- Die Probleme der Credit Suisse stellen ein weiteres Risiko für die bereits angeschlagene europäische Wirtschaft dar
- Die Restrukturierungspläne des Kreditinstituts bleiben angesichts der anhaltenden Liquiditätsprobleme ungewiss
- Ein Szenario wie 2008 erscheint jedoch unwahrscheinlich, da der Konkurs der Bank auf vielfältige Weise vermeidbar ist
- Der Konkurs von Archegos Capital, einem Hedgefonds.
- Die Sperrung von Kundengeldern im Zusammenhang mit dem gescheiterten Finanzunternehmen Greensill Capital.
- Die CS präsentiert an diesem Tag die Ergebnisse des 3. Quartals. Bis jetzt hat das Unternehmen für 2022 zwei schlechte Quartale hingelegt, und der Markt erwartet, dass es das 3. Quartal mit Verlusten in Höhe von insgesamt 1,7 Mrd. USD abschließen wird.
- Die Bank wird ihre Strategie zur Bewältigung der Krise vorlegen.
- Die Schweizer Regierung könnte die Credit Suisse retten.
- CS könnte auch von einer anderen Bank übernommen werden, zum Beispiel von der UBS.
- Und natürlich bleibt immer noch der Konkurs, dem der Markt derzeit eine Wahrscheinlichkeit von etwa 20 % einräumt.
Die zweitgrößte Schweizer Bank, die Credit Suisse (SIX:CSGN) (NYSE:CS), hat in den letzten Wochen für viele Schlagzeilen gesorgt. Der Grund: Zunehmende Sorgen um ihre Solvenz haben die Befürchtung aufkommen lassen, dass ein Konkurs wie bei Lehman Brothers droht. Am Ende des zweiten Quartals wies das 160 Jahre alte Institut eine Bilanzsumme von rund 727 Mrd. CHF (735,68 Mrd. USD) auf.
Doch während die tickende Bombe erst vor kurzem die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich gezogen hat, reichen die Probleme der Credit Suisse weit zurück, speziell als zwei Kunden ihr ein Finanzloch mit Verlusten von mehr als fünf Milliarden Franken bescherten:
All diese Herausforderungen sind mit ein Grund für die völlige Orientierungslosigkeit der Bank, nicht zufällig haben einige ihrer ehemaligen Top-Manager das sinkende Schiff bereits verlassen. Infolgedessen meldete die CS im ersten Halbjahr dieses Jahres Verluste in Höhe von rund 1,904 Mrd. USD. Laut Moody's könnten sich die Verluste für das Gesamtjahr auf bis zu 3 Mrd. USD belaufen.
Die aktuellen Zahlen zeichnen ein ganz anderes Bild als das solide Halbjahresergebnis von 1 Mrd. USD im letzten Jahr.
All diese Faktoren lassen die Alarmglocken in Bezug auf das Vertrauen in die Solvenz der Bank schrillen. Als Beweis dafür ist das Volumen der Instrumente zur Absicherung von Kreditausfällen in Gestalt von Credit Default Swaps (CDS) auf ein Rekordniveau gestiegen (um mehr als 250 %).
Quelle: Bloomberg-Chart
Credit Default Swaps sind Instrumente zur Absicherung gegen Zahlungsausfälle. Ihre Funktionsweise ist einfach: Ein Anleger kauft einen CDS auf einen Vermögenswert, um sich gegen das Risiko eines möglichen Ausfalls abzusichern. Er zahlt eine Prämie an den Verkäufer. Wenn das Unternehmen in Konkurs geht, erhält er den Wert des Assets. Geht es nicht in Konkurs, verliert der Käufer die gezahlte Prämie.
Aber auch wenn alle darüber reden - man kann die Probleme der Credit Suisse nicht mit denen aus dem Jahr 2008 vergleichen. Lehman Brothers war eine der kleinsten Investmentbanken in den Vereinigten Staaten, die sehr stark im Immobiliensektor engagiert war. Die Regierung ließ sie untergehen, um ein Exempel für den Rest des Marktes zu statuieren.
Es überrascht nicht, dass die Aktie der Credit Suisse auf die vielen negativen Schlagzeilen mit einem Wertverlust von rund -55 % in diesem Jahr reagiert hat. Die Marktkapitalisierung der Bank ist entsprechend von 25 Mrd. USD auf rund 11 Mrd. USD geschrumpft.
Einige vermögende Kunden haben ihre Gelder von der Bank abgezogen, was sogar zu Transaktionsstaus und vorübergehenden Verzögerungen führte.
Daneben haben Private Banking-Berater Gespräche mit Schlüsselkunden aufgenommen, um sie von der Solidität des Kapitalpolsters und der Liquidität der Bank zu überzeugen, damit die anhaltende Nervosität nicht zu weiteren Mittelabflüssen führt.
Wie geht es weiter?
Alle Augen sind nun auf den 27. Oktober gerichtet, wenn zwei Dinge passieren:
Sie müsste rund 4 Mrd. USD an Kapital aufbringen. Alles deutet auf eine Kapitalerhöhung hin, um eine tiefgreifende Umstrukturierung des Unternehmens möglich zu machen und eine Finanzspritze zu erhalten, die den Zusammenbruch der Bank verhindern kann.
Die übliche Vorgehensweise wäre es, Vermögenswerte zu verkaufen, um Zeit zu gewinnen, und dann eine Kapitalerhöhung durchzuführen. Für Verkäufe von Vermögenswerten käme unter anderem das Wealth-Geschäft in Lateinamerika (ohne Brasilien) in Frage, und es könnten rund 5.000 Stellen abgebaut werden.
Um die Anleger zu beruhigen, hat die Credit Suisse zunächst angeboten, bis zu 3 Mrd. Euro ihrer eigenen Schuldtitel zurückzukaufen. Die Bank verfügt über genügend Liquidität (ihr Liquiditätsdeckungsgrad ist einer der höchsten unter den europäischen und US-amerikanischen Banken), um die jüngste Talfahrt an den Anleihemärkten zu nutzen und ihre eigenen Schuldtitel mit einem Abschlag zu kaufen. Das führte dazu, dass die Aktien des Unternehmens am Freitag um mehr als 5 % stiegen und die Kosten für die Ausfallversicherung sanken.
Die Credit Suisse erwägt auch die Möglichkeit des Einstiegs eines Investors in eines ihrer Geschäftsfelder, die sie von ihrem Investmentbanking-Segment abspalten möchte. Ziel ist es, die Liquidität zu erhöhen und die Kosten der Umstrukturierung zu finanzieren.
Darüber hinaus verhandelt die Bank über den Verkauf eines Fünf-Sterne-Hotels in Zürich für 400 Mio. CHF.
Ein realistischer Umstrukturierungsplan würde in der Tat viel dazu beitragen, die Gemüter zu beruhigen. Die Frage ist nur, ob wir an das, was uns gezeigt wird glauben können, schließlich ist die Bank in der Vergangenheit immer wieder bei früheren Umstrukturierungsplänen in Verzug geraten.
Dieser Plan ist jedoch nicht die einzige Alternative für die Bank.
Sollte die letzte Alternative eintreten, wäre der befürchtete Dominoeffekt auf das europäische Bankensystem und eine neue Episode der Finanzkrise vorprogrammiert. Das wäre zusammen mit dem, was wir bereits erleben, ein Super-GAU für den gesamten Markt.
In diesem Zusammenhang sei jedoch daran erinnert, dass die Schweizer Regierung bereits seit Anfang des Jahres an einem neuen Gesetz arbeitet, das im Falle eines Bankenzusammenbruchs öffentliche Liquiditätshilfen für die Banken des Landes vorsieht.
Offenlegung: Der Autor besitzt keine Aktien der Credit Suisse.