Die Wall Street kannte in den letzten Wochen nur noch eine Richtung: die nach oben. Angetrieben von mehr und mehr billigem Zentralbank-Geld erklommen S&P 500, Nasdaq 100 und Dow Jones neue Rekordhochs. Die Federal Reserve hat nicht nur drei Mal hintereinander ihre Zinsen gesenkt. Nein, sie hat auch noch ein inoffizielles QE gestartet, welches die Märkte mit Liquidität überflutet hat und damit die dynamische Rallye an der US-Börse befeuert.
Gleichzeitig gelang es der US-Notenbank die Sorgen der Marktteilnehmer vor einer Rezession zu beseitigen, indem sie mit ihrem Kaufprogramm, das so konzipiert ist, dass die kurzfristigen Zinsen unten bleiben, während die Langläufer steigen, die Zinskurve wieder in den Normalzustand anhob.
Auch zog sich der von der New York Fed berechnete Rezessionsindikator im Oktober unter die wichtige Hürde von 30 Prozent zurück. Werte oberhalb von 30 gelten in der Regel als gutes Signal dafür, dass es in den nächsten 12 Monaten zu einem Konjunktureinbruch in den USA kommt (siehe grau hinterlegte Schattierungen)
Ob deshalb aber tatsächlich eine Rezession abgewendet werden kann, ist fraglich. Schließlich kam es seit 1982 jedesmal nach einer starken Bewegung aus dem inversen Bereich (10Y/3M) zu einer Rezession in den USA, wie an den grau hinterlegten Bereichen im untenstehenden Chart zu erkennen ist. Ein ähnliches Phänomen sehen wir aktuell.
Insofern ist die aktuelle Rallye trotz Fed-Put mit größter Vorsicht zu genießen. Ein erstes Warnsignal gibt der McClellan Oscillator (NYMOT), der als klassischer Marktindikator die Marktbreite misst und damit die Gesundheit des Marktes wiederspiegeln soll.
Jener Indikator zeigt zum einen, dass der jüngste Rekordlauf der Wall Street nur von einigen wenigen Werten getragen wurde. Zum anderen signalisieren die fallenden Hochs in dem Oscillator allgemeine Schwäche. Zugleich hat er mit dem Unterschreiten seiner Nulllinie bereits ein Verkaufssignal erzeugt.
Auch der Indikator der NYSE, der die Prozentzahl der Aktien oberhalb der 50-Tage-Linie anzeigt, unterstreicht, dass die Rallye nur von einigen wenigen Werten wie z.B. Apple Inc (NASDAQ:AAPL) und Microsoft Corporation (NASDAQ:MSFT) getragen wurde. Bei den letzten drei Male, als der NYA50R nach unten drehte, startete kurz darauf auch die Korrektur im SPX.
In der Vorwoche ist die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA so stark gestiegen wie seit Ende Juni nicht mehr. Sobald die Erstanträge mehrmals hintereinander um mehr als 35.000 pro Woche steigen, gilt dies als ein Zeichen dafür, dass die Wirtschaft an Kraft verliert und in eine Rezession zu stürzen droht. Eine Schwalbe macht zwar noch keinen Sommer, aber man sollte den Datensatz die nächsten Wochen mit Argusaugen beobachten.
Charttechnisch befindet sich der S&P 500 freilich noch in einem intakten Aufwärtstrend, wie man an dem Chart unschwer erkennen kann. Allerdings wäre jeder Schlusskurs unterhalb von 3.112 Punkten ein Signal dafür, dass die Rallye zumindest kurzfristig zum Erliegen gekommen ist. Erste Anlaufmarken für eine zwischenzeitliche Korrektur befinden sich bei 3.077 Punkten in Form der kurzfristigen Konsolidierungsrange gefolgt von der Unterstützung aus dem ehemaligen Ausbruchsniveau und der 38-Tage-Linie bei 3.016 Punkten.
Solange die Trendlinie bei 3.112 jedoch nicht nachhaltig unterschritten wird, gilt es mit einer Shortposition noch zu warten. Gegebenenfalls würde ich ein Unterschreiten abwarten, gefolgt von einem Retest zurück an die gebrochene Trendlinie und dann einen Short in Betracht ziehen, mit einem Ziel von zunächst 3.077 gefolgt von 3.016 Punkten.
Ein Anstieg über 3.127 kann dagegen eine Rallye in Richtung der oberen Begrenzungslinie des steilen Trendkanals bei 3.155 lostreten.