Die Wald- und Forstwirtschaft nutzt knapp über 30% der 35.7 Millionen Hektar Landfläche Deutschlands und verfügt derzeit über einen Holzvorrat von 3.7 Milliarden Kubikmetern. Das klingt viel, doch das Holzland Nummer 1 in Europa hat aktuell mit Versorgungsproblemen zu kämpfen. Der Bauboom während der Coronapandemie hat die Nachfrage nach Holz sowohl im In- als auch im Ausland deutlich erhöht und Wald wie Wirtschaft haben Mühe mitzuhalten. Die Gründe dafür sind an verschiedenen Stellen zu finden. Zum einen, so bemängelt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes der deutschen Säge- und Holzindustrie Julia Möbius, stellen die zunehmenden Nutzungsverbote in staatlichen Wäldern ein großes Problem bei der Versorgung mit einheimischem Laubholz dar, denn immer mehr Bundesländer schränken die für die Verarbeitung freigegebenen Waldgebiete oder Bäume ein. Zum anderen wird – trotz der Knappheit – eine große Menge des verfügbaren Holzes ins Ausland exportiert. Denny Ohnesorge, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der deutschen Holzindustrie, fasst es folgendermaßen zusammen: „Im Bereich von Holzprodukten ebenso wie von verarbeiteten Natur- und Industrieerzeugnissen verfolgt die EU traditionell eine Philosophie offener Märkte. Die EU ist weltweit praktisch der einzige große Handelsblock ohne nennenswerte Exportbeschränkungen für Rohmaterialien“.
Tatsächlich ist der Export von Rohholz im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 42.6% gestiegen. Etwa die Hälfte (50.6%) der insgesamt ausgeführten 12.7 Millionen Kubikmeter gingen dabei nach China. Auf Platz zwei und drei folgen Österreich mit 19.2% und Belgien mit 9.2%. Zwar setzte sich diese Exportsteigerung zu Beginn des Jahres 2021 nicht fort, sondern sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 12.4%, doch bei langfristiger Betrachtung hat sich die Menge an ausgeführtem Holz seit 2015 mit einem Plus von 238% mehr als verdreifacht.
Ein weiteres Problem für die Holzindustrie sind die nach Angaben des Waldeigentümer-Verbands AGDW immer stärker zunehmenden Diebstähle in deutschen Wäldern. Die Angst vor einem möglichen Gasmangel im Winter und die drastisch steigenden Preise für Brennholz treiben offenbar mehr und mehr Menschen dazu, sich heimlich (und illegal) im nahegelegenen Wald zu bedienen. So sind aufgrund der Verknappung des Rohstoffes die Kosten für einen Festmeter Kaminholz innerhalb kürzester Zeit von €60-70 auf €100-200 geklettert. Laut AGDW-Sprecher Jürgen Gaulke rechnen die entsprechenden Betriebe aufgrund der Diebstähle bereits mit Verlusten um 0.5-2% des gesamten Jahreseinschlags, was wiederum Millionenschäden für die Waldbesitzer bedeute. Die Folgen des Rohstoffmangels für die ganze Holzindustrie sind klar: Produktionsschwierigkeiten für alle abhängigen Sparten, wie Sägewerke oder Möbelproduzenten, lange Lieferzeiten für Kunden sowie Arbeitsplatzgefährdungen vor allem in kleinen und mittleren Betrieben.
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