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OPEC, Handelskriege oder Makroumfeld: Wer bestimmt den Ölmarkt?

Veröffentlicht am 04.06.2019, 19:07
Aktualisiert 02.09.2020, 08:05
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Auch wenn die Worte von einem publizierten Interview stammen und nicht live von einer Pressekonferenz, reflektierten sie Khalid al-Falih wie wir ihn kennen—ruhig, besonnen und gediegen, als er dem Ölmarkt gerade die richtigen Versicherungen gab, die dieser nach dem schlimmsten Ausverkauf in sechs Monaten bitter nötig hatte.

Das Interview des saudischen Energieministers mit Arab News hatte alle Zutaten, um den Tag für die Ölbullen zu retten. Die Rohölpreise sprangen am Montag im europäischen Handel um 2% zurück, nachdem Falih Gerüchte über Uneinigkeit in den Reihen der OPEC abgebürstet hatte. Er versicherte, dass das Kartell und sein Hauptpartner Russland nicht bei ihrem Versuch den Ölmarkt mit Produktionssenkungen zu stabilisieren, nicht ins Straucheln geraten werden, wenn sie in diesem Monat ihr Treffen abhalten werden. “Wir werden tun, was notwendig ist,” sagte er. Und ja, das Treffen findet am 25. Juni statt, wie angesetzt und nicht an einem unbekannten Termin im Juli, wie weithin spekuliert wurde, sagte er mit kühler Bestimmtheit.

Und doch, trotz Falihs Versicherungen beendete Öl den Handel am Montag in New York mit Verlust und setzte damit den Preiseinbruch um 16% bei US-Rohöl und 11% beim britischen Benchmark vom vergangenen Monat fort, der der Börsenweisheit “sell in May and go away” auf ganzer Linie recht gegeben hatte.

Ölpreis

Und das ist noch nicht alles. Der Schlusskurs von 53,25 USD das Fass für West Texas Intermediate war der schwächste seit dem 12. Februar. Britisches Brent unterdessen, schloss den Handel auf einem Viermonatstief von 61,28 USD ab. Beide Benchmarks sind damit in einem Bärenmarkt, da sie seit ihren Höchstständen vom April mehr als 20% verloren haben.

Handelskriege überschatten alles andere beim Öl

Wieder einmal hat die Angst vor den Schäden, die die verschiedenen Handelskriege der Trump-Administration in der Weltwirtschaft verursachen könnten, die Ölbullen ins Leere laufen lassen.

Und Falihs Interview war am Montag nicht die einzige bullische Meldung gewesen.

Das Wall Street Journal berichtete, dass Mexiko und China zu Gesprächen bereit sind, um eine Lösung für ihre Konflikte mit US-Präsident Donald Trump zu finden.

Dann gab es eine große Explosion in einer Raffinerie in Kamerun und einige norwegische Ölgewerkschaften haben zu einem Streik aufgerufen.

Russland hat Berichten nach, seine Unterstützung für den umkämpften venezolanischen Präsidenten Maduro gekappt, was weitere bewaffnete Auseinandersetzungen in den Straßen Caracas zur Folge haben könnte, als die politische Volatilität im Herzen Südamerikas zunimmt.

Im Golf haben US-Streitkräfte drei Öltanker in Syrien gesprengt, als die Vereinigten Staaten ihren Druck auf Syrien erhöhten, indem sie den Ölhandel zwischen der PKK/YPG und dem Assad Regime unterbinden.

Und zu guter Letzt hat Saudi-Arabien seine Preise für Öllieferungen nach Asien angehoben, was eine starke Nachfrage signalisiert, auch wenn es seine Preise für die USA und Europa gesenkt hat.

Dass trotz alledem den Handel dennoch tiefer beendete, stellt die Frage: Kann die OPEC allein sich trotz des ‘Hintergrundrauschens’ von Handelskriegen im Markt Gehör verschaffen?

Mit nur noch drei Wochen bis zur zweitwichtigsten OPEC-Sitzung des Jahres, ist dies sicherlich eine Frage, die sich zu stellen lohnt. Die Veranstaltung am 25. Juni ist ein Ereignis, von dem sich die Ölbullen erhoffen, dass es den laufenden Ausverkauf beenden wird und zumindest einen Teil der Zugewinne, die im vergangenen Monat verloren gegangen sind, wiederherzustellen.

Es war erst Anfang April gewesen, als die Ölfutures im Vergleich zum Jahresanfang um bis zu 40% höher standen und die 2019er Höchststände von 66,60 USD bei WTI und 75,60 bei Brent erreichten, die durch eine Kombination aus OPEC-Produktionsbeschränkungen und US-Sanktionen gegen iranische und venezolanische Ölexporte zustande gekommen waren.

Seither hat der eskalierende Handelskonflikt zwischen den USA und China am Markt den größeren Einfluss gehabt. Und das bevor die Androhung Trumps in der letzten Woche, Zölle von 5% bis 25% gegen Mexiko zu verhängen, die letzten Überbleibsel von Zuversicht aus dem Markt fegte.

OPEC sieht sich mit enormem Rückgang der Zuversicht in die Nachfrage konfrontiert

John Kilduff, Gründungspartner des New Yorker Energiehedgefonds Again Capital, denkt, dass die OPEC es schwer haben wird, die Relevanz ihrer sehr gut umgesetzten Produktionssenkungen unter Beweis zu stellen, angesichts dessen, dass die Nachfrageseite am Ölmarkt immer skeptischer gesehen wird.

Kilduff wörtlich:

“Sie müssen wirklich den Grad an Disziplin und Einhaltung der Saudis und des Rests der OPEC bei der Einhaltung der Produktionssenkungen bewundern, mal abgesehen von Russlands Verzögerungstaktik.”

“Und dennoch denke ich, dass das Kartell die negativen Folgen für die Ölnachfrage durch Trumps verschiedene Handelskriege stark unterschätzt hat. Ohne eine Lösung zumindest einer dieser Konflikte in den nächsten drei Wochen könnte die OPEC zu einem Markt sprechen, der eher interessiert ist, zu verkaufen als zuzuhören. Natürlich wird jedes heute nicht geförderte Fass Öl für den künftigen Boden am Markt von Bedeutung sein. Aber es ist das ‘jetzt’, dass die OPEC gewinnen muss und sie scheinen eine weitere Vertrauenskrise an diesem Punkt zu haben.”

Als die Feriensaison in offiziell weniger als drei Wochen losgeht, lässt die starke Ölnachfrage durch Raffinerien, typisch für diese Zeit im Jahr als die Amerikaner auf Autoreise gehen, bislang auf sich warten. Die US-Rohölvorräte sanken in der Woche zum 24. Mai um lediglich 0,28 Mio Fass, während ein Rückgang um 0,86 Mio Fass vorhergesagt worden war. In den zwei vorangegangenen Woche gab es jedes Mal Nettoeinspeisungen von rund 5,0 Mio Fass in die Öllager.

Goldman Sachs (NYSE:GS) warnte am Wochenende auch, dass "eskalierende Handelskriege und schwächere Aktivitätsindikatoren jetzt doch beginnen, die Stimmung am Markt zu beeinflussen".

Olivier Jakob, Analyst bei Petro Matrix in Zug in der Schweiz fügte am Montag hinzu:

"Die Spekulanten gehen kein Risiko ein und reduzieren weiter ihre Nettolänge in Rohölfutures. Es gibt wahrscheinlich weitere Positionen, die geräumt werden müssen."

Sogar Phil Flynn, Energieanalyst bei The Price Futures Group aus Chicago, der normalerweise ein Ölbulle ist, gab zu, dass “vieles passiert” auf der Negativseite, was “Händlern, die Volatilität mögen, mehr gibt, als sie sich wünschen können”.

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