Manche würden uns wahrscheinlich als Masochisten bezeichnen – und das nicht ganz zu Unrecht. Unsere früheren Artikel über Bitcoin und Kryptowährungen haben scharfe Reaktionen ausgelöst, begleitet von Buhrufen und nicht gerade freundlichen Kommentaren aus der Krypto-Community.
Doch entgegen der Annahme vieler Kritiker sind wir in Bezug auf Kryptowährungen keineswegs voreingenommen. Wir sind offen für die Diskussion, nehmen uns aber die Freiheit, auch auf Aspekte hinzuweisen, die viele Krypto-Befürworter lieber ignorieren oder nicht thematisieren.
Kürzlich haben wir einen Artikel mit dem Titel „Woher kommt das Geld?“ veröffentlicht, in dem wir erklärt haben, wie Geld entsteht. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Einige Leser argumentierten, dass Bitcoin echtes Geld sei und den US-Dollar ersetzen sollte. Genau hier setzen wir an – und erklären, warum wir das für äußerst unwahrscheinlich halten.
Bitcoin ist Geld
Bitcoin ist Geld. Hätten Sie gedacht, dass unser Artikel mit dieser Aussage beginnt?
Aber auch Salz und Kupfer waren einst Geld. Genau wie Tee, Gold und sogar Kühe. Tatsächlich kann fast alles als Geld dienen – denn Geld ist im Grunde jeder Gegenstand, den Menschen für den Austausch von Waren und Dienstleistungen akzeptieren.
Bitcoin wird bereits in vielen Transaktionen genutzt. Einige Sportstars und Hollywood-Prominente lassen sich sogar in Bitcoin bezahlen. Doch genau wie Tee oder Gold mag Bitcoin als Tauschmittel fungieren – als gesetzliches Zahlungsmittel gilt er jedoch nicht.
In den USA ist der US-Dollar (USD) die einzige offizielle Währung. Während einige Marktteilnehmer davon ausgehen, dass Bitcoin den Dollar eines Tages verdrängen könnte, übersehen sie dabei grundlegende Schwächen. Genau diese Schwachstellen sind entscheidend, um zu verstehen, warum Bitcoin wohl kaum den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels erreichen wird.
Das Wachstum der Geldmenge ist entscheidend
In der Vergangenheit, lange bevor das heutige Finanzsystem entstand, wurden Gold, Silber, Salz, Muscheln und viele andere Gegenstände weltweit als Geld oder sogar als gesetzliches Zahlungsmittel genutzt.
Ein interessantes Beispiel zeigt eine Abbildung der Atlanta Fed: In einigen asiatischen Volkswirtschaften wurden Teeziegel tatsächlich als Zahlungsmittel verwendet.
Diese verschiedenen Formen von Warengeld erfüllten über Jahre, Jahrzehnte und in manchen Fällen sogar Jahrhunderte lang ihren Zweck. Sie erleichterten den Austausch von Waren und Dienstleistungen und boten eine Alternative zum direkten Tauschhandel, der ohne ein allgemein anerkanntes Zahlungsmittel oft unpraktisch war. Dennoch hatten sie alle erhebliche Schwächen.
Kühe etwa sind schwer zu transportieren und nicht ohne Weiteres aufzuteilen. Salz kann sich auflösen, ist aber gleichzeitig in großen Mengen verfügbar. Gold wiederum war zwar über Jahrhunderte eines der bevorzugten Zahlungsmittel, doch seine Lagerung und Teilbarkeit waren problematisch. Viele Länder gaben daher goldgedeckte Währungen aus, um diese praktischen Einschränkungen zu umgehen.
Das grundlegende Problem von Gold – wie auch vieler anderer historischer Zahlungsmittel – besteht darin, dass sein Angebot nicht automatisch mit dem Wirtschaftswachstum und der wirtschaftlichen Aktivität Schritt hält. Ein großer Goldfund könnte beispielsweise den Wert des Goldes gegenüber Waren und Dienstleistungen drastisch senken, was zu Inflation führen würde. Umgekehrt könnte ein Rückgang der Goldförderung dazu führen, dass das Angebot nicht mit der Nachfrage nach Geld mithält – eine deflationäre Entwicklung.
Der zentrale Punkt ist, dass nicht-wirtschaftliche oder externe Faktoren die Inflationsraten beeinflussen können. Genau deshalb sind wir der Meinung, dass eine Regulierung der Geldmenge notwendig ist, um nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu gewährleisten. Die eigentliche Frage ist jedoch: Sollte diese Regulierung dem freien Markt überlassen bleiben oder von der Regierung gesteuert werden?
Bitcoin - Begrenztes Angebot
Laut dem Bitcoin-Protokoll wird es nie mehr als 21 Millionen Coins geben. Durch den sogenannten Halbierungsprozess (Halving) wird die Erzeugung neuer Bitcoins mit der Zeit immer aufwendiger, langsamer und kostspieliger. Da die Belohnung für das Mining exponentiell sinkt, halten wir es für unwahrscheinlich, dass jemals die 21-millionste Münze geschürft wird.
Mit der Verlangsamung der Bitcoin-Produktion und dem Umstand, dass einige Coins durch verlorene Wallets für immer aus dem Umlauf verschwinden, könnte der Wert eines einzelnen Bitcoins theoretisch steigen – vorausgesetzt, es gibt weiterhin genug Menschen, die bereit und in der Lage sind, Bitcoin zu halten und damit zu handeln.
Doch genau hier liegt ein zentrales Problem: Wäre Bitcoin ein gesetzliches Zahlungsmittel, wäre sein begrenztes Angebot für eine wachsende Wirtschaft schlicht nicht ausreichend. Der Wert von Bitcoin würde stetig steigen, was wiederum zu sinkenden Preisen für Waren und Dienstleistungen führen würde – eine klassische Deflation.
Manche argumentieren, dass Deflation positiv sei. Schließlich mögen wir alle günstigere Preise. Aber stellen Sie sich die entscheidende Frage: Wer würde dann noch kaufen?
Wenn Ihnen ein Haus gefällt, das heute 500.000 USD kostet, warum sollten Sie es jetzt kaufen, wenn Sie erwarten, dass es morgen günstiger sein wird? Und warum sollten Unternehmen heute investieren und expandieren, wenn sie es in der Zukunft zu geringeren Kosten tun können?
Letztendlich – und das ist vielleicht keine populäre Meinung – sind wir überzeugt, dass eine wachsende Wirtschaft ein gewisses Maß an Inflation benötigt.
Deshalb sind wir der Meinung, dass das begrenzte Angebot von Bitcoin ihn als offizielles Zahlungsmittel nicht nur ungeeignet, sondern sogar ineffektiv macht.
Krypto - Unbegrenztes Angebot
Während das Angebot an Bitcoin begrenzt ist – was ihn als Währung nicht ideal macht – gibt es bei vielen anderen Kryptowährungen keine solche Beschränkung.
Sollten Menschen wirklich daran glauben, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen als gesetzliches Zahlungsmittel taugen, könnte ihr Angebot schnell weit über das nachhaltige Wirtschaftswachstum hinauswachsen. Warum also nicht einfach unbegrenzt digitales Geld „erschaffen“ und verkaufen?
Doch genau hier liegt das Problem: Während Bitcoin aufgrund seiner Knappheit als Zahlungsmittel ungeeignet ist, führt ein unbegrenztes Angebot anderer Kryptowährungen bei gleichbleibender Nachfrage unweigerlich zu Inflation.
Das verfassungsrechtliche Problem
Bereits im Jahr 2017 haben wir einen Grundsatzartikel über Bitcoin veröffentlicht. Darin haben wir erläutert, warum es unwahrscheinlich ist, dass die Regierung Bitcoin oder andere Kryptowährungen als gesetzliches Zahlungsmittel zulassen wird.
Ein zentraler Absatz aus diesem Artikel bringt den Kern des Arguments auf den Punkt:
"In der Präambel der US-Verfassung heißt es, dass die Regierung dazu da ist, 'eine vollkommenere Union zu bilden, Gerechtigkeit herzustellen, die innere Ruhe zu sichern, für die gemeinsame Verteidigung zu sorgen, das allgemeine Wohl zu fördern und die Segnungen der Freiheit für uns und unsere Nachkommen zu sichern.' Mit anderen Worten: Der Staat hat die Aufgabe, die Rechte und Freiheiten seiner Bürger zu schützen. Doch dafür muss er sich selbst finanzieren können – sei es zur Aufrechterhaltung der Verteidigung, der Strafverfolgung oder der gesamten staatlichen Ordnung. Letztlich beruht die Souveränität jeder Nation, unabhängig von ihrer Regierungsform, auf der Stabilität und Integrität ihrer Währung."
Volatilität ist tödlich
Ein weiteres großes Problem – zumindest aktuell – ist die extreme Volatilität von Bitcoin und anderen Kryptowährungen.
Die folgende Grafik verdeutlicht dies am Beispiel eines Hauses im Wert von 500.000 USD, dessen Preis in Bitcoin angegeben ist. Die blaue Linie markiert das Tageshoch, während die orangefarbene Linie das Tagestief anzeigt.
Zwischen dem 13. und 20. Januar hätte der Wert dieses Hauses zwischen 470.000 USD und 575.000 USD geschwankt – eine erhebliche Spanne innerhalb nur einer Woche. Die grünen Balken und die gestrichelte schwarze Linie zeigen, dass die durchschnittliche tägliche Preisabweichung über 21.000 USD lag.
Bei einer derart starken Schwankung wird der Kauf oder Verkauf eines Hauses – oder auch nur einer Ware oder Dienstleistung – enorm erschwert. Stabilität ist eine Grundvoraussetzung für eine funktionierende Währung, und genau hier stößt Bitcoin derzeit an seine Grenzen.
Fazit
Ob man es mag oder nicht – derzeit gibt es keine echte Alternative zum US-Dollar. Die US-Regierung und die Federal Reserve haben zwar keinen direkten, aber dennoch erheblichen Einfluss auf die Geldmenge und nutzen diesen, um die wirtschaftliche Aktivität zu steuern. Gleichzeitig spielt auch der freie Markt eine wesentliche Rolle: Finanzinstitute und Kreditnehmer beeinflussen das Geldangebot ebenfalls, was sowohl inflationäre als auch deflationäre Effekte haben kann.
Es ist leicht, die Geldpolitik der Regierung oder der Federal Reserve zu kritisieren – ebenso wie die teils spekulativen Mechanismen des freien Marktes. Doch trotz aller Unzulänglichkeiten ist dieses System stabiler als eines, in dem die Geldmenge völlig losgelöst vom wirtschaftlichen Wachstum wäre.
Stellen Sie sich eine Deflationsspirale wie in den 1930er Jahren vor – nur weil niemand mehr Bitcoin schürft. Oder einen plötzlichen inflationären Schub, weil das Mining plötzlich zunimmt. Ein Währungssystem, das derart anfällig für externe Faktoren ist, wäre kaum eine tragfähige Alternative.