Lithiumproduzenten warnen angesichts des rasanten Preisverfalls vor den Auswirkungen auf das Geschäft.
- Tianqi Lithium aus China teilte am Dienstag mit, dass es für das Gesamtjahr einen Gewinnrückgang von bis zu 73 % gegenüber dem Vorjahr erwartet. Der Gewinneinbruch resultiert aus dem Einbruch der Lithiumpreise, die auch geringere Erträge aus der Beteiligung an der chilenischen SQM nach sich ziehen. Wertberichtigungen auf Bilanzpositionen werden wahrscheinlicher.
- Konkurrent Ganfeng (HK:1772) Lithium rechnet ebenfalls mit einem starken Gewinnrückgang zwischen 70 % und 80 %.
- Der weltweit größte Lithiumproduzent Albemarle (NYSE:ALB) hat offenbar mehr als 300 Mitarbeiter oder 4 % seiner Gesamtbelegschaft in seinen US-amerikanischen und weltweiten Betrieben entlassen. Betroffen waren die Bereiche Recht, Fusionen und Übernahmen, Marketing, Materialwissenschaften, Forschung und Entwicklung sowie Recycling.
Die Marktlage ist bemerkenswert. Der Preis für Lithium ist seit dem Rekordhoch von Ende 2022 um mehr als 80 % eingebrochen. Doch das Ende der Fahnenstange scheint immer noch nicht erreicht. Experten gehen davon aus, dass die Preise für Lithiumcarbonat in China (dem größten Verbraucher und Produzenten) in diesem Jahr abermals um mehr als 30 % gegenüber dem Stand von Dezember 2023 fallen könnten.
200.000 t oder 17 % Überschuss: Lithium so billig wie Ende 2020 nicht mehr
Daten von Benchmark Mineral Intelligence zufolge ist der Lithiumpreis auf 13.200 USD pro Tonne gefallen – den niedrigsten Stand seit 2020. Der Grund ist ein anhaltender und hoher Überschuss auf dem Markt. Goldman Sachs (NYSE:GS) taxiert diesen auf 200.000 Tonnen Lithiumkarbonat-Äquivalent bzw. 17 % der weltweiten Nachfrage in diesem Jahr.
Um den Markt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, müssen die Produzenten der Investmentbank zufolge die Produktion "erheblich" reduzieren. Ganz besonders betreffe dies die Produzenten in Australien. Diese bewegen sich tendenziell in einem höheren Bereich der Kostenkurve als die chinesischen Konkurrenten.
Die Prozesse für eine Reduktion des Angebots sind bereits in Gang. Albemarle etwa kündigte an, Projekte, darunter ein großes Raffinerieprojekt in South Carolina, zurückzustellen. Das Unternehmen ist laut den Analysten von BMI Research (Fitch Solutions) besonders anfällig für Störungen des Marktes, da der Schwerpunkt der Investitionen auf großen Lithiumexpansionen durch Konversionsanlagen liegt.
Dennoch gilt Lithium weiterhin als Rohstoff mit besten Zukunftsaussichten. Davon dürfte auch Albemarle profitieren, meinen die BMI-Analysten – gerade, weil jetzt kostengünstigen Lithiumprojekten Vorrang gegeben werde, könnte das Unternehmen von einer Erholung des Marktes und höheren Preisen profitieren.
"Das Unternehmen ist in der Lage, die Investitionsausgaben weiter zu reduzieren, um die Liquidität zu erhalten", heißt es in einem Kommentar. Die gute finanzielle Ausstattung eröffne auch Optionen in den Bereichen M&A und JV. Langfristig könnte Albemarle ebenso wie andere große Akteure von einer Marktbereinigung profitieren. Die Aktie jedenfalls zeigt nach einem regelrechten Preisverfall Anzeichen einer Konsolidierung.
Auch WoodMac betont die Bedeutung von Größe im aktuellen Marktumfeld – und die Möglichkeiten, die Größe mit sich bringt. So würden Fusionen und Übernahmen in diesem Jahr wahrscheinlich zunehmen, da die großen Lithiumkonzerne nach Wachstumsmöglichkeiten suchen und führende Bergbauunternehmen einen Markteintritt in Erwägung ziehen könnten.
"Lithiummarkt durchläuft turbulente Zeiten"
Lithium-Majors mit mehreren Anlagen, wie Albemarle, Tianqi und Ganfeng könnten laut WoodMac die Produktion drosseln, um das Marktgleichgewicht wiederherzustellen und ihren langfristigen Wert zu maximieren. Unternehmen, die nur ein einziges Projekt haben, können die Produktion dagegen nicht stoppen, ohne ihren Cashflow zu gefährden.
Allan Pedersen, Hauptanalyst für Lithium bei WoodMac sieht die Hauptgründe für den Preisverfall im erlahmenden Wachstum des EV-Marktes. Da im laufenden Jahr mehrere neue Ressourcen- und Umwandlungsprojekte anlaufen, könne sich das Überangebot und der Preisverfall sogar noch fortsetzen. "Der Lithiummarkt durchläuft turbulente Zeiten".
Pedersen betont jedoch auch die "nach wie vor hervorragenden Fundamentaldaten", die durch den weltweiten Druck zur Dekarbonisierung angetrieben würden.