Wenn die Preisentwicklung zuerst einen Champagner wert war, dann lag das auch daran, dass die Öffentlichkeitsarbeit genauso mit Einigkeit und Zusammenhalt glänzte.
Der saudische Energieminister Khalid Falih sagte zum Abschluss einer vorbereitenden Sitzung der OPEC+ im heimischen Jeddah, dass das Königreich keine Pläne habe, die Produktion jetzt anzuheben und sie womöglich auch im Rest des Jahres nicht anheben werde. Sicher, das Treffen in Jeddah war nicht dazu gedacht, eine Entscheidung zu was auch immer zu liefern. Und doch stimmte ihm sein russischer Amtskollege Alexander Novak zu und sagte, es sei zu früh über ein Ende der Produktionsbeschränkungen zu reden, die seit sechs Monaten in Kraft sind. VAE-Energieminister Suhail al-Mazrouei gab seinen Senf dazu und meinte, dass die Arbeit der OPEC “noch nicht erledigt” ist und eine Lockerung der Beschränkungen nicht die “richtige Entscheidung” sei.
Der kombinierte Effekt der Worthülsen der drei Minister in den Energiemedien lieferte im frühen Handel am Montag in Singapur einen Ausschlag um 1,20 USD das Fass Brent, was die Ölbullen Freudentänze machen ließ.
Russland hat offensichtlich andere Ideen zu Produktionserhöhungen
Aber die Party dauerte nicht lang. In der Tat sie war binnen Stunden zu Ende. Nachdem er die Jeddah-Sitzung verlassen hatte, erzählte Novak eine völlig andere Geschichte auf Bloomberg TV, die dazu angelegt schien, eher seinem Chef, dem russischen Präsidenten Vladimir Putin zu gefallen, als Falih—der auf ihn als seinen vertrauenswürdigsten Verbündeten außerhalb der OPEC der letzten drei Jahre gesetzt hatte.
Die OPEC+ müsste vielleicht das gegenwärtig bestehenden Produktionsabkommen "anpassen", sagte Novak Bloomberg TV. Eine Option auf dem Tisch ist die "Abschaffung der Übererfüllung" der gegenwärtigen Reduktionsziele, meinte er, ein Schritt, der in der Konsequenz die Produktionssenkungen in der zweiten Jahreshälfte lockern würde.
Bloomberg baute auf seinem Interview mit Novak eine Nachrichtengeschichte, die sich ein wenig wie ein Meinungsbeitrag las, und in der versichert wurde, dass Putin auch ein Wort bei den Entscheidungen der OPEC+ mitreden wolle. Auf dem jährlich stattfindenden St. Petersburg International Economic Forum (SPIEF) im Juni des letzten Jahres sagte Putin, dass Russland "nicht an einem endlosen Anstieg der Kosten von Energie und Öl interessiert ist", erinnerte Bloomberg seine Leser.
Die 2019er Ausgabe von SPIEF soll vom 6. bis 8. Juni stattfinden—und wieder einmal scheinen die Russen mit einem etwas niedrigeren Ölpreis zufrieden zu sein, als es sich die Saudis wünschen. Moskau kann mit 60 USD das Fass leben, während Riad mit allem unter 80 USD ein Problem bekommt.
Bloomberg fügte an, dass Russland lediglich seine Produktion im geforderten Maß gesenkt und erst in diesem Monat sein offizielles Ziel erreicht hat. Daher bedeutet eine Abschaffung der Übererfüllung lediglich, dass Moskau genau so weitermacht, wie heute. Die mächtige russische Ölindustrie, angeführt von Kreml-Insider und Rosneft PJSC CEO Igor Sechin, will die Möglichkeit haben, die Produktion zu erhöhen.
Das bringt uns zu der Frage: Wird die OPEC in der Lage sein, eine klare, konsistente Botschaft auszusenden, bis ihr entscheidender Gipfel vom 25. bis 26. Juni kommt, auf dem das aus 14 Mitgliedsstaaten bestehende Kartell und seine 10 Verbündeten von außerhalb entscheiden werden, was mit der Produktion in der zweiten Jahreshälfte geschehen soll.
Immer mehr Schwierigkeiten für die Saudis, ihre Entscheidungen allen andern aufzuzwingen
John Kilduff, Gründungspartner beim New Yorker Energiehedgefonds Again Capital, sagte Investing.com in einem Interview der jüngeren Zeit, dass es zunehmend schwierig für Riad wird, seine Entscheidungen allen anderen Ölproduzenten aufzuzwingen, außer natürlich den VAE und einigen anderen in der OPEC, die zufrieden sind, die Saudis reden zu lassen, statt sich selbst zu äußern.
Kilduff wörtlich:
“Abgesehen von dem Aussenden von Rauchsignalen hätten die Russen es nicht klarer machen können, dass sie die Produktion anheben wollen, sobald die Ölpreise einen bestimmten Punkt überschritten haben und der Konsens ist, dass Brent über 70 USD dieser Punkt sein würde.”
Und weiter:
“Ich sehe große Schwierigkeiten für die Saudis voraus, das Angebot unilateral ohne Unterstützung der Russen zu verringern, da jeder sich fröhlich dabei sein wird, mehr Fässer auf Kosten der Saudis zu verschiffen.”
In einem Interview mit CNBC on Monday sagte Novak gestern, dass der Ölmarkt “sehr instabil” sei und dass es schwieriger werde, eine langfristige Strategie zu bestimmen. Er verwies insbesondere auf die Sanktionen gegen den Iran, die eine gefährliche Eskalation in der Region in Gang gesetzt hätten und den amerikanisch-chinesischen Handelskrieg, der die Konjunktur weltweit belasten könnte.
Das bringt uns zu einer weiteren Frage: Wird Riad für sich allein in der Lage sein, dem Druck aus aller Welt zu widerstehen—vor allem aus den USA, von Präsident Donald Trump—die Produktion anzuheben?
Saudischer Wunsch von OPEC-Konsens könnte sie bei Produktionserhöhungen unter Druck setzen
Kilduff glaubt, die Antwort hängt davon ab, wie stark die Saudis die Illusion aufrechterhalten wollen, dass die Demokratie in der OPEC funktioniert und es nicht ein Einmannunternehmen geworden ist. Er sagt:
“Die Saudis wollen den Eindruck vermitteln, dass immer noch Einigkeit innerhalb der OPEC besteht. Aber wie können sie Rückendeckung von wichtigen Partnern wie dem Iran gewinnen, wenn die Feinschaft zwischen den beiden derartige Ausmaße erreicht hat?”
“Und die Saudis sind allein dafür verantwortlich, dass sie die US-Sanktionen gegen den Iran unterstützt haben.”
In seinem Beitrag vom Montag erinnerte Bloomberg den Markt daran, dass vor nur einem Jahr, auf einer weiteren vorläufigen OPEC+-Sitzung in Jeddah Falih zu ähnlich schweres Geschütz aufgefahren und sich festgelegt hatte, dass er die Produktion nicht erhöhen werde.
Und dann, unter dem Druck von Trump und Putin, machte er eine Kehrwende—und so könnte es erneut laufen.
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