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Märkte: Rekorde "purzeln" – Standort Europa verliert an Attraktivität

Veröffentlicht am 22.03.2024, 08:50
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Der EUR eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0834 (05:32 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0832 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 151,51. In der Folge notiert EUR-JPY bei 164,15. EUR-CHF oszilliert bei 0,9740.

Märkte: Rekorde "purzeln"

Die Finanzmärkte zeigen sich weiter im Modus der Risikofreude. An den Aktienmärkten "purzelten" Rekorde. Gestern galt es beispielsweise für den DAX, den Nikkei (Japan), den S&P 500 als auch den Citi US Tech 100.

Zentralbanken spielen hinsichtlich der aktuellen Gemütslage eine nicht unbedeutende Rolle. So senkte die Schweizer Nationalbank gestern unerwartet die Zinsen von 1,75% auf 1,50% (siehe unten). Die Sitzung des Offenmarktausschusses der Federal Reserve lieferte am Mittwochabend die Initialzündung für die Märkte. Nun sind es keine zehn US-Zinssenkungen per 2024, wie in der Spitze im vierten Quartal 2023 unterstellt, aber es reichen eben auch drei oder gar vier Reduktionen des Leitzinses im Jahr 2024 a‘ 0,25% aus Sicht der Finanzmarktteilnehmer.

Bezüglich Kontinentaleuropa und Deutschland erreichten uns wenig erbauliche Nachrichten die Wirtschaft und den Standort betreffend. Europa hat laut DIHK-Umfrage als Standort für Industriebetriebe deutlich an Attraktivität eingebüßt (siehe unten). Fast zwei Drittel der deutschen Unternehmen gaben an, in den vergangenen fünf Jahren eine Verschlechterung auszumachen.

Das Auftragspolster der deutschen Industrie nahm laut Statistischem Bundesamt per Januar im Vergleich zum Vormonat um 0,9% ab. Im Jahresvergleich lag der Rückgang inflationsbereinigt bei 5,2%. Nehmen sich die Eliten Kontinentaleuropas und Deutschlands der Herausforderungen in angemessener Form an? Die Bundesbank (Monatsbericht März) kann keine Erholung ausmachen.

Westliche Aktienmärke wandeten sich zumeist in „grün“. Der Late DAX nahm um 0,09% zu, der EuroStoxx 50 verlor marginal 0,03%. Der S&P 500 legte um 0,24% zu. Der Dow Jones stieg um 0,73% und der Citi US Tech verzeichnete ein Plus in Höhe von 0,21%. Der Nikkei gewann Stand 06:50 Uhr 0,35%. Der Sensex (Indien) stieg um 0,15%. Dagegen verloren der CSI 300 (China) 0,96% und der Hangseng (Hongkong) 2,56%.

An den Rentenmärkten dominierte zarte Entspannung. 10-jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,40% (Vortag 2,43% ), 10 jährige US-Staatsanleihen mit 4,24% (Vortag 4,27%).

Der USD gewann gegenüber dem USD, Gold und Silber an Boden.

DIHK-Umfrage - Europa hat als Standort für Industriefirmen an Attraktivität verloren

Europa hat laut DIHK-Umfrage unter 3.000 Unternehmen als Standort für Industriebetriebe deutlich an Attraktivität eingebüßt. Fast zwei Drittel der deutschen Unternehmen gaben an, in den vergangenen fünf Jahren eine Verschlechterung auszumachen. Nur 5% sehen verbesserte Standortbedingungen.

Kommentar: Jeder Tag, der ohne große Neuorientierung seitens der Politik vergeht, wird das Problem größer. Die anziehenden Ökonomien in den USA, Japan und sogar Japan sprechen Bände. Wer die Realität verweigert, zahlt einen hohen Preis (Gorbatschow/Honecker, wir haben doch Erfahrung!), nicht nur wirtschaftlich und nicht wohlstandstechnisch, sondern gesellschaftlich und politisch (Stabilität).

DIHK Hauptgeschäftsführer Wansleben: „Dieser Trend muss umgehend gestoppt werden, nach der Europawahl im Frühsommer müsse die nächste EU-Kommission Maßnahmen ergreifen, um den Standort zu stärken.“ Wansleben forderte Freihandelsabkommen und weniger Bürokratie. Bei letzterer sehen 95% der Unternehmen einen dringenden Handlungsbedarf.

Kommentar: Danke für Klartext Herr Wansleben, Wasser auf unsere Mühlen! Bitte mehr davon!

Unerwartete Zinssenkung der Schweizer Nationalbank

Gestern senkte die Schweizer Notenbank den Leitzins von zuvor 1,75% auf 1,50%. Es ist die erste Zinssenkung seit dem 4. Quartal 2014. Der Anstieg der Verbraucherpreise lag zuletzt bei 1,2%. Die Erzeugerpreise sanken im Vergleich zum Vorjahr zuletzt um 2,0%. Das Preisniveau erlaubt somit diesen Schritt. Der positive Realzins (Leitzins gegenüber CPI Rate) liegt damit bei überschaubaren 0,3%. In der Eurozone liegt er bei +1,9%, in den USA bei circa +2,2%.

Kommentar: Realzinsen sind als Ausdruck der Restriktion bedeutungsvoll. Der Zinsentscheid der SNB darf als Frühindikator für Zinssenkungen der Fed und der EZB interpretiert werden.

Rückblick FOMC-Sitzung der Federal Reserve

Erwartungsgemäß wurden das Leitzins- und Anlagezinsniveau nicht verändert. Aber es wurden die Projektionen für die Federal Funds Rate (Leitzins) reduziert. Dieser Schritt impliziert zeitnah den Beginn des Zinssenkungszyklus.

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Kommentar: Die SNB schritt mit der ersten Zinssenkung voran. Aktuelle US-Inflationsdaten generieren im Hinblick auf den US-Leitzins extrem hohe restriktive Realzinsen (prohibitiv?).

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Kommentar: Die Realzinsampel steht auf tiefgrün für Zinssenkungen.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Einkaufsmanagerindices (PMIs, vorläufige Werte März) – Für Deutschland (rot) ernüchternd!

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Kommentar: Die Eurozone „reüssiert“ (Ironie!) gesamtwirtschaftlich mit unter 50 Punkten im kontraktiven Bereich, auch wenn sich mit Ausnahme Frankreichs im Monatsvergleich ein Anstieg einstellte. Die Eurozone ist Verlierer! Die Sorgenkinder der Eurozone sind Deutschland gefolgt von Frankreich. Beides sind ökonomische Schwergewichte der Eurozone, die den Rest nach unten ziehen. Die USA, das UK (trotz Brexit) und Japan reüssieren im Wachstumsbereich hinsichtlich der Gesamtwirtschaft.

Diese Divergenz zu Lasten Kontinentaleuropas erklärt sich zu großen Teilen über das Thema Energie. Japan hat nach Fukushima an Atomstrom festgehalten und baut ihn aus. Japan importiert fossile Energieträger aus Russland via Sachalin (man sanktioniert auf dem Papier und agiert interessenorientiert!), ergo sind Versorgungssicherheit und Vorteile bei Preisen gegenüber Europa gewährleistet.

Die USA sind bezüglich fossilen Brennstoffträgern autark und importierten im letzten Jahr Rekordmengen an Uran aus Russland (man agiert bei Uran interessenorientiert nach dem Motto "America first" – Russlands Einnahmen hin oder her - und verdient sich mit LNG eine „goldene Nase“). Auch hier ergeben sich massive Preisvorteile gegenüber dem Standort Kontinentaleuropa. Machen die USA und Japan Moralpolitik oder Interessenpolitik? Kann Kontinentaleuropa sich den Politikansatz weiter leisten? Es geht maßgeblich um das Thema Energie! Für weitere Naivität Europas gibt es keinen Spielraum.

Als Fazit lässt sich ziehen, dass diese Preisdivergenzen bei Energie in dem energetischen Zeitalter, in dem wir leben, entscheidende Größen bezüglich der Wirtschafts- und Wohlstandspotentiale waren, sind und bleiben werden. Wann begreift Kontinentaleuropa die Notwendigkeit zum interessenorientierten Handeln, zu dem der Eid die Regierungen verpflichtet? Wieviel Substanz unseres Kapitalstocks (Basis aller Einkommen) soll noch riskiert werden? Die Zahlen sind eindeutig und lügen nicht!

Eurozone: Geschäftsklimaindices stärker im Widerspruch zu den PMIs

Frankreich: Im Gegensatz zu den Einkaufsmanagerindices stieg der Geschäftsklimaindex im Verarbeitenden Gewerbe per März von zuvor 101 (revidiert von 100) auf 102 Punkte (Prognose 100) und markierte den höchsten Stand seit März 2023. Diese Divergenz wirft Fragen auf!

Frankreich: Im Gegensatz zu dem Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft nahm der Geschäftsklimaindex für die Gesamtwirtschaft von zuvor 98 auf 100 Zähler zu. Es ist der höchste Indexstand seit September 2023. Diese Divergenz zu PMIs wirft Fragen auf!

UK: Zunächst Politik der ruhigen Hand

Die Bank of England hat die Leitzinsen unverändert bei 5,25% belassen. Im Hinblick auf die zuletzt deutlich gesunkenen Verbraucherpreise (3,4%) wähnt man sich auf gutem Weg.

USA: Daten durchgehend besser als erwartet

Die Leistungsbilanz der USA wies per 4. Quartal 2023 ein Defizit in Höhe von 194,8 Mrd. USD (Prognose 209,0 Mrd. USD) nach zuvor 196,4 Mrd. USD (revidiert von 200,3 Mrd. USD) aus. Die Arbeitslosenerstanträge lagen per 16. März bei 210.000 (Prognose 215.000) nach zuvor 212.000 (revidiert von 209.000).

Der Philadelphia Fed Business Index verzeichnete per März einen Rückgang von zuvor 5,2 auf 3,2 Punkte (Prognose -2,3). Der Absatz zuvor genutzter Wohnimmobilien stellte sich per Februar auf 4,38 Millionen (Prognose 3,94 Mio.) nach zuvor 4,00 Millionen. Der Index der Frühindikatoren nach Lesart des Conference Board nahm per Februar erstmalig seit 23 Monaten zu. Der Anstieg stellte sich auf 0,1% (Prognose -0,2%).

Japan: Verbraucherpreise steigen auf 2,8%

Die Verbraucherpreise legten per Februar im Jahresvergleich um 2,8% nach zuvor 2,2% zu. Die Kernrate der Verbraucherpreise verzeichnete per Februar im Jahresvergleich einen Anstieg um 2,8% (Prognose 2,8%) nach 2,0% zuvor.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe

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