- Die seit den Juni-Tiefs beobachtete starke Rally hat den S&P wieder in den überkauften Bereich gedrückt
- Die Gewinnschätzungen für den Index sind jetzt rückläufig
- Eine Rückkehr zum historischen Durchschnitts-KGV würde den S&P 500 mit 3.950 Punkten bewerten
Bis kurz vor dem Notenbankertreffen in Jackson Hole haben die Aktienmärkte in den letzten Wochen eine kräftige Rallye hingelegt, und auch der S&P 500 ist kräftig gestiegen. Diese massive Rallye hat aber nicht viel gebracht, und ihr Tempo hat möglicherweise mehr geschadet als genutzt. Jetzt ist der S&P 500 wieder überbewertet. Noch schlimmer ist aber, dass die Gewinnschätzungen für dieses und nächstes Jahr nach unten zeigen.
Seit den Tiefständen von Mitte Juni ist das KGV des S&P 500 für 2022 von 16,0 auf 18,9 gestiegen. Das ist eine enorme Veränderung für ein KGV in einem so kurzen Zeitraum. Außerdem ist der S&P 500 im Vergleich zu seiner historischen Bewertung sehr teuer. Seit 1990 liegt das durchschnittliche KGV des S&P 500 bei 17,4.
Ein weiterer Aspekt bei der Bewertung des S&P 500 ist die Tatsache, dass die Zinssätze in diesem Zeitraum sehr volatil waren, aber vor allem gestiegen sind und in einigen Fällen sogar wieder die Höchststände vom Juni erreicht haben. Dadurch hat sich der Abstand zwischen der Gewinnrendite und der 10-jährigen Treasury auf nur noch 2,37 % eingeengt. Das letzte Mal, dass die Aktienrisikoprämie 2,37 % betrug, war im Herbst 2018, und das einzige Mal, dass sie niedriger war, war im April 2022. In beiden Fällen kam es in der Folge zu einem starken Einbruch am Aktienmarkt.
Rückläufige Gewinnerwartungen
Ein weiterer Treiber für das steigende KGV sind die sinkenden Gewinnschätzungen. Sie mögen zwar nicht viel nachgegeben haben, aber je weiter diese Schätzungen fallen und je stärker sich der Aktienmarkt erholt, desto höher wird das KGV steigen.
Mit Stand vom 24. August sind die Gewinnschätzungen für den S&P 500 für das Jahr 2022 von einem Höchststand von 230,02 USD pro Aktie auf 226,65 USD pro Aktie gesunken, das entspricht einem Rückgang von 3,4 %. Die Schätzungen für 2023 sind von 250,31 USD pro Aktie Anfang Juli auf 243,92 USD bzw. um 2,5 % gesunken. Die Rückgänge sind minimal, aber der Trend ist negativ.
Die sinkenden Gewinnschätzungen und die steigenden Zinsen treiben den S&P 500 Index wieder in die Überbewertung. Zwar hat die Rallye ohne Zweifel einen Teil der seit Anfang des Jahres erlittenen Verluste wieder wettgemacht, doch solange die Zinsen nicht deutlich sinken und die Gewinne nicht steigen, lässt sich eine Fortsetzung der Rallye nur schwer rechtfertigen.
Der Index ist vielleicht bei 3.950 richtig bewertet
Das Momentum ist ganz klar ein mächtiger Verbündeter, und das war wohl auch der Grund, warum der Index auf breiter Front kontinuierlich gestiegen ist und sich nun wieder im überbewerteten Bereich befindet. Wenn jedoch die Fundamentaldaten wieder die Oberhand gewinnen, könnte der S&P 500 auf sein historisches Mittel von etwa 17,4 zurückfallen, was einer Bewertung von etwa 3.950 entspricht, oder sogar sein KGV-Tief vom Juni im Bereich um 16 erreichen. In Anbetracht der Ungewissheit über den Zustand der Wirtschaft und den geldpolitischen Kurs erscheint ein Rückgang auf 16 nicht ausgeschlossen - dies könnte den Index auf einen Stand um 3.625 Punkte zurückwerfen.
Solange sich der Markt jedoch nicht klar zwischen Momentum und Fundamentaldaten entscheiden kann, ist in jedem Fall mit reichlich Marktvolatilität zu rechnen.
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