Ausverkauf oder Korrektur? Zeit für kluge Investments – So gehst du vor!Raus aus dem Risiko

Märkte erholt - US-Schuldengrenze - Nord Stream II - "Polexit"

Veröffentlicht am 22.07.2021, 09:39
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Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1798 (06:05 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1760 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 110.12. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129,93. EUR-CHF oszilliert bei 1,0822.

An den Finanzmärkten weicht die Risikoaversion. Nicht haltbare Narrative (Stagflationsrisiken) haben offenbar kurze Verfallzeiten. Die Aktienmärkte erholten sich in den letzten 24 Stunden getragen von überwiegend starken Quartalsberichten und positiven Wachstumserwartungen. So prognostizierte gestern Spaniens Regierungschef per 2021 6% und per 2022 7% BIP-Wachstum. 

Rohstoffpreise konnten große Teile des verlorenen Bodens gutmachen. Auch Bitcoin & Co. erholten sich. Die Edelmetallpreise werden regelmäßig über Future Verkäufe "eingefangen". Das ist derzeit bei Gold bei Kursen jenseits von 1820 USD erkennbar. Der USD hält "noch" die leicht erhöhten Niveaus an den Devisenmärkten. Das könnte sich ändern.

USA lavieren an Schuldenobergrenze

Per Ende Juli ist das bei 28,5 Billionen USD liegende Schuldenlimit erreicht. Budgetäre Taschenspielertricks eröffnen kurzfristig Spielräume, einen Government-Shutdown zu verhindern. Laut Haushaltsbüro des Kongresses würde es per November eng mit der Staatsfinanzierung. Republikaner stellen sich gegen eine Erhöhung des Limits. Die Fronten sind verhärtet. Den USA stehen kritische Zeiten bevor. Die Haushaltslage belegt, dass die USA ein Schuldenproblem haben. Es wird daran deutlich, dass selbsttragende Wachstumskräfte in den USA unausgeprägt sind. Latent verschlechtert sich die Verschuldungssituation. Was sagt das über die Rolle aus, die die USA global spielen wollen?

Einigung bei North Stream II - eine Bewertung

Deutschland und die USA haben den Konflikt über Nord Stream II beigelegt.

Kommentar: Konfliktbeilegung ist immer positiv!

Deutschland würde Sanktionen gegen Russland verhängen, sofern die Pipeline von Russland dazu verwendet würde, der Ukraine oder anderen Ländern zu schaden. 

Kommentar: Das ist sachlich nicht zu beanstanden. Was aber, wenn wie in der Vergangenheit die Ukraine die Transitfunktion gegen Russland oder Europa machtpolitisch missbraucht? Diese Asymmetrie ist verstörend, da sie Fakten in der Causa Gastransit der Vergangenheit ignoriert. Mangelt es an politischer Konsequenz?

Die US-Regierung würde keine Sanktionen gegen die Fertigstellung der Pipeline verhängen. 

Kommentar: Alleine dieser US-Versuch war respektlos und imperialistisch!

Kanzlerin Merkel betonte, dass Deutschland fest als transatlantische Partner an der Seite der Ukraine stünde.

Kommentar: Partner ja. Transatlantisch impliziert Nato, das geht nicht, da die Ukraine kein Nato-Mitglied ist und es auch nicht werden wird, da die Eintrittskriterien nicht ansatzweise erfüllt sind und das ist gut so (Kriegsrisiko, Dominoeffekt).

Wozu verpflichtet sich Deutschland?

    • Berlin ist bereit, auf EU-Ebene Sanktionen durchzusetzen. 
    • Berlin sichert zu, sich für eine Verlängerung des bis 2024 laufenden Transitvertrags des russischen Gazprom-Konzerns mit der Ukraine einzusetzen. 
    • Berlin zahlt 150 Mio. EUR in einen „Grünen Fonds Ukraine“ ein, um die Energiewende in der Ukraine zu forcieren und Abhängigkeiten von Russland zu minimieren. 
  • Berlin will unterstützend wirken, dass die Ukraine unabhängiger vom russischen Stromnetz wird (Angliederung an das europäische Netz). 

Das sind größtenteils Absichtserklärungen. Die Lasten sind zunächst überschaubar.

Fazit:

So sieht realpolitische Konfliktlösung aus. Sowohl Deutschland als auch die USA haben das Gesicht gewahrt. Dennoch ist es grotesk, wie dritte Länder sich in deutsche Energiepolitik einmischen. Das gilt für die USA, für Polen, die Ukraine als auch die Balten. Die USA verbieten sich per Gesetz Einmischung von außen. Polen zeigt gerade, dass Polens Unterschrift unter das EU-Beitrittsvertragswerk das Papier nicht wert ist. Polen geht egozentrische Wege und will in Berlin mitbestimmen? Sportlich, sehr sportlich, nein grotesk!

Kritik kam von den Grünen. So argumentierte der außenpolitische Sprecher Nouripour: "Die Pipeline bleibt weiterhin eine Wette gegen den Klimaschutz, ein fossiler Spalter Europas und ein Co-Finanzier des Kreml. Deshalb werden wir Grüne uns weiter dafür einsetzen, sie zu verhindern." 

Kommentar: 

    • Ergo ist russisches Gas via Ukraine gutes Gas und finanziert nicht den Kreml?
    • Sind wir vom Gas auf Jahre losgelöst von der grünen Energiewende abhängig?
    • Haben wir die höchsten Energiepreise als energieintensivster Industriestandort der Welt?
  • Brauchen wir in dieser Funktion absolute Versorgungssicherheit, um weitere Standortnachteile zu verhindern und Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern? 

Die Grünen verurteilten einst den Imperialismus der USA. Heute wirken sie wie ein Schoßhündchen, das US-Interessen vertritt. So ignorieren sie die fehlende Gewaltenteilung der Ukraine ebenso wie die Rolle der Ultrarechten in Ukraine, sie ignorieren Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen der USA, sie zeigen Ignoranz für Snowden und Assange, aber engagieren sich für den Rechtspopulisten Nawalny.  

Den Angriff auf deutsche Souveränität können sie scheinbar nicht einmal erkennen!  

Ich bin sehr nachdenklich …

"Polexit" wird realistischer

Der Streit zwischen der EU-Kommission und der polnischen Regierung wegen der Justizreformen nimmt kritische Formen an. Kommissionsvizepräsidentin Jourová forderte die Aussetzung der umstrittenen Disziplinarkammer für polnische Richter entsprechend der Verfügung des EuGH und drohte nunmehr mit einer Geldstrafen. Polen wurde eine letzte Frist bis zum 16. August eingeräumt, das EuGH-Urteil umzusetzen. 

Rechtlich bleibt der EU-Kommission nur der Weg über Zwangsgelder via EuGH (Missachtung der Beschlüsse), da der Schulterschluss zwischen Polen und Ungarn innerhalb der EU andere Sanktionskanäle verbaut.

Fakt ist, dass sich Polen mit dem Beitritt zur EU und zu ihren Honigtöpfen EU-Recht unterworfen hat. Polen missachtet nicht nur vertragliche Pflichten, sondern hat durch das mittlerweile gleichgeschaltete polnische Verfassungsgericht feststellen lassen, dass die Anordnungen des EuGH nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar seien.

Damit steht faktisch der gesamte EU-Beitrittsvertrag Polens zur Disposition, denn die Frage der Rechtsstaatlichkeit und damit der Gewaltenteilung ist essenzielle Grundlage des Beitritts und der Mitgliedschaft. 

Als Fazit lässt sich ziehen, dass Beitritte, die mit heißer Nadel genäht wurden, kontraproduktiv sind. Sie schaden den Menschen in den EU-Ursprungsländern, deren Interessen unsere Politiker zu vertreten haben. Ein "Polexit" ist vor den aktuellen Hintergründen wahrscheinlicher geworden. Faktisch ist er sogar überfällig. Entscheidend ist, dass bezüglich des Balkans nicht erneut bei Beitritten mit heißer Nadel genäht wird, denn Lernkurven darf man von EU-Politikern erwarten.  

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Keine frischen Impulse aus Datensätzen

In Italien sank der Absatz der Industrie im Monatsvergleich um 1,0% nach zuvor 3,3%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 40,2% nach zuvor 105,1%.

In Griechenland stellte sich per Mai ein Leistungsbilanzdefizit in Höhe von 1,403 Mrd. EUR nach zuvor -2,079 Mrd. EUR ein.

In den Niederlanden sank der Index des Verbrauchervertrauens per Juli von -3 auf -4 Punkte. Die Verbraucherausgaben legten per Mai im Jahresvergleich um 8,8% nach zuvor 9,7% (revidiert von 9,4%) zu.

Die Arbeitslosenquote der Niederlande fiel per Berichtsmonat Juni von zuvor 3,3% auf 3,2% und markierte damit den tiefsten Stand seit März 2020 (2,90% das bisherige Allzeittief in der uns seit 2003 vorliegenden Historie).

USA: Stabile Seitenlage am US-Hypothekenmarkt

Der MBA Hypothekenmarktindex sank in der Berichtswoche per 16. Juli von zuvor 727,5 auf 698,3 Punkte. Seit März 2021 hat sich eine Bandbreite zwischen 630 - 730 Punkte herausgebildet.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.1900 - 1.1930 negiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer 
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH

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