Die chinesischen Behörden haben gestern einige Entscheidungen gefällt, um den heimischen Aktienmarkt für Investoren attraktiver zu machen. So wurde die Stempelsteuer (Stamp Duty) auf Aktienumsätze von 0,1 auf 0,05% halbiert. Das weckte positive Erinnerungen an 2008, jedoch wurde die damalige Rallye von umfangreichen Wirtschaftsstimulanzien begleitet. Diese werden aktuell nicht erwartet. Der Kurssprung vom Handelsbeginn – z.B. fast +5 im Shanghai Composite Index – wurde deshalb fast komplett wieder abverkauft: Schluss +1%. Vor allem ausländische Investoren sollen laut Bloomberg heute früh in die Rallye hinein massiv ihre Aktienbestände abgestoßen haben. Grund dafür dürfte die weiterhin bestehende große Skepsis über Chinas aktuelle Wirtschaftskraft sein: die Gewinne der chinesischen Industrieunternehmen sind laut CNBC im Juli um 6,7% ggü. dem Vorjahresmonat gesunken. Im Vergleich der ersten sieben Monate des Jahres verdienten die Unternehmen 15,5% weniger als von Jan-Jul 2022. Das ist nur wenig besser als der Halbjahresvergleich per Ende Juni: -16,8%. Weitere Maßnahmen, die China gestern zur Kursstabilisierung ankündigte, ist die Reduktion von Sicherheitshinterlegungen (Margin Ratio) bei gehebelten Geschäften, die verringerte Zulassung von neuen Börsengängen (IPOs) und die Beschränkung von Aktienverkäufen durch wesentliche Anteilsinhaber von Firmen, deren Aktienkurs unter bestimmte Levels gefallen ist. Nach 17 Monaten Kursaussetzung eröffnete heute wieder der Handel in dem Immobilienkonzern Evergrande (HK:3333): die Aktie kehrte mit einem Kursabschlag von 87% an die Börse zurück.
Am Freitag hatte Powells Rede auf dem Wirtschafts-Symposium von Jackson Hole die Börsen leicht stimuliert. Der US-Notenbankchef betonte, dass der angestrebte kräftige Inflationsrückgang gut vorangekommen sei. Zugleich warnte er aber davor, dies als Sieg zu feiern. Es ist jedoch beachtenswert, dass Powell darauf hinwies, dass die US-Notenbank vorsichtig navigieren wolle, denn die Wirkung der bisherigen Zinsschritte seien noch nicht voll in der Wirtschaft angekommen. In Anbetracht des großen Weges, den die FED bereit gegangen sei, könne sie es sich leisten, nun behutsamer zu agieren. Freilich sprach Powell dabei nur die beiden Optionen aus, entweder die Zinsen weiter anzuheben oder unverändert zu belassen – eine mögliche Zinssenkung scheint in weiter Ferne zu liegen. Die wichtigsten Indikatoren für das weitere Vorgehen seien die Entwicklung des Core-CPI (Kerninflation, also Verbraucherpreise ohne Nahrung und Energie) und der PCE-Index (der Index über die persönlichen Konsumausgaben, der wesentlich mehr Güter und Dienstleistungen umfasst als der CPI). Besonders wichtig zu beobachten sei die Preisentwicklung bei den lebensnotwenigen Basisgütern: den Wohnkosten und den Dienstleistungen wie Gesundheit, Transport und der Lebensmittelindustrie. Der Markt erwartet laut CME FedWatch Tool mit 80% Wahrscheinlichkeit keine Zinserhöhung im September und sieht eine 50:50 Wahrscheinlichkeit, dass ein letzter Schritt im November erfolgt.
Europas Börsen starten freundlich in die Woche, alle Sektoren weisen nach den ersten beiden Handelsstunde Gewinne aus, es fließt also frisches Geld in den Markt. Christine Lagarde hatte sich in Jackson Hole energisch für die weitere Inflationsbekämpfung ausgesprochen. Die Preise verharren in der Eurozone hartnäckiger als in den USA im nicht-tolerablen Bereich. Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinsanhebung am 14. September liegt bei 50%, entscheidend werden wohl die August-Verbraucherpreise, die am Donnerstag kommuniziert werden. Für die Kerninflation werden +5,3% im Vorjahresvergleich erwartet nach 5,5% im Juli. Das große Problem der EZB: die Eurozone steht - im Gegensatz zu den USA - am Rand einer Rezession.
Im APX verlieren Anleihen zwei Punkte, die gesunkene US-Vola bringt +1.