Berlin, 28. Apr (Reuters) - Der Verfassungsschutz nimmt die sogenannte Querdenker-Szene jetzt bundesweit ins Visier. Das teilte das Kölner Bundesamt am Mittwoch mit. Dazu wurde einer Mitteilung zufolge ein neuer Ermittlungsbereich mit dem Titel "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" eingerichtet. In der Querdenker-Szene "werden Verbindungen zu Reichsbürger- und Selbstverwalter-Organisationen sowie Rechtsextremisten in Kauf genommen oder gesucht, das Ignorieren behördlicher Anordnungen propagiert und letztlich das staatliche Gewaltmonopol negiert", erklärte die Ermittlungsbehörde. Die "diesbezüglich relevanten Akteure" würden daher nun beobachtet.
Die sogenannten Querdenker zweifeln vielfach die Existenz des Coronavirus an oder halten die Folgen einer Infektion für nicht gefährlich. Daher lehnen sie auch die von Bund und Ländern auferlegten Einschränkungen des öffentlichen Lebens ab. Regelmäßig ruft die Bewegung zu Demonstrationen auf, wie auch am Mittwoch vergangener Woche, als der Bundestag die bundesweit gültige "Notbremse" beschloss. Die Regelung sieht ab bestimmten Sieben-Tages-Inzidenzen automatisch Ausgangssperren, die Schließung des Einzelhandels sowie Schulschließungen vor.
Im Messengerdienst Telegram kursieren laut einer Warnung des Bundeskriminalamtes Todesdrohungen gegen Mitglieder des Bundestages, die für diese bundeseinheitliche Regelung der Corona-Notbremse gestimmt haben. Das BKA sehe darin "erst mal keine Gefährdung für Abgeordnete", informierte die Sicherheitsbeauftragte der SPD-Fraktion die Mitglieder ihrer Fraktion in einem Schreiben, das Reuters vorlag und über das zuerst der "Tagesspiegel" berichtete. Das öffentlich zugängliche namentliche Abstimmungsergebnis sei über Telegram als Dokument mit der Bezeichnung "Todesliste deutscher Politiker" veröffentlicht worden.