserbaidschan von der Türkei unterstützt wird, droht eine Ausweitung des Konflikts über die Region hinaus mit weitreichenden Folgen auch für die Wirtschaft. Durch den Südkaukasus laufen wichtige Erdgas- und Öl-Pipelines.