Die Spannungen im Persischen Golf nehmen zu. Das ist die Botschaft, die einem aus allen Medien entgegenschallt. Die Vereinigten Staaten verstärken ihre Marine und Luftstreitkräfte in der Region und evakuieren verzichtbares Personal aus dem Irak. Die Rhetorik der iranischen Führung verhärtet sich, als sie jetzt die Schließung der Seestraße von Hormus ankündigt und die iranischen Revolutionswächter Statements abgeben, wie “Sollten [die Amerikaner] einen Zug machen, dann werden wir sie ins Gesicht schlagen.”
Trotz alledem haben die Ölmärkte, die traditionell sehr sensibel auf mögliche Konflikte in der Region um den Persischen Golf reagieren, bislang nicht übermäßig auf diese Nachrichten reagiert. Am Sonntag wurden vier Öltanker, die in der Nähe des Hafens Fujairah in den VAE geparkt waren, “sabotiert” und haben Schäden an ihren Außenwänden erlitten. Die Ölpreise stiegen daraufhin um lediglich 2% an, bevor auch diese Gewinne wieder dahin waren.
Am Dienstagmorgen wurden zwei Pumpstationen entlang der Ost-West-Pipeline, die Saudi-Arabien durchquert, von bewaffneten Drohnen attackiert. Die Pipeline musste geschlossen werden, aber die Preise kletterten am Morgen nur um 1,5%. Und bis zum Ende des Handels am Dienstag gingen die meisten dieser Gewinne wieder verloren.
Berichte machten die Runde, dass die Vereinigten Staaten an einem Plan arbeiten könnte, 120.000 Soldaten in den Nahen Osten zu schicken, was US-Präsident Trump später dementierte und doch reagierten die Ölpreise nicht. Den Schlagzeilen nach steuern die USA und der Iran auf einen bewaffneten Konflikt zu, aber den Ölmarkt scheint das kaum zu bewegen. Und hier sind die Gründe:
1. Händler wissen, Schlagzeilen dienen dazu Klicks anzulocken und Kontroversen zu schaffen.
Die Schäden an der Infrastruktur durch die beiden Vorfälle stellten sich als weitaus weniger schwer heraus, als anfänglich berichtet. In Wirklichkeit waren sie geringfügig und hatten keine Folgen für die Ölproduktion oder den Export — keines der vier Schiffe, die Schäden erlitten, transportierte Öl. Die Schäden an den Pumpstationen waren gering und die Pipeline nahm am nächsten Tag wieder ihren normalen Betrieb auf.
Satellitenbilder beider Vorfälle von TankerTrackers.com ließen schnell Fragen über die angebliche Ernsthaftigkeit aufkommen und halfen klarzustellen, dass diese Ereignisse die Öllieferungen nicht beeinträchtigen werden. Die Händler sind abgestumpft geworden über Statements saudischen oder iranischen Ursprungs, die bedeutende Angriffe behaupten, nur um dann zu erfahren, dass die Vorfälle in Wirklichkeit relativ unwesentlich waren und für das Ölangebot keine Relevanz haben.
2. Die Märkte sind zur Zeit viel stärker mit den Handelsgesprächen zwischen den USA und China beschäftigt.
Auch wenn die Verhandlungen nicht zusammengebrochen sind, eine Einigung ist nicht zustande gekommen und beide Länder heben die Zölle gegen Waren aus dem jeweils andern Land weiter an. Die Sorge ist, dass der Handelskrieg zu einer Rezession führen könnte, die die Ölpreise drücken würde. Diese Sorgen liegen den Händlern viel stärker auf dem Gemüt als das Säbelrasseln am Persischen Golf.
3. Die Händler sind zur Zeit weitaus stärker an der Nachfrage als an dem Angebot interessiert.
Der statistische Monatsbericht der OPEC zum April, sagt voraus, dass die Ölnachfrage in 2019 nur 1,21 Mio Fass am Tag (barrels per day, bpd) über der des letzten Jahres liegen wird. Am Mittwoch veröffentlichte die IAE ihre neueste Prognose für das Wachstum der Nachfrage und senkte ihre bisherige dabei ihren Wachstumsausblick um 90.000 bpd auf nur noch 1,3 Mio bpd. Dies hat jegliches Potential beim Ölpreis begrenzt.
4. Die Märkte warten ab, was die OPEC entscheiden wird.
Der Ministerialausschuss (JMMC) des Kartells wird Ende dieser Woche eine Sitzung abhalten und dort den Fortschritt bei der Erreichung des Ziels einer Verminderung der weltweiten Ölvorräte auswerten. Es ist allerdings nicht wahrscheinlich, dass der Ausschuss eine Empfehlung darüber abgeben wird, ob die OPEC und ihre Partner an ihrer aktuellen Produktionsvereinbarung festhalten sollten. Diese Entscheidung wird wahrscheinlich erst Ende Juni fallen, wenn das Kartell einen Gipfel in Wien abhält.
PS: Mit unseren Apps sind Sie immer auf dem aktuellen Stand, dass Sie einfach überall das Marktgeschehen beobachten können.
Laden Sie noch heute die kostenfreie App von Investing.com herunter und überzeugen Sie sich selbst.