Geldmenge, gedrucktes Geld, geliehenes Geld - Woher kommt denn nun das Geld?

Veröffentlicht am 06.02.2025, 08:00

„Alles Geld wird für einen Zweck verliehen.“ Weder die Fed noch die Regierung drucken tatsächlich Geld – und genau das ist ein zentraler Punkt, um die Frage zu beantworten: Woher kommt das Geld?

Wenn es um Inflation geht, ist es entscheidend zu verstehen, wer tatsächlich Geld schafft und wer nicht – und welche Anreize oder Fehlanreize die Geldmenge beeinflussen.

Trotzdem schlagen einige sogenannte „Bond-Vigilanten“ Alarm, als würde eine Zinssenkung der Fed unweigerlich die Inflation anheizen. Dabei übersehen sie zwei fundamentale Zusammenhänge. Ironischerweise könnte der jüngste Kurswechsel der Fed hin zu einer expansiveren Geldpolitik in der Praxis sogar eine leicht restriktive, also inflationsdämpfende Wirkung haben.

Eine Geldpolitik, die gleichzeitig expansiv und restriktiv ist, klingt paradox – aber genau hier lohnt sich ein genauerer Blick. Wer versteht, wie Geld tatsächlich entsteht, wird erkennen, dass die Sorgen über eine steigende Inflation möglicherweise unbegründet sind. Und weil Inflationsängste direkten Einfluss auf die Anleiherenditen haben, könnten sich für informierte Anleger neue Chancen ergeben.

Was ist Inflation?

Der Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman brachte es einst auf den Punkt:

„Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen.“

Grundsätzlich bedeutet das: Je mehr Geld im Umlauf ist, desto höher ist die Inflation – und umgekehrt.

Doch das ist nur ein Teil der Geschichte. In der Volkswirtschaftslehre lernen wir, dass Preisänderungen nicht nur durch die Geldmenge bestimmt werden, sondern auch durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage.

Die Nachfrage hängt eng mit der Verfügbarkeit von Geld und Krediten im Finanzsystem zusammen. Entscheidend ist dabei nicht nur, wie viel Geld existiert – sondern auch, wie stark der Anreiz ist, es auszugeben. Genau dieser Punkt fehlt in Friedmans Aussage: Inflation entsteht nicht nur durch die Geldmenge, sondern auch durch die Bereitschaft der Menschen, ihr Geld in Umlauf zu bringen.

Doch das Angebot spielt eine ebenso große Rolle. Es umfasst die Menge an Waren und Dienstleistungen, die zur Verfügung stehen – und beeinflusst damit direkt das Preisniveau. Wenn das Angebot knapp ist, steigen die Preise, selbst wenn die Geldmenge konstant bleibt.

In diesem Artikel geht es um die Geldschöpfung und ihre zentrale Rolle bei der Entstehung von Inflation.

Die Banken drucken das Geld

Wir werden noch auf den Einfluss der Fed und der Regierung auf die Geldmenge eingehen. Doch wie bereits erwähnt: Alles Geld wird für einen bestimmten Zweck verliehen. Das bedeutet, dass die Geldmenge in erster Linie von den Kreditgebern – also Banken und anderen Finanzinstituten – bestimmt wird, nicht direkt von der Fed oder der Regierung.

Das US-Finanzsystem, wie auch die meisten anderen weltweit, basiert auf einem Mindestreserve-System. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht, wie Banken dabei tatsächlich Geld schaffen.

Angenommen, Sie zahlen 1.000 Dollar auf ein Sparkonto bei einer Bank ein. Die Bank behält 10 % davon – also 100 Dollar – als Reserve, um mögliche Abhebungen bedienen zu können. Die restlichen 900 Dollar vergibt sie als Kredit. Der Kreditnehmer nutzt das Geld, um einen Ring bei einem Juwelier zu kaufen. Der Juwelier wiederum nimmt die 900 Dollar und legt sie auf sein eigenes Bankkonto.

Das Ergebnis: Obwohl Sie ursprünglich nur 1.000 Dollar eingezahlt haben, sind nun 1.900 Dollar im System vorhanden – Ihre 1.000 Dollar plus die 900 Dollar des Juweliers. Die Bank kann nun 810 Dollar der neuen Einzahlung weiterverleihen, während sie erneut 10 % (90 Dollar) als Reserve zurückbehält. Dieser Prozess setzt sich fort, sodass aus den anfänglichen 1.000 Dollar durch mehrfaches Verleihen am Ende fast 9.000 Dollar werden – vorausgesetzt, die Bank hält weiterhin nur 10 % als Reserve.

Wie dieses Beispiel zeigt, hängt die Geldmenge stark von der Bereitschaft und Fähigkeit des Bankensystems ab, Kredite zu vergeben – und ebenso von der Nachfrage und Zahlungsfähigkeit der Kreditnehmer. Ein weiterer wichtiger Faktor, wie wir noch sehen werden, ist die Höhe der vorgeschriebenen Rücklagen.

Die Rolle der Fed beim Drucken von Geld

Wie bereits erwähnt: Die Fed druckt kein Geld und hat auch keine direkte Kontrolle über das Angebot an Waren und Dienstleistungen.

Dennoch gehört es zu ihrem gesetzlichen Auftrag, für Preisstabilität zu sorgen – eines der beiden Hauptziele, die ihr vom Kongress vorgegeben wurden. Die St. Louis Federal Reserve fasst es so zusammen:

"Preisstabilität bedeutet, dass die Inflation längerfristig niedrig und stabil bleibt."

Zwar kann die Fed weder direkt das Angebot noch die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen steuern, doch sie hat erheblichen Einfluss auf die Geldmenge sowie die wirtschaftliche Nachfrage. Dafür nutzt sie verschiedene Mechanismen.

Zinspolitik

Das wichtigste Instrument der Fed ist die Steuerung der Zinssätze. Niedrigere Zinsen machen Kredite attraktiver, sodass mehr Menschen und Unternehmen bereit sind, Darlehen aufzunehmen. Das steigert die Kreditnachfrage, was wiederum die Geldmenge und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen beeinflusst.

Allerdings kontrolliert die Fed nur den sogenannten Tagesgeldsatz (Fed Funds Rate). Hypothekenzinsen, Kfz-Kredite oder Unternehmenskredite legt sie nicht direkt fest. Dennoch spielen diese Zinssätze eine entscheidende Rolle für die Geldschöpfung und die wirtschaftliche Nachfrage.

Regulierung

Die Regulierung von Banken ist ein weiteres wichtiges Mittel, um die Kreditvergabe zu beeinflussen. Entscheidend sind dabei die Bankreserven und Eigenkapitalanforderungen:

  • Höhere Reserven bedeuten, dass eine Bank weniger Kredite vergeben kann – und umgekehrt. Auch wenn die Fed keine festen Mindestreserven mehr vorschreibt, kann sie Banken dazu anregen, ihre Reserven zu erhöhen oder zu senken.
  • Höhere Eigenkapitalanforderungen schränken die Kreditvergabe ein, da Banken mehr Kapital für ihre Kredite hinterlegen müssen. Umgekehrt führt eine Lockerung dieser Vorschriften dazu, dass Banken mehr Kredite vergeben können.

Seit der Finanzkrise 2008 setzt die Fed zudem auf quantitative Lockerung (QE) und quantitative Straffung (QT), um die Bankreserven gezielt zu steuern:

  • QE (Quantitative Easing): Die Fed kauft Anleihen von Banken, wodurch deren Reserven steigen und die Kreditvergabe erleichtert wird.
  • QT (Quantitative Tightening): Die Fed verkauft Anleihen oder lässt sie auslaufen, wodurch Reserven abgebaut und Kredite weniger attraktiv werden.

Wohlstandseffekt

Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Wohlstandseffekt – ein Konzept, das Ben Bernanke treffend zusammenfasste:

Kommentar von Ben Bernanke

Fed-Tools

Die Fed beeinflusst die Kreditvergabe und die wirtschaftliche Aktivität, indem sie Zinssätze, Reserveanforderungen und andere finanzielle Rahmenbedingungen steuert.

Durch ihre Geldpolitik nimmt sie direkten Einfluss auf das Angebot und die Nachfrage nach Kapital. Gleichzeitig verändern sich auch Angebot und Nachfrage von Waren und Dienstleistungen, wenn ihre Maßnahmen das Wirtschaftswachstum ankurbeln oder bremsen.

Zwar druckt die Fed selbst kein Geld, doch ihre Instrumente können Anreize für eine erhöhte Geldschöpfung schaffen. Entscheidend ist, dass sie dadurch über verschiedene Hebel verfügt, um die Inflation zu steuern.

Uncle Sam druckt kein Geld

Das US-Finanzministerium ist für die Münzprägeanstalten des Landes zuständig. Diese stellen zwar Bargeld her, doch sie „drucken“ nicht einfach neues Geld, wann immer sie wollen. Tatsächlich entsteht neues Geld erst dann, wenn der Staat Schulden aufnimmt. Wichtig zu verstehen ist: Geld wird immer für einen bestimmten Zweck geschaffen. Wenn das Finanzministerium eine Anleihe ausgibt, entsteht dadurch neues Geld.

Während der Pandemie wich die Regierung von ihrem üblichen Ausgabeverhalten ab. Sie nahm massive Kredite auf und stellte direkte Hilfszahlungen an Privatpersonen und Unternehmen bereit. In den Jahren 2020 und 2021 beliefen sich die aufgenommenen Schulden auf über 6 Billionen US-Dollar – ein gewaltiger Anstieg der Geldmenge. Doch Geld allein führt nicht automatisch zu Inflation. Würde man eine Billion US-Dollar drucken und sie in einem Tresor einschließen, hätte das keinen direkten Einfluss auf die Preise.

Das Problem war jedoch, dass dieses Geld tatsächlich ausgegeben wurde – und das in einer Zeit, in der das Angebot an Waren und Dienstleistungen pandemiebedingt stark eingeschränkt war. Mehr Geld traf also auf weniger verfügbare Güter, was unweigerlich zu Inflation führte.

Deshalb kann man durchaus sagen, dass die Regierung durch die Emission von Schuldtiteln Geld „druckt“ – allerdings nicht mit einer klassischen Druckerpresse, wie es viele sich vorstellen.

Die Zinssenkungen der Fed sind (insoweit) inflationshemmend

Ironischerweise hat der aktuelle Zinssenkungszyklus die Inflation kaum bewegt – genau das paradoxe Zusammenspiel aus expansiver und restriktiver Geldpolitik, das wir eingangs erwähnt haben.

Seit die Fed mit Zinssenkungen begonnen hat, sind die Renditen über die gesamte Zinskurve hinweg um fast einen Prozentpunkt gestiegen. Das bedeutet: Kredite sind für Verbraucher und Unternehmen teurer geworden, was die Kreditnachfrage dämpft. Weniger Kredite bedeuten auch weniger Geld, das in die Wirtschaft fließt.

Höhere Staatsanleiherenditen treiben zudem das Haushaltsdefizit in die Höhe. Wie weiter unten zu sehen ist, hat sich der Zinsaufwand des Bundes innerhalb weniger Jahre verdoppelt. Mittlerweile machen Zinszahlungen rund 15 % der gesamten Staatsausgaben aus – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 5 % vor vier Jahren, als die Zinsen noch auf Rekordtief lagen. Steigt die staatliche Kreditaufnahme, wächst auch die Geldmenge, was wiederum zu neuen Inflationsrisiken führen kann.

Präsident Trump hat angekündigt, das Defizit abbauen zu wollen – unter anderem, um die Belastung durch höhere Zinsen zu verringern. Ein Rückgang der Staatsausgaben würde das Wachstum der Geldmenge bremsen, kurzfristig jedoch auch das Wirtschaftswachstum dämpfen. Das könnte wiederum den Preisauftrieb verlangsamen.

Zinsaufwand des Bundes (USA)

Nicht zuletzt läuft das QT-Programm der Fed weiter – wenn auch in reduziertem Tempo. Wie bereits erwähnt, entzieht Quantitative Tightening (QT) dem Bankensystem Reserven und macht es damit weniger wahrscheinlich, dass Banken neue Kredite vergeben.

Fazit

Die Geldmenge wird letztlich von Banken und Kreditnehmern bestimmt. Die Federal Reserve (Fed) steuert diesen Prozess indirekt, indem sie über kurzfristige Zinssätze, Reserven, Kapitalanforderungen und finanzielle Rahmenbedingungen Anreize setzt. Zwar hat sie keine direkte Kontrolle über das Angebot an Waren und Dienstleistungen, doch ihr wirtschaftlicher Einfluss reicht aus, um auch die Angebotsseite zu beeinflussen.

Wie wir während der Pandemie erlebt haben, kann auch die Regierung die Geldmenge indirekt ausweiten. Fließt neu geschaffenes Geld schnell in die Wirtschaft, kann die Nachfrage das Angebot übersteigen – was wiederum Inflation anheizt. Bleiben die Defizite jedoch im Rahmen, ist es unwahrscheinlich, dass staatliche Ausgaben die Inflation merklich antreiben.

Zwar wäre das Thema Staatsschulden eine eigene Analyse wert, doch kurzfristig kann eine hohe Verschuldung die Inflation befeuern, wenn sie die Balance zwischen Angebot und Nachfrage stört. Langfristig hingegen bremsen unproduktive Schulden das Wirtschaftswachstum, was den Inflationsdruck verringert. Genau diese Entwicklung stellt auf lange Sicht eine ernsthafte Herausforderung für die US-Wirtschaft dar.

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