Trumps Zölle führen zu Preisaufschlägen im Mittleren Westen und könnten Stahl und Aluminium aus Kanada auf den europäischen Markt umleiten. In Asien indes ist nicht China der größte Verlierer der neuesten tarifären Maßnahmen aus dem Weißen Haus.
Wie wirken sich die Zölle von 25 % auf Stahl und Aluminium auf Handelsströme und Lieferketten aus? Welche Länder sind am stärksten betroffen? Welche Erfahrungen aus der Vergangenheit können zur Bewertung der Lage herangezogen werden?
Aluminium-Prämie im Mittleren Westen steigt deutlich
Aluminium: Die USA importieren etwa die Hälfte ihres Aluminiumbedarfs aus dem Ausland, wobei Kanada mit 58 % der Importe der größte Lieferant ist, gefolgt von den VAE mit 6 %. Die USA sind außerdem bei etwa 90 % ihrer Aluminiumschrottimporte auf Mexiko und Kanada angewiesen.
Stahl: Mittlerweile kamen rund 23 % der Stahlimporte in die USA aus Kanada, gefolgt von Brasilien mit 16 %, Mexiko mit 12 % und Südkorea mit 10 %.
Die Automobil- und Fertigungsindustrie in den USA ist stark abhängig von Aluminium- und Stahlimporten und dürfte infolge der Zölle mit höheren Kosten und Störungen der Lieferketten konfrontiert werden, meint Ewa Manthey von ING (AS:INGA).
Neu sind die Zölle nicht, wie in Blick zurück auf Trumps erste Amtszeit zeigt. Im Januar 2018 verhängte Trump einen Zoll von 10 % auf importiertes Aluminium und 25 % auf Stahl aus den meisten Ländern außer Australien. Im Juni wurden die Abgaben dann auf die EU, Kanada und Mexiko ausgeweitet.
Zölle von 2018 führten nicht zu mehr Produktionskapazität
Haben die Zölle zu einer Steigerung der heimischen Produktion geführt, wie von Trump beabsichtigt? Tatsächlich lässt sich für die Zeit nach der Einführung der Zölle eine deutliche Steigerung der Aluminiumproduktion erkennen (nicht jedoch der Produktionskapazitäten). Im April 2019 wurden die Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus Kanada und Mexiko wieder abgeschafft.
Im Jahr 2024 war die Produktion der US-Stahlindustrie jedoch 1 % niedriger als 2017 vor der erstmaligen Erhebung von Zöllen, während die Aluminiumindustrie fast 10 % weniger produzierte. Für den Produktionsrückgang bei Aluminium waren vor allem Manthey zufolge steigende Energiepreise in den USA ursächlich: Kanadas Aluminiumindustrie hingegen habe von billiger Wasserkraft zur Stromversorgung ihrer Schmelzöfen profitiert.
Die 2018 eingeführten Zölle hatten zu einem steilen Anstieg der Prämien im Mittleren Westen der USA geführt. Dies lässt sich auch diesmal wieder beobachten. Die US-Midwest-Prämie, der beste Indikator für das Zollrisiko, ist seit Trumps Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen bereits um mehr als 30 % gestiegen.
Leitet Kanada Exporte nach Europa um?
Die Preise in Europa könnten dagegen sinken, wenn kanadische Produktion umgeleitet wird. Die EU erhebt keine Einfuhrzölle auf kanadisches Aluminium. Die Zölle dürften zudem die Hersteller diesseits des Atlantiks treffen, die Stahl im Wert von etwa 3 Mrd. EUR und Aluminium im Wert von etwa 2 Mrd. EUR exportieren und damit etwa 1 % der gesamten Warenexporte in die USA ausmachen.
Insgesamt dürften die Effekte der Stahl- und Aluminiumzölle auf Europas Gesamtwirtschaft begrenzt sein, weil die Produktion im globalen Vergleich gering ist. 2023 war Deutschland mit einer Rohstahlproduktion von 35,4 Mio. Tonnen der größte EU-Produzent. Zum Vergleich: Spitzenreiter China produzierte 1,02 Mrd. Tonnen.
Zu den größten Verlierern in Asien gehört nicht China, sondern Vietnam
Wie gestaltet sich die Situation für asiatische Hersteller? Für Einfuhren aus China hatte Trump einen zusätzlichen Zoll von 10 % eingeführt. Die Exporte von Aluminium und Stahl aus der Volksrepublik in die USA halten sich jedoch in Grenzen: 4 % der US-Aluminiumimporte entfallen auf das Reich der Mitte.
Anders sieht es für Vietnam aus, das wertmäßig mehr Stahl in die Vereinigten Staaten exportiert als China. Vietnam kauft laut ING Analystin Deepali Bhargava teilverarbeiteten Stahl in China, übernimmt die Weiterverarbeitung und exportiert anschließend den fertigen Stahl. Die Stahl- und Aluminiumexporte Vietnams in die USA beliefen sich 2024 auf 0,3 % des BIP.
Etwas unklar ist die Situation noch für Südkorea: Das Land exportierte zuletzt Stahl und Alu im Wert von mehr als 0,20 % des eigenen BIP in die USA. 2018 gewährte Trump Korea eine zollfreie Exportquote. Die jüngsten koreanischen Exporte in die USA lagen unter dieser Quote. Sollte die Quote aufgehoben werden, dürfte die Wirkung der Zölle auf Korea spürbar sein.
Indien – 2023 der zweitgrößte Stahlproduzent nach China – bedient mit der eigenen Produktion vor allem die inländische Nachfrage und dürfte von den Zöllen deshalb nur wenig getroffen werden.