Ölbullen sollten sich im Zaum halten.
Es wäre an den meisten anderen Märkten eine umwerfende Wende gewesen, aber typisch für Öl, hat der Markt weniger als vier Wochen gebraucht, um von Bullen- zu Bärenmarkt und wieder zurückzukommen. Und wie schon beiden den letzten beiden Kehrwende, ist diese wahrscheinlich nicht die letzte.
Das ist zum Verzweifeln für Händler, die long im Markt sind und eine den Sommer währende Rallye wollen, aufgrund der in dieser Zeit des Jahres üblichen hohen Treibstoffnachfrage.
Tatsache ist allerdings, dass es zur Zeit einfach zu viele gegenläufige Kräfte beim Öl gibt, besonders im globalen Makroumfeld, die sogar die besten Wochendaten von der US-Energieinformationsagentur verpuffen lassen können.
Und da wir bei den Daten sind, die wöchentlichen Daten von der EIA am Mittwoch hätten nicht besser für die Ölbullen sein können, da die Behörde den höchsten Rückgang der Ölvorräte in einer Woche seit September 2016 berichtete. Der Fall um fast 13 Mio Fass war viermal so hoch wie vom Markt erwartet. Und das war noch nicht alles: Die Benzinvorräte und die Vorräte an Destillaten, zu denen Ölerzeugnisse wie Heizöl, Benzin und Flugbenzin gerechnet werden, sind ebenfalls gefallen, statt wie erwarttet zu steigen.
“Definitiv eine bullische Überraschung an allen Fronten,” sagte Tariq Zahir, Gründer des auf Öl fokussierten Fonds Tyche Capital Advisors aus New York, über die Daten.
Während er ein Ölbär ist, denkt Zahir, dass West Texas Intermediate, der Benchmark für den US-Ölmarkt, die 60 USD in Kürze knacken könnte, nachdem es am Mittwoch in Sichtweite dieser Marke gekommen war.
Am Donnerstagmorgen war WTI in New York weniger als 8 USD entfernt von seinem 2019er Hoch von über 66 USD vom April entfernt. In lediglich einer Woche haben WTI und britisches Brent 10% aufgeholt—oder die Hälfte dessen, was sie in den vergangenen fünf Wochen verloren hatten—dank einer Eskalation des Konflikts zwischen den USA und dem Iran. Der Preis von WTI liegt jetzt 30% über dem vom Jahresanfang. US-Benzin ist unterdessen in diesem Jahr 45% teurer geworden, nachdem die dauerhafte Schließung einer Raffinerie den Sorgen über Treibstoffengpässe an der US-Ostküste neue Nahrung gab.
Und das sind die guten Nachrichten. Jetzt zum beunruhigenden Teil.
G20: Das nächste Großereignis für den Ölmarkt
Am Freitag werden die globalen Ölmärkte genau verfolgen, was das wichtigste Einzelereignis des Jahres sein könnte - der G20-Gipfel in Osaka, wo US-Präsident Donald Trump seinem Amtskollegen Xi Jinping gegenübersitzen wird, um zu sehen, ob sie die Handelsgespräche wieder aufnehmen können, wo sie im letzten Dezember abgebrochen worden waren. Seit ihrer letzten Sitzung hat eine stetige Eskalation von wechselseitigen Zollerhöhungen Unternehmen und Märkten auf beiden Seiten des Pazifiks Schaden zugefügt und das Schreckgespenst einer globalen Rezession mit jedem Tag realer erscheinen lassen.
Noch nie für Konsistenz bekannt hat Trump unterschiedliche Signale über den wahrscheinlichen Ausgang der Gespräche ausgesendet, als er vor einer Woche auf Twitter meinte, er ein “sehr gutes” Telefongespräch mit Xi gehabt habe, bevor er dem Osaka-Treffen zustimmte.
Am Mittwoch meinte Trump dann, dass ein Handelsabkommen mit China möglich sei, fügte aber an, er sei zufrieden mit dem Stand der Dinge und erwäge weiterhin die Verhängung neue Zölle gegen Peking.
Trump wankelmütig zu Deal mit China
Der US-Präsident sprach auch über einen alternativen Plan, zu dem eine Verringerung der Geschäftsbeziehungen mit China gehören würde.
Alles in Allem war in diesem Jahr der schwelende Handelskrieg zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten der Welt eine Hauptbremse für den Ölpreis, der ansonsten sogar über 80 USD das Fass geschossen sein könnte.
Stephen Innes, geschäftsführender Partner bei Vanguard Markets in Bangkok, sagte Reuters am Donnerstag:
"Als Trump den Handelskrieg mit seinem "Plan B" neu aufmischt, gibt es immer das Element des Unbekannten.”
"Ich denke, die Länge der spekulativen Positionen vor dem G20 und natürlich dem OPEC-Gipfel könnte überzogen sein.”
Fast unmittelbar nach Ende des G20-Gipfels am Sonnabend werden die 14 Mitgliedsstaaten der von den Saudis angeführten Organisation Erdölexportierender Länder (Organization of the Petroleum Exporting Countries, OPEC) am Montag ihr Treffen abhalten. Am Tag darauf kommen ihre 10 Öl produzierenden Verbündeten hinzu, die von Russland angeführt werden, um über eine Verlängerung der Produktionsbeschränkungen zu diskutieren, die seit Dezember in Kraft sein.
Während Saudi-Arabien zunehmend abhängig von Russland geworden ist, seit der ersten OPEC+-Zusammenarbeit zur Produktionseinschränkung in 2015, scheint Moskau mit jedem Mal mehr zu zögern, den Deal zu verlängern. Das liegt zum Teil am Widerstand russischer Ölunternehmen, die glauben, dass Russland einen lausigen Deal dafür bekommen hat, der OPEC unter dem laufenden Abkommen zu helfen. Igor Sechin, der Kopf der russischen Rosneft (OTC:OJSCY), der größten börsengehandelten Ölfirma der Welt, argumentiert, dass durch die Senkung der Produktion das Unternehmen Marktanteile an aggressive US-Ölexporteure verliert, die nur darauf warten unterversorgte Kunden zu bedienen.
Russisches Dilemma über die OPEC+
Sechin hat gute Gründe sich darüber Sorgen zu machen. Die Daten, die die EIA am Mittwoch veröffentlichten, zeigen unter anderem, dass die US-Rohölexporte auf einen Rekordwert von 3,7 Mio Fass am Tag gestiegen sind. Das wird wahrscheinlich Sechins Frust weiter erhöhen und könnte die Rolle beeinflussen, die Moskau bei der kommenden Runde der OPEC+ spiele wird—eine Entscheidung, die letzten Endes in den Händen von Präsident Vladimir Putin liegt.
Putin wird den saudischen Kronprinzen Mohammed Bin Salman treffen, der die Politik seines Königreichs in der OPEC und bei den G20 bestimmt. Der altgediente russische Staatsmann hat Bin Salman unterstützt, selbst als viele Regierungschefs ihm letztes Jahr die kalte Schulter zeigten wegen seiner angeblichen Verwicklung in die Ermordung des in Saudi-Arabien geborenen Journalisten Jamal Khashoggi. Aber Putin sagte in der Vergangenheit auch, dass Russland mit einem Ölpreis von 40 USD leben kann, anders als die Saudis, die Schätzungen nach, Preise von rund 80 USD benötigen. Angesichts wachsenden Wettbewerbs aus den USA um Exporte und des Einflusses Sechins—einer seiner engsten Berater—kann niemand sagen, wie Putin entscheiden wird.
Energieminister Alexander Novak, der Russland bei den OPEC-Gesprächen repräsentiert, sprach in der Vergangenheit von dem Dilemma seines Landes bei der Unterstützung der OPEC.
Analysten sagen, sollte die OPEC+ nicht in der Lage sein, ihr bisheriges Abkommen zur Senkung der Förderung um 1,2 Mio bpd zu verlängern, dann könnten die Rohölpreise stark fallen.
Zahir sagte, die Ölhändler werden das G20-Treffen und die OPEC-Sitzungen am 1. und 2. Juli genau verfolgen:
“Die nächste Richtungsänderung beim Öl wird von den Ergebnissen dieser beiden Veranstaltungen herbeigeführt werden.”
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