SAP (ETR:SAPG) erlebt derzeit eine spannende Phase für seine Aktionäre. Nach der strategischen Neuausrichtung im Herbst 2020 strebt der Softwarehersteller in diesem Jahr nicht nur nach deutlichem Wachstum, sondern auch nach gesteigerter Rentabilität. Konzernchef Christian Klein spricht von der "zweiten Phase der Transformation".
Im dritten Quartal hat sich diese Vision weitgehend bewahrheitet. Dank Kostenkontrolle und Preiserhöhungen konnte der Dax-Konzern seinen operativen Gewinn um elf Prozent auf 1,7 Milliarden Euro steigern, wie SAP am späten Mittwochabend bekannt gab. Das Cloudgeschäft verzeichnete ein kräftiges Wachstum, wenn auch etwas weniger als von Analysten erhofft. Der Umsatz mit Produkten wie S/4 Hana Cloud stieg um 16 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro oder währungsbereinigt um 23 Prozent.
Analysten reagierten mit Erleichterung bis Freude. SAP habe solide Ergebnisse erzielt, und der Cloudumsatz, der unter den Erwartungen lag, sei der einzige schwache Punkt, urteilte Knut Woller von der Baader Bank. Die SAP-Aktie stieg am Donnerstagmorgen um bis zu sieben Prozent auf 129,56 Euro und notierte am frühen Nachmittag bei knapp 127 Euro. Damit näherte sich der Kurs des größten europäischen Softwareherstellers dem Jahreshoch von 131,70 Euro wieder an.
Dieser kräftige Kursgewinn lässt sich aus der Historie verstehen. Die Umstellung des Geschäftsmodells ist zwar alternativlos, aber teuer. Die Renditen sollen sich erst in der Zukunft auszahlen, wenn viele Kunden die Dienste aus der Cloud nutzen.
An der Börse stellt sich nun die entscheidende Frage, ob SAP das versprochene "beschleunigte Ertragswachstum" wie geplant liefern kann, so Mirko Maier von der LBBW. "Alles deutet darauf hin, was entsprechend positiv bewertet wird."
Die Steigerung der Profitabilität war auch auf die "operative Disziplin" zurückzuführen, die das Management betonte. SAP stellt selektiv ein, die Belegschaft ist etwa gleich groß wie vor einem Jahr, und es gibt keine signifikanten Neuzugänge wie in der Vergangenheit. Geschäftsreisen ohne direkten Kundenbezug sind begrenzt. Die letzten Gehaltsrunden führten intern zu Unzufriedenheit.
Es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Sparpolitik in absehbarer Zeit ändert. "In der Technologie verändern sich Innovationszyklen rasch, wie derzeit bei generativer künstlicher Intelligenz zu sehen ist. Wir müssen investieren und tun dies auch", sagte Klein dem Handelsblatt. "Wir stehen jedoch im Wettbewerb mit US-Unternehmen, die noch höhere Margen erwirtschaften." SAP muss "effizient agieren", um erfolgreich zu sein.
Das Kerngeschäft von SAP bleibt trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen weiterhin stabil. Trotz der weltweiten Krisen hat SAP weniger Einbußen zu verzeichnen als befürchtet. "Angesichts der schwierigen makroökonomischen Lage und im Vergleich zur Konkurrenz ist unsere Leistung beachtlich", sagte Klein. "Die Kunden erkennen, wie relevant SAP ist", betonte er, insbesondere für die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten.
Der Umsatz mit dem Kernprodukt S/4 Hana Cloud, einem Tool zur Steuerung von Geschäftsprozessen, stieg währungsbereinigt um 77 Prozent auf 914 Millionen Euro. Zudem kann der Konzern auf Zusatzgeschäft hoffen, wenn Kunden zusätzliche Programme, beispielsweise für Personalmanagement oder Prozessoptimierung, erwerben. Der Auftragsbestand deutet ebenfalls auf eine solide Entwicklung hin.
Allerdings sind die Auswirkungen der schwierigen wirtschaftlichen Lage an anderer Stelle spürbar. "Finanzchefs sparen zuerst bei Reisen und externen Arbeitskräften", beobachtet Klein. Dies hat Auswirkungen auf die Geschäftsnetzwerke Ariba, Fieldglass und Concur, über die Kunden diese Aktivitäten abwickeln.
Der Druck auf das Management wird voraussichtlich hoch bleiben. Um die Jahresziele zu erreichen, muss SAP das Wachstum im Cloudgeschäft bis zum Ende des Jahres steigern. Der Umsatz in diesem Bereich muss im laufenden vierten Quartal um 25 bis 29 Prozent zulegen, schätzt Michael Briest, Analyst bei der Großbank UBS (SIX:UBSG). Klein hofft, dass die Kunden vermehrt die Geschäftsnetzwerke nutzen werden, was für die Börsenstory von entscheidender Bedeutung ist.
Ob das jetzt ausreicht? Wir sehen SAP trotz dieser positiven Meldungen mitten in einer wichtigen Korrekturphase, an deren Ende diese Aktie definitiv ein Kauf für uns ist. Ein weiterer Durchmarsch nach oben erscheint uns wenig wahrscheinlich.