- von Christine Kim
Seoul/Pyeongchang (Reuters) - Zu Beginn der Olympischen Winterspiele in Südkorea hat Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In zu einem Staatsbesuch nach Pjöngjang eingeladen.
Kims jüngere Schwester Kim Yo Jong habe die Einladung in einem Brief ihres Bruders bei einem Treffen und Mittagessen in Moons Amtssitz überbracht, teilte das südkoreanische Präsidialamt am Samstag mit. Moon deutete die Bereitschaft an, die Einladung zu einem ersten Gipfeltreffen seit mehr als zehn Jahren anzunehmen. Beide Staaten nehmen die Olympischen Spiele zum Anlass, den innerkoreanischen Dialog wieder in Gang zu bringen. Die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA bezeichnete das Gespräch Kim Yo Jongs mit Moon als "offen und ehrlich". Sie ist das erste Mitglied der nordkoreanischen Herrscher-Familie, das den Süden besucht. Kim gehört auch der Parteiführung in Nordkorea an.
IOC-MITGLIED: FRIEDENSNOBELPREIS FÜR KOREANISCHE MANNSCHAFT
Kim und Moon schauten sich später zusammen mit dem protokollarischen Staatschef Nordkoreas, Kim Yon Nam, das Spiel der gemeinsamen koreanischen Mannschaft im Frauen-Eishockey an. Sie verlor zwar gegen die Schweiz, gewann aber die Sympathie der Zuschauer, unter denen Fans aus dem Süden und eine Jubelgruppe aus dem Norden die Spielerinnen anfeuerten.
Diese Mannschaft beider Staaten, die seit den Beginn der 1950er Jahre offiziell noch immer im Kriegszustand sind, sollte nach den Worten eines ranghohen US-Mitglieds des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) für den Friedensnobelpreis nominiert werden. Angela Ruggiero wurde mit der Frauennationalmannschaft der USA im Eishockey viermal Weltmeisterin sowie Olympiasiegerin und ist jetzt Mitglied im IOC-Direktorium. "Ich würde es gern sehen, wenn die Mannschaft den Friedensnobelpreis bekommt", sagte Ruggiero am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters.
HÄNDESCHÜTTELN BEI ERÖFFNUNGSZEREMONIE OHNE PENCE
Die Annäherung der beiden koreanischen Staaten war im Vorfeld der Olympischen Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang in Gang gekommen. Nordkorea schickte ein Sportteam und eine Delegation politischer Vertreter zu den Spielen. Dazu gehört auch Kims Schwester, die neben dem nominellen Staatsoberhaupt Nordkoreas, Kim Yong Nam, am Freitag die Eröffnungszeremonie besuchte. Dabei zogen die Athleten der beiden koreanischen Staaten gemeinsam ins Stadion ein. Während Moon dabei freundlich lächelnd mit Kim die Hände schüttelte, vermied US-Vizepräsident Mike Pence einen direkten Kontakt mit der nordkoreanischen Delegation.
Pence hatte kurz zuvor er die Absicht der USA bekräftigt, den Druck auf Nordkorea mit weiteren Sanktionen zu erhöhen. Auch Moon stehe hinter diesem Vorgehen. Pence besuchte vor seiner Abreise noch ein Rennen der Eisschnellläufer. An seiner Seite war Moon, der den Sieg der Südkoreanerin Lim Hyojun im Shorttrack sah. Später verfolgte Moon das Spiel der gemeinsamen koreanischen Eishockey-Frauenmannschaft gegen die Schweiz.
In den USA waren nach Kims Gesprächsangebot im Januar Bedenken laut geworden, dass Nordkorea damit einen Keil zwischen Südkorea und die USA treiben will. Moon machte aber damals deutlich, dass es keine Differenzen mit dem engen Verbündeten in der Frage gebe, wie auf die Bedrohung durch Nordkorea zu reagieren sei. Wegen des international geächteten Raketen- und Atomprogramms Nordkoreas hatten sich die Spannungen zwischen der Führung in Pjöngjang und den USA im vergangenen Jahr immer weiter erhöht. Beide Seiten überzogen sich gegenseitig mit massiven Drohungen.