Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, hatte am Mittwoch die feste Absicht bekundet, ein Scheitern der Verhandlungen um das US-Schuldenlimit zu verhindern. Er verstärkte diese Position gestern, indem er sich optimistisch zeigte, dass zeitnah in den hinter verschlossenen Türen laufenden Verhandlungen ein Ergebnis erzielt werden könnte, dass es erlaube, bereits nächste Woche darüber im Repräsentantenhaus abzustimmen. Freilich tappen selbst die meisten Kongressabgeordneten im Dunkeln, was die Details der bislang abgesprochenen Kompromisse betrifft. Laut CBC zeigen sich darüber insbesondere einige Demokraten besorgt. Sie befürchten, dass Joe Biden zu viele Zugeständnisse macht/e. Deshalb ist ein Scheitern weiterhin denkbar. An den US-Börsen (ETR:SXR4) fanden dennoch hastige Anschaffungen statt, was zum Teil sicher auch auf Shorteindeckungen zurück zu führen ist. Der S&P 500 gewann seit Xetra-Schluss Mittwoch bis zur Stunde stolze 2%. Aber Achtung – das war insbesondere der immensen Nachfrage nach Technologietiteln – insbesondere mit AI-Bezug - zu verdanken: der Nasdaq 100 schoss seitdem um 2,9% in die Höhe. Defensive Sektoren wie Verbrauchsgüter und Versorger (NYSE:XLU) gaben in dieser Rallye sogar nach. Die Indizes verzerren also ein Stück die Realität, der Aufschwung ist nicht so robust, wie es auf den ersten Blick scheint. Trotzdem: der Blick auf die Regionalbanken zeigt, dass sich auch dort eine Stabilisierung abzuzeichnen scheint: das „Problemkind“ PacWest Bancorp steht 28% höher als am Schlusskurs vom Dienstag.
Die Hoffnung auf eine rechtzeitige Einigung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die FED die Zinsen im Juni doch noch einmal anhebt. Der Markt preist dies mit einer vierzig prozentigen Wahrscheinlichkeit ein. Dies in Addition mit Umschichtungen aus „Risk off“ in „Risk on“ führte zu einem Anstieg der US-Renditen, was wiederum den US-Dollar befeuerte. Leidtragender Verlierer war insbesondere Gold. Am heutigen Derivate-Verfallstag laufen laut Goldman Sachs (NYSE:GS) etwa 1,7 Bio USD aus.
In Fernost setzte sich die Rallye von Nikkei und Topix fort. Ebenso aber auch die Schwäche von China und Hongkong. Insbesondere belastete dort bereits gestern via NY, dass das Schwergewicht Alibaba (NYSE:BABA) über enttäuschende Umsätze berichtete: lediglich +2% im Jahresvergleich, das ist der niedrigste Anstieg seit dem Börsengang 2014. Das wurde als weiteres Indiz dafür interpretiert, wie schwach ausgeprägt die Post-Covid Erholung in China ist. Japan Notenbankgouverneur Ueda spricht sich für weitere monetäre Entlastung aus, um die Wirtschaft zu stimulieren. Zugleich sieht er gute Chancen, dass der Verbraucherpreiseanstieg in Japan noch im laufenden Fiskaljahr wieder unter 2% fällt. Aktuell hat sich der Anstieg jedoch von 3,2 auf 3,5% leicht beschleunigt, denn die Unternehmen haben zu Beginn des neuen Geschäftsjahres im April die Preise erhöht.
Der STXE 600 notiert aktuell 1% höher als zum Xetra-Schluss vom Mittwoch. An der Spitze steht der Techsektor (+3,9%), gefolgt von den zyklischen Sektoren Industrials und Automobile. Tiefer als am Mittwoch notieren Telefondienste und Versorger. Aber auch die anderen defensiven Branchen Nahrung und Gesundheit zeigen sich ggü. vorgestern nur wenig verändert – also ungefähr das gleiche Bild wie in den USA. Die deutschen Erzeugerpreise lagen im April um 4,1 Prozent über dem Stand vom April 2022. Prognostiziert war ein Anstieg um 4,4%. Während sich die Produktion von Lebensmitteln weiter erheblich verteuerte, sanken die Energiekosten deutlich.
Heute beginnt der G7-Gipfel in Hiroshima. Konkret erwartet wird nicht viel, eventuell gibt es ein paar neue Sanktionen gegen Russland. Es kann aber sein, dass auch die Beziehungen zu China diskutiert werden.
Im APX kostet die jüngste Schwäche der globalen Anleihen 5 Punkte. Auf der Gegenseite gewinnt der S&P +3 Punkte.