Die gestrige Abwärtsrevision des US-Wirtschaftswachstums in Q2 von 2,4 auf 2,1% steigerte die Hoffnung der Anleger auf eine Zinspause. In Konsequenz davon rutschten die Renditen der US-Staatanleihen weiter ab, was den US-Börsen (ETR:SXR4) erneut Auftrieb verlieh. Aktuell rechnet nur noch die Hälfte der Marktteilnehmer mit einem weiteren Zinsschritt der FED im laufenden Zyklus. Gegen den Trend schwächer tendierten Regionalbanken im Sog neuer Warnungen vor Schieflagen und Vorschlägen zur stärkeren Überwachung. So beruhigend, wie die Entspannung an der ZInsfront auch sein mag – es darf nicht ignoriert werden, dass die Auslöser schwächere Konjunkturdaten sind. Das könnte sich in den Bilanzen der Unternehmen niederschlagen und u.a. auch die Investitionsbudgets negativ beeinflussen. Ohne Gewinnfantasie wird es der S&P jedoch schwer haben, von seinem derzeitigen Niveau aus deutlich weiter zu klettern. Vor diesem Hintergrund ist der Citigroup (NYSE:C) Economic Surprise Index beachtenswert: der Stand liegt aktuell laut Bloomberg bei 43, was bedeutet, dass die jüngsten Unternehmensreports mehrheitlich unter den Erwartungen lagen. Die Gesamtlage unterstreicht, wie kompliziert die Situation ist: eine zu gute Wirtschaft heizt Zinsängste an, eine zu schwache Rezessionsängste. Derzeit liegt in den USA ein Idealszenario vor. Das Gleichgewicht ist jedoch labil und erinnert ein wenig an ein Pendel. Wichtig wird heute Nachmittag der Report über die Einkommen und Ausgaben sowie die jüngste Arbeitslosenstatistik. Extrem relevant wird der für die FED maßgebliche Core PCE-Index. Die Prognosen: +0,2% zum Juni / +4,2% zum Juli 2022. Um 15:45 kommt dann noch der Chicago-Einkaufsmagerindex (e 44,1).
In der Eurozone kommt die Inflation nicht in befriedigendem Tempo zurück. Deutschland und Spanien meldeten gestern enttäuschend Werte, was die Renditen lm Euroraum leicht klettern und die Aktienmärkte stagnieren ließ. Die entgegengesetzte Nachrichtenlage ließ den USD gegen Euro deutlich zurück fallen. Sehr relevant der soeben veröffentlichte Report über die Entwicklung der Eurozonen-Verbraucherpreise. Im Jahresvergleich stieg der Core-CPI exakt wie prognostiziert um 5,3% nach 5,5%, im Monatsvergleich um 0,3% nach -0,1%. Da ein Überschießen verhindert wurde, ist eine EZB-Zinserhöhung am 14. September damit etwas weniger wahrscheinlich geworden. Indizien: der Bankensektor und der Euro geben nach den Zahlen deutlich nach. Die Versorger (NYSE:XLU) führen derzeit die Aufwärtsbewegung an nach ihrem gestrigen Orsted-bedingten Kurseinbruch. Am andere Ende belasten die Spirituosenherstelle Pernod und Remy den Sektor „Nahrung & Getränke“. Pernod Ricard (EPA:PERP) hatte wegen USD-Währungsverlusten Q2 schlechter als erwartet abgeschlossen und bildet mit -4,2% das Schlusslicht im ESX 50.
Die chinesischen Aktienindizes gaben heute früh um ca. 0,5% nach. Laut der nationalen Statistikbehörde verharrte die Aktivität im verarbeitenden Gewerbe auch im August im kontraktiven Bereich. Freilich verbesserte sich der Wert von 49,3 auf 49,7. Die Expansion im Servicesektors verlangsamte sich hingegen weiter von 51,5 auf 50,5. Ein Lichtblick ist die leichte Erholung im Bausektor, auch die neuen Fabrikaufträge sind wieder knapp expansiv. Schwach hingegen ist weiterhin die Lage bezüglich neuer Exportaufträge für die Industrie. Erfreulich performten Japans Börsen mit ca. +0,9%. Die Einzelhandelsumsätze sind im Juli um 6,8% im Vorjahrsvergleich gestiegen, deutlich stärker als mit 5,4% erwartet. Weiterhin profitiert das Land der aufgehenden Sonne von den derzeit besten ökonomischen Rahmenbedingungen unter den großen Industrienationen.
Veränderungen im APX: ital. und span. Staatsbonds +3, Nikkei +2, DAX +4, Gold -2, Shanghai Composite -2. Unter dem Radar zeigen sich die Volas zunehmend tiefenentspannt.