Kolumne von Markus Blaschzok am 23. Juli 2020
Ebenso wie Schweden in Europa, so haben auch in den USA ein Fünftel der Bundesstaaten keinen Shutdown ihrer Volkswirtschaften durchgeführt. Der US-Bundesstatt South Dakota musste sich daher auch nicht weitergehend verschulden, um Unternehmen und Arbeitslose während einer Zwangsschließung mit Hilfszahlungen zu unterstützen, weshalb der Staatshaushalt im ersten Halbjahr ausgeglichen war und sogar 19 Millionen US-Dollar zu viel Steuern eingezogen wurden. In Europa verlief die Pandemie in Schweden, das keinen Shutdown hatte, nicht schlimmer als in den anderen europäischen Staaten, deren Politiker die eigenen Volkswirtschaften und insbesondere die kleinen Unternehmen in den Bankrott getrieben haben und weiterhin treiben.
Obwohl die Shutdowns weltweit, besonders in den ärmsten Ländern, verheerendes Leid, Armut und Tod erzeugen, steigen die Aktienmärkte global und insbesondere in den USA wieder stark an. Die Technologiebörse Nasdaq hatte längst ein neues Allzeithoch erreicht und auch die Standardaktienmärkte halten sich bisher auf relativ hohem Kursniveau. Sollten die Aktienmärkte nicht fallen wenn die Wirtschaft einbricht, wie viele Permabären es ständig prognostizieren?
Den Menschen fällt es schwer, nominale und reale Preisveränderungen zu erkennen und zu verstehen. Was auf die Konsumentenpreise zutrifft, die seit Jahrzehnten etwa 8 % stärker steigen als es der staatlich berechnete harmonisierte Verbraucherpreisindex der Bevölkerung erfolgreich vorgaukelt, so unterliegen die Preise für Aktien an den Weltbörsen dem gleichen Phänomen. Ein Blick auf die Hyperinflationsphase in Zimbabwe hilft beim Verständnis der Zusammenhänge. Obwohl es dort aufgrund der fehlgeschlagenen Politik weder Elektrizität, fließendes Wasser, Essen, noch eine funktionierende Volkswirtschaft gab, stiegen die Aktien an der Zimbabwe Börse über Jahre extrem stark an und verdoppelten sich oftmals an einem einzigen Tag. Wie kann das sein? Ganz einfach – der Anstieg der Aktienmärkte entsprach der Inflation der Geldmenge, also der Veränderungsrate, mit der die Geldmenge täglich vermehrt bzw. vice versa der Zimbabwe Dollar abgewertet wurde. Unsere Aktienmärkte erholten sich nach der Finanzkrise von 2008 und auch während des Corona-Shutdowns aufgrund der gleichen geldpolitischen Zusammenhänge.
Die US-Notenbank hat seit März ihre Bilanzsumme um über 80 % ausgeweitet, was den Wert des US-Dollars langfristig um 40 % entwerten wird. Smarte Investoren, die die Zusammenhänge verstehen, preisten sofort die kommende Abwertung des Dollars in die Aktienkurse ein und kauften die im Verhältnis zur kommenden Abwertung des Dollars günstigen Aktien. Außerdem haben die Notenbanken die Geschäftsbanken so vor einer Pleitewelle in einem deflationären Crash bewahrt, was auch die Kettenreaktion einer Pleitewelle aufgrund steigender Zinsen und eingeschränkter Kreditvergabe größtenteils verhindert bzw. extrem stark gemildert hat. Wer diese Zusammenhänge hingegen nicht versteht, der wartet heute noch auf eine Fortsetzung des Bärenmarktes, während die Nasdaq seit Jahresanfang bereits ein Plus von 20 % aufweist.
Im folgenden Chart sehen Sie einmal den amerikanischen S&P 500 Aktienindex sowie die Bilanzsumme der US-Notenbank. Die Verdoppelung der Geldmenge im Jahr 2008 und die anschließende Vervierfachung bis 2014 waren der primäre Treiber der starken Hausse, die wir bis Anfang 2020 sahen. Seit März 2020 wurde die US-Geldmenge wieder um 80 % ausgeweitet und ein Ende des Gelddruckens ist noch lange nicht in Sicht.
Im folgenden Chart sehen Sie noch einmal den amerikanischen S&P 500 Aktienindex, doch diesmal zusätzlich den S&P 500 um die Ausweitung der Bilanzsumme bereinigt (goldene Linie). Rechnet man die beinahe Verdoppelung der Geldmenge binnen dreier Monate heraus, dann zeigt sich, dass der S&P 500 aktuell real, bereinigt um die Inflation der Geldmenge, immer noch nahe dem Corona-Tief vom März notiert. Eine echte Erholung der Realwirtschaft ist aus dieser Sicht noch gar nicht eingepreist. Investoren haben bis dato lediglich die kommende Abwertung des US-Dollars eskomptiert. Kommt es zu keinem weiteren Shutdown der Volkswirtschaften und zu einer realen Erholung der Wirtschaft im nächsten Jahr, dann wird der S&P 500 relativ schnell neue Hochs erreichen. Kommt dazu noch eine zusätzliche Ausweitung der Geldmenge, dann muss man in den kommenden zehn Jahren im besten Fall mit einem ähnlichen Anstieg des Aktienmarktes wie nach dem Tief im Jahr 2009 bis 2020 rechnen. Selbst dann, wenn sich eine langjährige Stagflation im Umfeld steigender nominaler Zinsen herausbildet, ist durch eine weitergehende Ausweitung der Geldmenge eine volatile Seitwärtsphase am Aktienmarkt ein realistisches Szenario.
Interessant ist am folgenden Chart noch, dass der Aktienmarkt im Crashtief wieder auf das reale Tief von 2009 fiel, was zeigt, dass es sich bei dem Anstieg der letzten Dekade lediglich um eine potemkinsche monetäre Illusion handelte. Es war ein liquiditätsinduzierter, auf Sand gebauter konjunktureller Aufschwung, der nur noch mehr Fehlallokationen erzeugt hatte, als es vor der Krise von 2008 ohnehin schon gab.
Man hört in den letzten Wochen und Monaten immer wieder Fondsmanager auf neue, junge, unerfahrene Trader schimpfen, die vermeintlich dummerweise in das fallende Messer gegriffen hätten und so für den rasanten Anstieg des Aktienmarktes verantwortlich wären. Vermeintlich smarte Fondsmanager würden hingegen auf den weiteren Bärenmarkt warten, um dann erst viel, viel tiefer zu kaufen. Die vermeintlichen Profis sind zumeist gar nicht so Profi, denn 99 % der Fondsmanager schaffen es nicht, die Performance des Marktes zu schlagen. Zum anderen ist es sehr unglaubwürdig, dass einige Millionen „Kids“ allein für den Anstieg der weltweiten Aktienmärkte auf breiter Front verantwortlich sein sollen. Es mag sein, dass diese neuen Trader unbedarft in das fallende Messer gegriffen und den Rücksetzer als Kaufchance nutzen, wobei sie jetzt Glück hatten und mit Profit aus dem Crash hervorgehen, doch vor allem waren es smarte Investoren, die sich nicht gegen die amerikanische Notenbank Fed gestellt, sondern mit der Ankündigung von QE-Infinity gekauft haben, die für den Anstieg verantwortlich sind. Es sind die gleichen smarten Investoren, die im letzten Jahr bereits Gold kauften und den Preis nach oben trieben, in weiser Voraussicht, dass die Märkte nach der längsten Hausse der Geschichte kurz vor einer Rezession und einem Einbruch standen und diese ahnten, wie die Notenbanken reagieren würden. Es sind die gleichen smarten Investoren, die vor dem Einbruch ihre Aktien abgaben, während die Medien Corona in Europa noch ignorierten und Lieschen Müller noch zum Kauf rieten.
Aus dem gleichen Grund, warum die Aktienmärkte wieder stiegen – wegen der Inflation und der folgenden Abwertung der Fiat Währungen – werden auch die monetären Edelmetalle Gold und Silber, trotz der letztjährigen bereits erfolgten Rallye mit einem Anstieg um 60 %, in den kommenden Jahren immer weiter ansteigen und auch die kommende Inflation eskomptieren. Im Jahr 2007, dem Jahr vor der Lehman Pleitein 2008, stieg der Goldpreis bereits stark an, da smarte Investoren das Platzen der Immobilienblase kommen sahen, das Eingreifen der Notenbanken antizipierten und deshalb frühzeitig noch vor allen anderen Investoren billig Gold akkumulierten.
Anders als in 2008 wird diesmal Geld nicht nur in die Banken, sondern auch direkt an die Bürger über die Fiskalpolitik, Jobprogramme und direkte Schecks vergeben. Diese neue Geldmenge, die sofort beim Verbraucher verfügbar ist, wirkt unmittelbar auf die Nachfrage und die Konsumgüterpreise, besonders dann, wenn die Konjunktur in ein bis drei Jahren wieder deutlich angezogen hat. Steigende Konsumgüterpreise werden selbst die harmonisierten Verbraucherpreisindizes nach oben treiben und so einen Anstieg der Zinsen und einen Einbruch des Anleihenmarktes erzwingen, was wiederum erneutes Eingreifen der Notenbanken nach sich ziehen könnte.
In den USA erwägt US-Finanzminister Steven Mnuchin nun sogar alle „kleinen“ Corona-Nothilfe-Kredite (PPP-Darlehen) unter 150.000 Euro zu erlassen. Darunter würden etwa 87 % aller PPP-Kredite fallen, die bis zum 30. Juni gewährt wurden. US-Präsident Trump sagte, er wolle, dass jedes neue Entlastungspaket eine Senkung der Steuerlast beinhalten solle. Die Demokraten lehnten die Idee jedoch ab und sogar einige Republikaner haben sich dagegen gesträubt. Am 10. Juli waren noch 132 Milliarden Dollar an PPP-Mitteln übrig. Mnuchin unterstützt eine zweite Runde von PPP-Darlehen, da das aktuelle Programm kurz vor seinem Ende steht. „Wir sind uns völlig einig, dass den am stärksten betroffenen Unternehmen ein zweiter Scheck zur Verfügung gestellt werden sollte und es sollte entsprechende Auflagen geben“, sagte er vergangene Woche. Damit ist klar, dass das Geld, das ausgegeben wurde, auch nicht mehr zurückkommen wird. Die Preise werden aufgrund der Inflation der Geldmenge diesmal schneller als nach der Krise von 2008 ansteigen. Sinn dahinter ist eine starke Rekapitalisierung des zu hoch gehebelten Kreditgeldsystems.
Eine weitergehende deutliche Abwertung des Dollars und des Euros ist unausweichlich. Die monetären Edelmetalle Gold und Silber werden diametral gegensätzlich auf die Abwertung der beiden ungedeckten Fiat-Währungen mit stark steigenden Preisen reagieren. Eine neue Goldhausse steht in den nächsten Jahren bevor und man sollte ebenso klug wie die Smarten Investoren handeln und noch jetzt, vor dem weiteren Anstieg des Gold- und Silberpreises in den nächsten Jahren, in diese beiden Edelmetalle investieren!
Technische Analyse zu Platin: Massiver Produktionseinbruch in Südafrika stärkt den Platinpreis
Terminmarkt: Neutralität trotz eines Einbruchs des Angebots um 74 %
Wie schon oft in den letzten Analysen zu Platin und Palladium betont, fallen beide Edelmetalle in Rezessionen traditionell sehr stark, da es primär Industriemetalle sind. Mit Corona ist diesmal jedoch alles anders, denn mit den Shutdowns brach nicht nur die Wirtschaft und die Nachfrage nach Neufahrzeugen und somit die Nachfrage nach Katalysatoren ein, sondern auch das Angebot verringerte sich extrem, da die Minen ihre Produktion teilweise ganz wegen der Shutdowns einstellen mussten. So meldete Anglo American (LON:AAL) Platinum, dass die Produktion von Platin und Palladium wegen der Shutdowns im zweiten Quartal um 41 % zum Vorjahr eingebrochen ist. Dieser Rückgang ist der einzige Grund, warum beide Edelmetalle sich nach dem Crash vom März so stark erholen konnten und immer noch auf relativ hohem Preisniveau halten können.
Die neuesten Terminmarktdaten für Platin zeigen zur Vorwoche erstmals wieder eine deutliche relative Schwäche, während die Daten in den Vormonaten neutral waren und nach dem Crash relative Stärke zeigten. Die relative Schwäche bedeutet, dass aktuell ein leichtes Überangebot am Markt herrscht. Es hängt jetzt ganz von der Politik ab, ob der Platinpreis weiter steigen kann oder wieder fallen wird. Kommt es zu keinem weiteren Shutdown, dann wird die Minenproduktion wahrscheinlich schneller wieder hochgefahren als die Automobilverkäufe wieder zulegen können. Kommt es weiterhin zu Grenzschließungen in Südafrika, sodass Arbeiter nicht wandern können, sowie zu strikten Vorgaben, die eine Produktion erschweren oder gar verhindern, dann könnte sich auch ein Defizit einstellen, obwohl die Konjunktur extrem schwach ist. Wir werden in den Terminmarktdaten frühzeitig sehen und beobachten, ob sich ein Defizit oder ein Überangebot einstellen wird. Grundsätzlich sind die Terminmarktdaten zwar überverkauft, doch angesichts der relativen Schwäche gibt es kein Signal, das man aktuell für eine Handelsentscheidung nutzen könnte.
Platin – der Politik ausgeliefert
Im Langfristchart ist der Abwärtstrend aufgrund eines persistenten Überangebots der letzten zehn Jahre deutlich zu sehen. Gerade in Rezessionen sollte Platin noch stärker fallen Doch es ist kurios, dass sich diesmal aufgrund des Shutdowns Stärke zeigt und der Preis deutlich zulegen konnte, was es zuvor noch nie in einer Rezession gab. Können die Minen ihre Produktion wieder hochfahren bevor sich die Wirtschaft erholt hat, wird es wieder Verkaufsdruck beim Platin geben, wobei die Crashtiefs vom März bei 550 US-Dollar dann nicht ausgeschlossen werden können.
Im Tageschart sehen wir unser Verkaufssignal im Februar bei 1.000 US-Dollar mit dem Ziel bei 860 US-Dollar und 780 US-Dollar. Der Preis fiel aufgrund des Shutdowns, schneller als wir erwartet hatten, bis in den Bereich von 550 US-Dollar. Dort gaben wir das Signal zum Eindecken aller Shortpositionen. Wir hatten mit einer begrenzten Gegenbewegung gerechnet, doch nicht mit so einem starken Preisanstieg, da wir den Shutdown der Minen nicht auf dem Radar hatten. Dem Anstieg sahen wir daher verblüfft zu und konnten erst im Juni einen kleinen erfolgreichen Short-Trade durchführen. Jetzt ist das CRV aber denkbar schlecht, denn ob der Preis nun steigen wird oder nicht, hängt von der Entwicklung der Minenproduktion und der Nachfrage nach Neufahrzeugen ab, die direkt abhängig von den Shutdown-Maßnahmen der Politik sind. Dies können wir kurzfristig nur sehr schwer einschätzen. Langfristig wird auch Platin als Edelmetall von steigenden Preisen durch die Inflation profitieren, doch noch gibt es ein Überangebot am Markt, das sich in den kommenden Monaten noch einmal verstärken könnte.
Auf Sicht der letzten sechs Monate sieht man den Platinpreis auf relativ hohem Niveau trendlos seitwärts laufen. Das physische Angebot und die industrielle Nachfrage sind in der Regel relativ stabil und wir konnten in der Vergangenheit Platin und Palladium sehr gut und erfolgreich handeln. Aktuell ist das Umfeld aufgrund des stark schwankenden Angebots- und Nachfrageverhältnisses unberechenbar, weshalb uns kurz- und mittelfristig keine Prognose möglich ist, bis sich das Umfeld stabilisiert hat. Auf Sicht der kommenden zehn Jahre sehen wir das historisch günstige Platin zu allen anderen Edelmetallen outperformen. Sollte es daher noch einmal zu einem Rücksetzer in den Bereich von 550 US-Dollar kommen, so empfiehlt es sich, diesen Rücksetzer für ein Investment auf langfristige Sicht von einer Dekade für Käufe zu nutzen.